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„Sie repräsentiert Frankreich“

Frankreichs Präsident Francois Hollande hat ein Problem am Hals - seine Krawatte. Das halbe Land macht mittlerweile beim neuen Sport des staatstragenden Krawatten-Watchings mit. Bei seiner ersten großen Pressekonferenz seit Amtsantritt am Dienstagabend war die königsblaue Krawatte des Staatschefs zum Beispiel leicht nach rechts verrutscht.

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Dem Ulk-Hobby können sich auch die angesehensten Medien des Landes nicht mehr entziehen. „Le Monde“-Journalist Thomas Wieder twitterte etwa live von der präsidentiellen Pressekonferenz, es sei zwar „uninteressant“, aber heute sei „sie rechts“; offenbar erhole sie sich vom zuletzt an den Tag gelegten Linksdrall an Hollandes Hals. Auch der halböffentlich-rechtliche Sender TF1 berichtete von Hollandes äußerst „beweglicher“ Krawatte, der „Parisien“ findet sie „reiselustig“.

„Ich bin die Krawatte von Francois“

Erfunden hat den Krawatten-Hype der 20-jährige Informatiker Bastien Uranga quasi im Alleingang. Seit dem 12. August - dem Geburtstag des Präsidenten - ist die Website Francois, ta cravate! (Francois, Deine Krawatte!) online, die genau über Hollandes Missgeschicke Buch führt - in der Ich-Perspektive: „Ich bin die Krawatte von Francois, und ich bin bei 247 öffentlichen Auftritten 144-mal schief getragen worden“, wurde die Website nach der Pressekonferenz Dienstagabend aktualisiert.

Frankreichs Präsident Francois Hollande

APA/EPA/Olivier Hoslet

Krasses Krawattenvergehen vom 19. Oktober 2012

Die Website bietet einiges für Krawattenbeobachter: Das jeweils aktuelle Krawattenmissgeschick wird nach einem Punktesystem mit null bis fünf blauen Krawatten bewertet, dazu wird der entsprechende Neigungsgrad grafisch dargestellt. Außerdem gibt es - anlässlich der jüngsten Staatsbesuche Hollandes - derzeit etwa das „Sonderdossier: Krawattenverschiebung in Afrika“. In gespielter Empörung erklärte Uranga gegenüber dem „Parisien“ die Bedeutung schlecht geknoteter Krawatten an Hollandes Hals damit, dass „sie Frankreich repräsentiert“.

Zehntausende Krawatten-Watcher täglich

Uranga lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass die Krawattensite als dadaistisch-satirischer Ausdruck der Unzufriedenheit mit Hollandes Amtsführung zu verstehen sei. Er verstehe sich als politischen Menschen, sagte er gegenüber der Zeitung. Und so wie andere „schwimmen gehen“, halte er seine Website aktuell. „Das kostet mich eine Viertelstunde pro Tag. Ich kann abschalten dabei.“ Der Zustrom zur Website schwoll zuletzt von 3.000 auf 20.000 Besucher pro Tag an.

Frankreichs Präsident Francois Hollande

APA/EPA/Ian Langsdon

Paris. Elysee-Palast. 17.00 Uhr. Die Krawatte sitzt. Schief.

Alles, nur nicht in der Mitte

Neben der Website und inzwischen unzähligen Medienberichten quillt auch der Kurznachrichtendienst Twitter von Meldungen über Hollandes Krawatte über. Er solle seine Krawatte „mit einer Sicherheitsnadel“ oder „mit einer Klammer“ feststecken oder einfach seinen Krawattenknoten „richtig binden“, heißt es da. Wieder andere empfehlen dem Staatschef, ein für allemal auf ein Mascherl umzusteigen. Fest steht: Eine Krawatte korrekt in der Mitte zu tragen fällt Hollande schwer.

Bereits kurz nach Amtsantritt des Sozialisten im Mai hatte die Krawatte für Schlagzeilen gesorgt. Beim G-8-Gipfel in den USA kam er als einziger unter den Staats- und Regierungschefs mit Krawatte. US-Präsident Barack Obama machte den Neuling darauf aufmerksam, dass er sie ruhig ablegen dürfe. Beim G-20-Gipfel - da waren seine Krawatten schon unter Beobachtung - tauchte er dafür mit einer hoffnungslos altmodischen Krawattennadel auf. Uranga hat jedoch schon neue Ziele: Seit kurzem gibt es die Website „Francois, Dein Ärmel!“ (Francois, ta manche!).

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