Obama handelt nach neuen „Prioritäten“
US-Präsident Barack Obama hat mit der neuen Verteidigungsstrategie ein neues Kapitel aufgeschlagen. Das entsprechende Dokument wurde bei einer Pressekonferenz Anfang des Jahres präsentiert. Priorität habe dabei der „asiatisch-pazifische Raum“, so Obama. In anderen Worten: China.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
„Die USA werden eine größere und langfristige Rolle bei der Gestaltung der asiatischen Region und ihrer Zukunft spielen“, hieß es aus dem von Obama vorgelegten Dokument mit dem Titel „Sustaining U. S. Global Leadership / Priorities for 21st Century Defense“ (Die US-Vorherrschaft weltweit erhalten / Prioritäten für Verteidigung im 21. Jahrhundert). Die Aussage war umso bemerkenswerter, als das Budget sonst im Zeichen rigider Einsparungen steht.
China: Gefahr als wachsende Militärmacht
Als Reaktion auf das stetige militärische Erstarken Chinas sollten vor allem die Seestreitkräfte im pazifischen Raum gestärkt werden. Es sollte aber auch für Cyber-„Kriegsführung“ gerüstet werden. China erwähnte Obama explizit nicht. Doch Experten haben keinen Zweifel, dass es darum gehe, den Einfluss Pekings zu reduzieren. Besonders in Burma, wohin Obama im November erstmals zu Gesprächen gereist war und damit für Gesprächsstoff sorgte.
„Ein Land, das praktisch in Chinas Tasche steckte und jetzt enge Verbindungen zu den USA sucht, ist Gold wert in dieser US-Strategie“, schrieb das „Wall Street Journal“. Obama hatte bei seiner Visite besonders die demokratische Öffnung des Staates nach dem Ende der Militärdiktatur Anfang 2011 gelobt.
Peking reagiert mit scharfer Kritik
Die Reaktion aus Peking auf die Verteidigungsdoktrin war scharf ausgefallen: Sollte Washington den Schwerpunkt ausbauen, wäre es nicht im Interesse der Länder in der Region. Das sagte Liu Weimin, Sprecher des chinesischen Außenministeriums im Jänner. In China nahm die Befürchtung zu, von Washington militärisch umzingelt zu werden.
Obama hatte allerdings bei der Präsentation des Dokuments bereits betont, dass man im Rahmen der neuen Sicherheitsstrategie die Absichten Pekings im Auge behalten wollte. Das Ziel wäre nicht, China zu isolieren. Man wollte weiterhin diplomatische Beziehungen zu China pflegen. Mit dem US-Schwerpunkt im asiatisch-pazifischen Raum sei ein „diplomatischer Wettbewerb“ um Freunde in der Region entstanden - insbesondere zum Nachteil Chinas, sagte kürzlich der Pekinger Experte für internationale Beziehungen, Shi Yinhong.
USA startete Manöver mit Südkorea
Im August hatten die USA allerdings gemeinsam mit Südkorea ein Manöver gestartet, bei dem 80.000 Soldaten den Ernstfall zur Verteidigung gegen Nordkorea vorbereiten sollten. Trotz Argumentation der USA, dass es sich um ein defensives Manöver handle, reagierte das Regime in Pjöngjang mit Kritik. Im Falle eines feindlichen Angriffs werde Nordkorea einen „Heiligen Krieg für die nationale Wiedervereinigung“ führen, drohte Machthaber Kim Jong Un.
Berichten zufolge hatten die USA und Japan eine Militärübung geplant, um unter anderem die Zurückeroberung einer Insel zu üben. Aufgrund der angespannten Verhältnisse zu China hatte Japan auf sein Vorhaben verzichtet, wie die japanische Nachrichtenagentur Jiji Press Ende Oktober meldete. Japan und China streiten seit Monaten um die strategisch günstige unbewohnte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer.
Obama will Asien ins „Gleichgewicht“ bringen
„Obwohl das US-Militär weiterhin weltweit zur Sicherheit beitragen wird, sehen wir uns gezwungen, wieder ein Gleichgewicht im Hinblick auf den asiatisch-pazifischen Raum herzustellen“, hieß es in dem Grundlagendokument. Bei den militärischen Operationen in dieser „bedeutenden Region“ würde nicht gespart, so Obama. Von „unmittelbarer Bedeutung“ sei außerdem der Iran. Überall sonst würde aber rigide der Rotstift angesetzt.
2013 könnte zu einem entscheidenden Jahr im Konflikt mit dem Iran wegen dessen umstrittenen Atomprogramms werden. „Das Thema wird sehr weit oben auf der Tagesordnung stehen“, sagte Martin Indyk, der Außenpolitik-Experte der Denkschmiede Brookings. Obama hatte erklärt, die USA würden „tun, was wir tun müssen“, um eine atomare Bewaffnung des Iran zu verhindern.
Abgehen von ehernen Dogmen
Weiters heißt es zur Verteidigungsstrategie: Im Unterschied zu der bisherigen Vorgabe, im Notfall auch zwei „regional beschränkte“ Kriege gleichzeitig führen zu können, heißt es nun, die USA würden künftig einen Krieg siegreich führen können und „in einem zweiten Konflikt einen Gegner vom Erreichen seiner Ziele abhalten können“.
Die USA behielten aber ihre militärische Überlegenheit mit Streitkräften bei, die „beweglich, flexibel und bereit sind für die volle Bandbreite von Notlagen und Bedrohungen“, so Obama. Auch werde man weiterhin in eingegangene Bündnisse und Allianzen investieren, darunter auch die NATO.
Truppenpräsenz in Afghanistan unklar
Im Rahmen der Verteidigungsstrategie wurde auch der Plan geäußert, 2014 die US-Truppen aus Afghanistan abzuziehen. Die Ausdünnung solle schon 2013 beginnen. Medienberichten zufolge sollten 10.000 US-Soldaten im Land bleiben. Nach Angaben des Pentagon haben die USA allerdings noch keinen Beschluss gefasst, wie viele Soldaten nach 2014 in Afghanistan bleiben sollten.
„Es ist völlig verfrüht, über Truppenzahlen zwischen jetzt und Ende 2014 und darüber hinaus zu spekulieren“, sagte Pentagon-Sprecher George Little am Montag. Beratungen zur Truppenpräsenz würden „bald“ beginnen, hieß es Ende November. Unklar ist auch, ob sich die geplante, großangelegte Kürzung des US-Militärbudgets um 500 Milliarden Dollar (umgerechnet 378 Mrd. Euro) auf den Abzugszeitplan auswirken werden.
Links: