Alltag ohne konventionelle Regeln
„Kein Mensch soll auf der Straße oder im Obdachlosenheim leben müssen“ - so hat das ambitionierte Ziel der dänischen Regierung gelautet, als sie vor sieben Jahren mit dem Containerwohnkonzept „Skaeve Huse“ eine Strategie zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit präsentiert hat.
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Gedacht sind die „außergewöhnlichen Häuser für außergewöhnliche Menschen“ - also für ehemalige Häftlinge, Obdachlose und Personen mit psychischen Problemen. Seit 2006 hat das Programm in Dänemark großen Erfolg. Anstatt in eine Betreuungseinrichtung zu ziehen, können Menschen mit Verhaltensproblemen in den für sie umgebauten Wohneinheiten eigenständig und in Ruhe ihren Alltag führen. Die Umgebung ohne konventionelle Regeln soll sich therapeutisch auf die Bewohner auswirken, heißt es in Medienberichten.
Zielorientierte Betreuung
Die „Skaeve Huse“ (dänisch für „schräge Häuser“) bestehen aus sechs aneinander liegenden Containern, die im Inneren wie herkömmliche Wohnungen ausgestattet sind. Wohnen und Betreuung soll zielorientiert und abgestimmt auf die besonderen Bedürfnisse der Bewohner sein, heißt es im Forschungsbericht des Magazins „European Journal of Homelessness“ zum Projekt. In der Nähe der Wohnungen befindet sich außerdem eine Einheit für Betreuer, die täglich mehrere Stunden besetzt ist und den Bewohnern als Anlaufstelle dient.
Die Kombination aus Wohnen und Betreuung soll zielorientiert und auf die besonderen Bedürfnisse der Teilnehmer abgestimmt sein, heißt es in dem Bericht weiter. Der niederländischen Tageszeitung „de Volkskrant“ zufolge profitieren beide Seiten: Ehemalige Nachbarn oder Vermieter sind zufrieden, weil die Konfliktpartner anderweitig einquartiert sind. Diese sind ihrerseits nicht mehr dem Druck ausgesetzt, sich an das Umfeld und die gesellschaftlichen Konventioneon anpassen zu müssen.
Umsetzung in den Niederlanden schwierig
In Dänemark gibt es inzwischen einige hundert solcher Wohnungen – Tendenz steigend. Seit sieben Jahren nutzen auch in den Niederlanden Städte wie Amsterdam, Tilburg und Utrecht den dänischen Entwurf der „Skaeve Huse“. Allerdings verläuft die Einführung des Konzepts nicht so reibungslos wie bei den Dänen. Problematisch gestaltet sich offenbar die Suche nach geeigneten Standorten für die Häuser. Potenzielle Anrainer wehren sich häufig gegen die ungewöhnlichen Nachbarn.
Nicht zu verwechseln sind die schrägen Wohncontainer, die als Dauerlösung für die Bewohner gedacht sind, mit dem Projektvorschlag des Amsterdamer Bürgermeisters Eberhard van der Laan. Letzteres ist als Übergangslösung gedacht und soll vordergründig Mobbing bekämpfen.
Dass das Konzept in Dänemark – einem Land, das mit seinem gut ausgebauten Sozialsystem glänzt – entwickelt wurde, hat viele Kritiker verstummen lassen. Diese hatten befürchtet, dass psychisch kranke Personen dadurch an den Rand der Stadt – und gleichzeitig der Gesellschaft – gedrängt werden. Entscheidend war außerdem, dass auch die Betroffenen der Idee von Anfang an offen gegenüberstanden. Als Finanzierung wurden in Dänemark alleine in den vergangenen vier Jahren 67 Millionen Euro bereitgestellt, um die Betreuung für die Bewohner zu gewährleisten.
Container boomen als Wohnkonzepte
Laut Forschungsbericht ist der Grundgedanke des „Skaeve Huse“, für obdachlose und sozial benachteiligte Menschen zu sorgen. Das sei für die dänische Regierung ein Eckstein im Sozialsystem eines Europäischen Staates.
Während die Dänen Wegbereiter für die alternative Nutzung von Containern als Wohnraum sind, ziehen auch andere Länder nach. Weltweit widmen sich Unternehmen dem Ansatz, Häuser aus Transportbehältern herzustellen. Nicht immer ist es als Sozialprojekt angelegt, einige Firmen legen den Fokus vielmehr auf Design. So oder so können ausgediente Frachtcontainer recycelt und preiswert zu einem neuen, schlichten Heim umfunktioniert werden. So haben jüngst auch zwei Grazer Architekten die Idee aufgegriffen und das Wohnhauskonzept „Contain-Me“ erarbeitet.
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