Klare Richtlinien gefordert
Nach dem Auffliegen des Salzburger Finanzskandals und ähnlichen Fällen in Linz, St. Pölten und anderen Gemeinden wollte OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny am Freitag auf Journalistenfragen nicht ausschließen, dass es noch weitere Problemfälle gibt. Genaue Zahlen könne man noch nicht liefern, die Notenbank sei gemeinsam mit dem Rechnungshof unterwegs, um die tatsächlichen Zahlen festzustellen.
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Als Konsequenz aus dem Salzburger Skandal forderte Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer (ÖVP) unterdessen ein Verbot von Spekulationsgeschäften für alle Gebietskörperschaften. Verhindern könne man so etwas nur, wenn solche Spekulationsgeschäfte verboten sind, sagte Mödlhammer am Freitag im Gespräch mit der APA. Er verlangte deshalb klare Richtlinien, die gesetzlich normiert sind, damit das Risiko weitestgehend ausgeschlossen ist.
Es geht um 340 Millionen Euro
Den konkreten Fall der Salzburger Landesbeamtin, die bis zu 340 Mio. Euro verspekuliert haben soll, wollten weder Nowotny noch Mödlhammer beurteilen. Er kenne den Fall nicht, so Mödlhammer. Die Beamtin selbst habe er aber als kompetente Person kennengelernt, die einen seriösen Eindruck erweckt und nach außen sehr korrekt gewirkt habe, sagte Mödlhammer.
Bisherige Richtlinien unverbindlich
Mödlhammer verwies darauf, dass der Gemeindebund 2009 in einer gemeinsam mit Finanzexperten erarbeiteten Richtlinie zu Finanzgeschäften den Gemeinden - allerdings unverbindlich - einen Verzicht auf Spekulationsgeschäfte empfohlen habe. Während davor Gemeinden mehrfach Spekulationsgeschäfte abgeschlossen hatten, sei ihm seither kein Fall bekannt, wo diese Richtlinie von einer Gemeinde missachtet worden wäre. Anders sei das etwa bei Städten, verwies er auf das Beispiel Linz.
Deshalb tritt der Gemeindebund-Präsident jetzt dafür ein, Spekulationsgeschäfte gesetzlich zu verbieten. Das sollte seiner Auffassung nach nicht nur für Gemeinden, sondern auch für Städte, Länder und Bund gelten. Es müsse für die öffentliche Hand klare Richtlinien in gesetzlicher Hinsicht geben, dass so etwas nicht mehr möglich ist. „Man muss endlich Konsequenzen ziehen. Die Leute verstehen es nicht, wieso so etwas möglich ist, wenn das Risiko nicht abschätzbar ist.“
„Trend“ vor der Finanzkrise
Mödlhammer gestand aber zu, dass es in Zeiten, in denen mit Finanzgeschäften viel zu verdienen war, auch für die Gebietskörperschaften einen Druck zu günstigen Finanzierungen gegeben habe. Damals habe es einen „Trend“ zu solchen Geschäften gegeben - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Auch Nowotny geht davon aus, dass die Fälle „ein Reflex aus der Zeit vor der Lehman-Krise“ sind und immer von der Überlegung getrieben waren, Zinsen zu ersparen und somit einen positiven Beitrag zum Haushalt zu liefern. „Teilweise ist man von falschen Annahmen ausgegangen“, so Nowotny. Das jetzige Niedrigzinsniveau sieht er als Chance für die betroffenen Gemeinden, Länder und Städte, die Finanzstrukturen wieder zu verbessern.
Es fehlte an Profis
Inzwischen hätten erfreulicherweise Reformen eingesetzt, so Nowotny weiter. So habe man etwa gemeinsam mit dem Rechnungshof in der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) ganz neue Kriterien aufgestellt, bei den Ländern und Gemeinden sei man „unterwegs“. Die Finanzwirtschaft von Ländern und Gemeinden müsse man wie jene von Großbetrieben sehen: Es bedürfe dazu eines professionellen und hoch qualifizierten Managements. „Das war in manchen Fällen nicht der Fall und wohl auch eine Frage der Bezahlung“, meinte Nowotny.
„Ich glaube, dass hier Reformen unterwegs sind“, so der Notenbanker. Die Nationalbank sei aber erst gemeinsam mit dem Rechnungshof dabei, um die tatsächlichen Haftungsverpflichtungen der Gemeinden festzustellen. „Wir haben noch immer keine einheitliche Form, das aufzunehmen.“ Das Bewusstsein dazu sei schon da, es brauche aber Zeit.
Rechnungshof: Von Salzburg „angelogen“
Rechnungshof-Präsident Josef Moser wies im Ö1-Interview Freitagmittag den Vorwurf zurück, seine Behörde habe bei der Prüfung der Salzburger Finanzen versagt. Indirekt warf er dem Land vor, den Rechnungshof getäuscht zu haben, und forderte strafrechtliche Konsequenzen, wenn der Rechnungshof belogen wird - mehr dazu in oe1.ORF.at
„Die öffentlichen Einrichtungen müssen bei Veranlagungen vorsichtiger werden“, sagte Finanzsstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) am Freitag in einer ersten Reaktion auf den Finanzskandal in Salzburg. Im Bund seien schon 2010 – „noch unter (ÖVP-Finanz-, Anm.) Minister Josef Pröll“ – Veranlagungsbedingungen für öffentliche Gelder festgelegt worden, so Schieder.
Schieder ortet „Systemfehler“
Die ÖBFA habe damals die Transparenz und Veranlagungen betreffenden Richtlinien wesentlich strenger gemacht, so der Staatssekretär. „Hier wurden diese Maßnahme schon vor Jahren gesetzt.“ Ob in Salzburg die Maßnahmen verbesserbar seien oder nur „kriminelle Energie“ vorliege, müsse man sich „anschauen“, sagte Schieder. „Aber offenbar muss man etwas verbessern, es kann ja nicht sein, dass jemand über Jahre so viel Geld vertut.“
Ganz allgemein ortete Schieder „Systemfehler wie in der Lehman-Krise, die erst jetzt ans Tageslicht treten“. Es habe offenbar auch im öffentlichen Bereich Finanzveranlagungen gegeben, „die sich heute als riskant herausstellen“. Solche Dinge würden aber eben erst später ans Tageslicht treten, „vor allem wenn sie mit krimineller Energie versteckt worden sind“.
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