AMS: „Verantwortungsvoller“ Umgang
Die Zahl der Bildungskarenzen steigt stark an. Kritiker bemängeln jedoch die fehlende Erfolgskontrolle der Bildungsmaßnahmen. AMS-Chef Johannes Kopf verteidigte am Samstag die Bildungskarenz: Die Maßnahmen würden in hohem Maße „verantwortungsvoll“ genutzt und für Weiterbildungsmaßnahmen eingesetzt. Das habe eine Evaluierung durch das Institut für Höhere Studien (IHS) ergeben, so Kopf.
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Die Bildungskarenz ist bis zur Finanzkrise 2008 im Dornröschenschlaf verharrt. Seit damals nutzen jedoch immer mehr Beschäftigte die Möglichkeit, mit ihrer Firma ein Ruhen der Arbeit von bis zu einem Jahr zu vereinbaren. „Die Zahl der Inanspruchnahmen hat sich verfünffacht“, sagte der Sozialpolitikexperte Rolf Gleißner von der Wirtschaftskammer.
Jährlich mehr als 70 Millionen Euro
Während der Bildungskarenz bekommt man Weiterbildungsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes vom AMS. Finanziert wird das aus Arbeitslosenversicherungsbeiträgen. Das AMS kostet die Bildungskarenz jährlich mehr als 70 Millionen Euro. Derzeit sind rund 8.300 Menschen in Bildungskarenz.
Die Wirtschaftskammer kritisierte in der Vergangenheit, dass nicht kontrolliert werde, ob die Weiterbildungsmaßnahme auch tatsächlich besucht bzw. mit Erfolg abgeschlossen werde. Die Bildungskarenz soll Beschäftigten die Möglichkeit geben, etwas dazuzulernen und das finanziell einigermaßen abgesichert. Viele würden die Möglichkeit aber einfach nützen, um eine Auszeit vom Job zu nehmen, lautete die Kritik.
Kritiker bemängeln Kontrolle
„Was der in dem einen Jahr, in dem er Weiterbildungsgeld bezieht, tut, kontrolliert keiner. Da kann er tun, was er will. Er kann sich einen neuen Job suchen, eine Weltreise machen, was auch immer. Das sind Dinge, die abgestellt werden sollten, denn das ist nicht im Sinne des Erfinders“, so Gleißner. Seit ein paar Jahren dürfte noch ein anderes Motiv dazukommen, nämlich Mitarbeiter in Krisenzeiten eine Zeit lang nicht bezahlen zu müssen.
In Einzelfällen würde die Bildungskarenz vielleicht als „Sabbatical“ für eine individuelle Pause - etwa für eine Weltreise - verwendet, räumte Kopf im Gespräch mit der APA ein. Auch als „individueller Sozialplan“ werde die Bildungskarenz in manchen Fällen genutzt, wenn jemandem vor der Kündigung noch eine Weiterbildung ermöglicht werde. Damit kann der AMS-Chef aber leben: „Das halte ich nicht für verwerflich, wenn eine sinnvolle Weiterbildungsmaßnahme gesetzt wird“.
Bildungsteilzeit soll Geringqualifizierten helfen
Die derzeitige Bildungskarenz werde stark von Jüngeren und Höherqualifizierten genutzt, die auf dem Arbeitsmarkt ohnehin recht gut positioniert seien. Für das AMS wäre es aber wichtig, dass die Bildungskarenz stärker durch Geringqualifizierte genutzt wird. Die neue Möglichkeit der Bildungsteilzeit könnte dazu beitragen, sagte Kopf. Die nun von der Regierung vorgeschlagene Bildungsteilzeit wäre dafür eine Chance, denn durch die Teilzeitarbeit und den Entgeltausgleich durch Weiterbildungsgeld wäre in Folge der geringeren Besteuerung der Einkommensausfall für Geringverdiener gar nicht so groß. So könnten Hilfsarbeiter durch die Bildungsteilzeit eine intensive Facharbeiterausbildung machen.
Die Regierung hatte sich am Freitag bei ihrer Klausur im niederösterreichischen Laxenburg auf eine Bildungsteilzeit verständigt, die es Arbeitnehmern ermöglicht, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, um sich weiterzubilden. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis seit mindestens einem halben Jahr besteht und die Arbeit entweder um ein Viertel oder um die Hälfte der Normalarbeitszeit reduziert wird (mindestens zehn Stunden/Woche).
Bei Reduktion auf 50 Prozent bekommt man Teilzeit-Weiterbildungsgeld in der Höhe des Kinderbetreuungsgeldes (442 Euro monatlich), bei Reduktion um ein Viertel die Hälfte davon. Mindestdauer sind vier Monate, Höchstdauer zwei Jahre. Beschlossen wurde auf der Regierungsklausur außerdem, dass Arbeitnehmer, die in der Bildungskarenz ein Studium absolvieren, künftig nach einem Semester einen Leistungsnachweis vorweisen müssen.
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