Todesursache nicht geklärt
Acht Jahre nach seinem Tod ist der ehemalige Palästinenserpräsident Jassir Arafat am Dienstag exhumiert worden. Damit soll geklärt werden, ob der 75-Jährige einem Giftmord zum Opfer fiel. Nach der Öffnung des Grabes in Ramallah im Westjordanland entnahmen Experten aus Frankreich, der Schweiz und Russland Proben der sterblichen Überreste.
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Bereits kurz nach der Exhumierung in den frühen Morgenstunden wurde der Leichnam Arafats wieder beigesetzt. Andere unbestätigte Gerüchte besagen, der Leichnam wurde nicht aus der Gruft in vier Meter Tiefe unter dem Mausoleum herausgeholt. Stattdessen stiegen die Experten in den kleinen, etwa 1,5 Meter hohen Raum.
Der Palästinenserführer war am 11. November 2004 in einem Militärkrankenhaus bei Paris im Alter von 75 Jahren gestorben. Die Todesursache konnte damals nicht zweifelsfrei geklärt werden. Seither hält sich bei vielen Palästinensern der Verdacht, Israel habe ihn vergiftet, was Israel zurückweist.
Poloniumspuren in Unterwäsche
Dieser Verdacht verstärkte sich noch, als Schweizer Experten vom Institut de radiophysique der Universitätsklinik in Lausanne im Juli an der Unterwäsche Arafats, die er kurz vor seinem Tod getragen hatte, Spuren der radioaktiven Substanz Polonium-210 fanden. Polonium war 2006 verwendet worden, um den früheren russischen Spion Alexander Litwinenko in London zu ermorden.
Die französische Justiz hatte im August Ermittlungen wegen Mordverdachts eingeleitet, nachdem Arafats Witwe Suha dort Anzeige gegen unbekannt erstattet hatte. Schweizer Experten hatten eine rasche Untersuchung der Leiche gefordert, weil sonst mögliche radioaktive Spuren im Knochengewebe Arafats wegen ihres raschen Zerfalls nicht mehr nachweisbar wären. Die Analyse könne bis zu vier Monate in Anspruch nehmen, hieß es.
Schwierige Exhumierung
Die schwierigen Exhumierungsarbeiten in dem weiträumig abgesperrten Mausoleum hatten schon vor zwei Wochen begonnen. Die sterblichen Überreste Arafats lagen unter Tonnen von Beton in vier Meter Tiefe begraben. Die dicke Betondecke war dafür vorgesehen, Schutz vor unbefugtem Zugriff zu bieten.

Reuters/Mohamad Torokman
Arafats Mausoleum in Ramallah im Westjordanland
Die Arbeiter mussten sehr vorsichtig vorgehen und durften nur leichte Bohrmaschinen einsetzen, um dauerhaften Schaden an der Grabstätte zu vermeiden. Nach der Obduktion soll Arafat wieder in dem Mausoleum bestattet werden. Alles wird sich nach Angaben aus Ramallah streng abgeschirmt von der Öffentlichkeit und der Presse abspielen.
Witwe: „Sehr schmerzlicher Akt“
Die Exhumierung ist unter den Palästinensern umstritten. Suha Arafat sprach von einem „sehr schmerzlichen Akt“, der aber nötig sei, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Ein Neffe Arafats und Präsident der Jassir-Arafat-Stiftung, Nasser al-Kudwa, sprach hingegen von „Leichenschändung“. In seinen Augen ist längst klar, dass sein Onkel ermordet wurde - weitere Beweise seien nicht nötig.

AP/Laurent Rebours
Arafat ist die Ikone der Palästinenserbewegung
Ein Palästinenser habe nach Ansicht eines palästinensischen Ex-Geheimdienstchefs im Auftrag Israels Arafat ermordet. Taufik Tirawi sagte dem palästinensischen Rundfunk Anfang Juli: „Eine Person, die von Israel benutzt wurde, hat Arafat das Gift gegeben.“ Man suche jetzt nach einem palästinensischen Verräter. Tirawi steht an der Spitze eines Komitees, das die Todesumstände Arafats klären soll.
Raum für Verschwörungstheorien
Gründe, Arafat ins Jenseits zu befördern, könnten indes auch andere gehabt haben. Die Intrigen innerhalb der Palästinenser lassen viel Raum für Verschwörungstheorien. Mit seinem autoritären Führungsstil aus der Guerilla-Zeit hatte sich Arafat, der auch einmal einen Minister ohrfeigte und einen Sicherheitschef mit vorgehaltener Pistole entließ, wohl nicht nur Freunde gemacht. Zudem wucherte unter seiner Führung die Korruption, und Hilfsmillionen wurden nicht nur in Aufbauprojekte, sondern auch auf Konten in fernen Steuerparadiesen gelenkt.
Strahlenmediziner: „Absolut unmöglich“
Der französische Strahlenmediziner Roland Masse hält die Suche nach der radioaktiven Substanz aus anderen Gründen für vergeblich. Es sei „absolut unmöglich“, dass Arafat mit Polonium-210 vergiftet wurde, sagte er kürzlich. Das hätte kein Arzt damals übersehen können, ist sich der Mitarbeiter des Krankenhauses bei Paris sicher, in dem Arafat starb. Warum russische Experten an der Exhumierung teilnehmen, haben die Palästinenser nicht genau erklärt. Aus Russland stammt aber der größte Teil des weltweit produzierten Poloniums - in dem Land gibt es daher eine besondere Expertise.
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