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Schreckensregime im Norden

Die Islamisten, die seit Monaten den Norden Malis beherrschen, begehen laut UNO systematische Menschenrechtsverletzungen. Insbesondere Frauen seien oftmals Opfer der „grausamen Strafen“, die im Namen der Scharia praktiziert werden. Zudem würden die Gruppen Familien Kinder abkaufen, um sie als Soldaten einzusetzen.

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Seit islamistische Gruppen an die Macht gelangt sind, finde die Rechtsprechung im Namen der Scharia zunehmend Verbreitung, teilte der stellvertretende UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Ivan Simonovic, Anfang Oktober in Genf mit. Er hatte zuvor die Region vier Tage lang bereist.

Kind für einige hundert Dollar

Rund 600 Dollar würden die Islamisten den Eltern für Kindersoldaten zahlen, berichtete die BBC. Die Nachrichtenagentur AP hatte schon zuvor berichtet, die Extremisten würden den Familien sogar monatlich 400 Dollar zukommen lassen, wenn ihre Kinder als Kämpfer, Träger, Boten, Wachen eingesetzt werden.

Ein Kindersoldat in Mali wird auf einem Pickup-Truck an einem  Maschinengewehr eingeschult

AP/Baba Ahmed

Ein Jugendlicher wird an schweren Waffen eingeschult

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) berichtete wiederum bereits im Juli, die Islamisten würden 1.000 bis 1.200 Dollar pro Kind zahlen. Die Eltern hätten gar keine andere Wahl, meint El Boukhari Ben Essayouti, Generalsekretär der Menschrechtrechtsvereinigung Malis.

Schon 1.000 Kinder gekauft

Armut und Verzweiflung würden die Kinder in die Arme der Islamisten treiben. Zudem gebe es gerade in Westafrika die Tradition, dass arme Familien am Land ihre Kinder für eine islamische Erziehung in die Städte schicken, weil sie für andere Schulen kein Geld haben. Rund 1.000 Kinder seien bisher schon rekrutiert worden, wird geschätzt.

Zwei vermummte, malische Kindersoldaten mit Koran

AP/Baba Ahmed

Jugendliche Kämpfer beim Koranstudium

Da zahlreiche Lehrer flohen, sind die Schulen oftmals geschlossen. „Die extreme Armut, die Arbeitslosigkeit und die mangelnde Ausbildung bringen die Jugendlichen dazu, sich den Extremisten anzuschließen“, sagte auch Simonovic.

Situation für Frauen dramatisch

Auch für Frauen sei die Situation dramatisch: Immer häufiger gebe es Zwangsheiraten. Ein Interviewpartner sagte dem UNO-Delegierten, dass Frauen oftmals „für weniger als 1.000 Dollar verkauft werden“, um anschließend verheiratet zu werden. Die Rechte der Frauen auf Arbeit und Bildung seien zudem stark eingeschränkt. Ohne Verschleierung auf die Straße zu gehen sei mittlerweile viel zu gefährlich.

Auch hätten Frauen kaum Zugang zu den Sozialdiensten. Offenbar besäßen die islamistischen Gruppen Listen mit Namen von Frauen, die uneheliche Kinder haben. „Das ist besonders tragisch“, sagte Simonovic.

Ganzer Norden in der Hand der Extremisten

„Hinrichtungen, Amputationen und Steinigungen werden systematisch angewandt“, schreibt Simonovic in einem Communique. In den letzten Monaten habe es mindestens drei Hinrichtungen, acht Amputationen und zwei Auspeitschungen gegeben.

Der Norden Malis steht nach einem Militärputsch und dem Sturz der Regierung in Bamako inzwischen unter vollständiger Kontrolle der islamistischen Gruppen Ansar Dine, die mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida im Maghreb (AQMI ) verbündet ist, und der Bewegung für die Einheit und den Dschihad in Westafrika (MUJAO). Diese kontrollieren damit zwei Drittel des gesamten Landes.

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