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Jahr der Frauen in der Musikbranche?

In der Musikszene sind sie nicht mehr ganz unbekannt, in der breiten Masse schon. Doch das könnte sich rasch ändern. Dem kalifornischen Schwesterntrio Haim wird von der BBC-Prognose Sound of 2013 der große Durchbruch vorhergesagt. Geht es nach den befragten Experten, sollen überhaupt Frauen in der Popmusik heuer den Ton angeben.

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213 Journalisten, Radio-DJs und Blogger befragte die BBC für ihre Prognose. Sie mussten ihre Top Drei nennen, allerdings nur Musiker, die noch keine höheren Chartplatzierungen erreicht haben. Zunächst wurde eine Liste der aussichtsreichsten 15 Künstler veröffentlicht, diese Woche wurden daraus die Top Five präsentiert. Die Sieger gab die BBC am Freitag bekannt.

Band mit den Eltern

Es ist eine bunte Mischung, der den Sound von Haim ausmacht. Ihre Mischung aus 70er-Jahre-Rock und 80er-Pop brachte ihnen bereits Vergleiche mit Fleetwood Mac ein - wären da nicht noch Elemente von zeitgenössischen Folk- und R&B-Rhythmen.

Obwohl die Schwestern Este, Danielle, und Alana erst zwischen 21 und 26 Jahren alt sind, haben sie bereits reichlich Bühnenerfahrung: Gemeinsam mit ihren Eltern tourten sie als Coverband mit dem Namen Rockinhaim jahrelang durch die USA. Auch wenn sie das Kelly-Family-Feeling mittlerweile abgelegt haben, holen sie auch heute noch ab und zu Vater und Mutter auf die Bühne.

US-Schwesterntrio HAIM, Danielle, Alana und Este Haim

bighassle.com

Haim stammen aus Los Angeles

Mit der EP „Forever“ machten sie im vergangenen Jahr auf sich aufmerksam, ihre aktuelle Single „Don’t Save Me“ wurde im Dezember veröffentlicht. Ein Album soll demnächst folgen. Beste Kontakte haben sie bereits in die Musikszene: Sie traten etwa als Vorband von Mumford & Sons und zuletzt Florence and the Machine auf. Danielle tourte zuvor schon unter anderen mit Julian Casablancas von den Strokes. Über die BBC-Ergebnisse zeigten sie sich überrascht: „Es ist das Verrückteste, dass wir mit so vielen großartigen Künstlern auf einer Liste sind“, sagte Este.

Knapp geschlagen

Auf Platz zwei landete das Londoner Duo AlunaGeorge, das mit lieblichem R&B-Pop punkten konnte. Auf Rang drei liegt die aus Detroit stammende Rapperin Angel Haze. Eine kräftige Soulstimme verschaffte Laura Mvula aus Birmingham Rang vier, die schottische Elektropopband CHVRCHES wurden mit sehr deutlichem Hitpotenzial fünfte. Zum ersten Mal waren somit diesmal alle fünf Erstplatzierten Frauen.

In der Longlist vertreten waren noch die Londoner Sängerinnen Arlissa und A*M*E alias Amy Kabba, der erst 18-jährige Brite King Krule, die irischen Bands Kodaline und Little Green Cars, Peace aus Birmingham, die aus vier Frauen bestehende Londoner Post-Punk-Band Savages, die Kanadier The Weeknd, der schon mit einem hochkarätigen Plattenvertrag ausgestattete Tom Odell sowie die Band Palma Violets, deren Single Best of Friends vom britischen Musikmagazin NME schon zum Track des Jahres 2012 gewählt.

Nicht nur die BBC, auch der „Guardian“ machte sich auf Talentesuche: Neben AlunaGeorge und Laura Mvula verweist die britische Zeitung auf den Rapper Scrufizzer, die Sängerin Charli XCX und die Band Night Engine.

Vorjahressieger nicht ganz erfolgreich

In den vergangen zwei Jahren lagen die BBC-Experten allerdings ein bisschen daneben: Der als Superstar 2012 vorhergesagte britische Soulmusiker Michael Kiwanuka blieb unter den Erwartungen, seine Platte „Home Again“ erreichte Platz vier der britischen Albumcharts, die gleichnamige Single kam aber über Rang 29 nicht hinaus. Dafür schaffte allerdings der auf Platz zwei gereihte US-R&B-Sänger Frank Ocean den gefeierten Durchbruch, und der auf vier gereihte US-Produzent und DJ Skrillex ist auch in aller Munde.

Im Jahr zuvor hatte die BBC-Umfrage der Sängerin Jessie J als britische Antwort auf Lady Gaga den großen Durchbruch vorhergesagt. Auch wenn sie an die Erfolge der New Yorkerin nicht ganz anschließen konnte: Ihr Album „Who you are“ erreichte immerhin Platz zwei in den britischen Albumcharts, danach trat sie vor allem als Coach in der britischen Castingshow „The Voice UK“ in Erscheinung.

Von 50 Cent bis Lady Gaga

Als die BBC 2003 erstmals Musikexperten um eine Einschätzung bat, kürten sie den damals noch kaum bekannten US-Rapper 50 Cent zum kommenden Star. Sie sollten recht behalten - wie sehr oft in den darauf folgenden Jahren. Überhaupt schafften fast alle der zehn genannten Musiker und Bands aus diesem Jahr - von Interpol über die Yeah Yeah Yeahs bis hin zu Sean Paul - den Durchbruch. 2004 lag die britische Band Keane an der Spitze, die Gruppen Franz Ferdinand, Scissor Sisters und Razorlight blieben auf den Plätzen, sollten aber tatsächlich viel erfolgreicher werden als Keane. 2005 fanden sich The Bravery, Bloc Party und Kaiser Chiefs auf der BBC-Liste.

2006 konnte Siegerin Corinne Bailey Rae nur in Großbritannien die Erwartungen erfüllen. Ähnlich ging es Ellie Goulding 2010. 2007 reihte die BBC Mika auf Platz eins, gefolgt von den Klaxons und Enter Shikari. Während von der Siegerin 2009, Little Boots, kaum etwas zu hören war, sollte eine andere Frau auf der Liste schon bald das Popuniversum beherrschen: Lady Gaga. Und die britische Sängerin Adele, die 2008 topgereiht war, war ebenfalls ein Volltreffer: Ihr Album „21“ war 2012 zum zweiten Mal in Folge die meistverkaufte Platte in den USA. Das war Michael Jackson mit „Thriller“ geglückt. Die BBC-Prognose schob mit zunehmender Beachtung die gehypten Künstler freilich auch selbst ins Rampenlicht.

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