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Notverstaatlichung ohne Alternativen?

Als der Staat 2008 die alte Kommunalkredit vor drohender Zahlungsunfähigkeit retten musste, ist das ohne große Analysen und Dokumentationen geschehen. Das bemängelte nun der Rechnungshof (RH). Die Prüfer bezweifeln, dass eine Pleite der Bank die damalige Mehrheitseigentümerin Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) umgebracht hätte. Die Prüfer vermissten vom Bund Argumente für die teure Notverstaatlichung.

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In seinem am Montag veröffentlichten Bericht geht der RH davon aus, dass die KA Finanz - also die nach der Kommunalkredit-Spaltung entstandene staatliche „Bad Bank“ - „noch einige Jahre auf Maßnahmen aus dem Bankenpaket angewiesen sein wird“. Der Prüfungszeitraum für den Bericht endete schon im Juni 2010, viele der Prognosen daraus haben sich inzwischen bewahrheitet. Außerdem prophezeit der RH weitere „signifikante Verluste“ bei fortgesetztem ungünstigen Verlauf der europäischen Staatsschuldenkrise.

Fast keine Akten vorhanden

Die KA Finanz sitzt auf Milliarden Anleihebeständen und Credit Default Swaps von Euro-Krisenstaaten. Die RH-Prognose hat sich inzwischen etwa durch den Milliardenverlust aus dem Griechenland-Schuldenschnitt samt nötiger staatlicher Rekapitalisierung der KA Finanz erfüllt. Die Prüfer sehen das wohl als Bestätigung: Aus ihrem Bericht lässt sich die Empfehlung herauslesen, dass die Regierung die Kommunalkredit damals pleitegehen hätte lassen sollen. Dazwischen musste heuer auch die ÖVAG selbst durch Staatseinstieg gerettet werden.

Geprüft hatten die RH-Experten den „Verkauf“ der Kommunalkredit alt an den Bund und die Gebarung bis 2010. Mit dem Verkaufsprozedere gehen die Prüfer kritisch ins Gericht. Die Rettungsverhandlungen liefen 2008 in der letzten Oktober-Woche, am 3. November 2008 wurden die Vorverträge zur Notverstaatlichung unterzeichnet. Allerdings: Die an den Verhandlungen zur Rettung aufseiten des Bundes federführenden Behörden (Finanzministerium, Finanzprokuratur) legten laut RH keine Akten über die Verhandlungen und zum Vertragsabschluss an.

Gesprächsprotokolle im Nachhinein angefertigt

Der Mangel an Dokumentation der gewichtigen Entscheidung wurde mit dem damals hohen Zeitdruck argumentiert. Es lagen dann, so der RH, nur teilweise im Nachhinein verfasste Gesprächsprotokolle und „vereinzelte“ Aktenvermerke vor. „Zeitnah verfasste Dokumentationen fehlten“, kritisierten die Prüfer. „Dies erschwerte das Nachvollziehen der Vorgänge und insbesondere der Entscheidungsgründe für die getroffenen und mit hohen finanziellen Auswirkungen verbundenen Maßnahmen.“

Dem Rechnungshof fehlten somit „ernsthafte und nachvollziehbare“ Erwägungen seitens des Finanzministeriums über mögliche Alternativen zum finanziellen Engagement des Bundes. Diskutiert worden sei nur über die Bedingungen der Anteilsübernahme, kaum hinterfragt worden sei der Einstieg des Bundes in die Kommunalkredit selbst. Zur Zeit der Rettungsentscheidung bzw. zum Anteilserwerb lagen laut RH „keine fundierten volkswirtschaftlichen Analysen vor, aus denen die Notwendigkeit des Weiterbestehens der Kommunalkredit alt hervorging“.

Begründung „im Nachhinein verfasst“

„Laut den vorliegenden Unterlagen“ hätte „eine allfällige Insolvenz der Kommunalkredit alt die Existenz der Volksbanken AG nicht gefährdet“, befindet der Rechnungshof. Das hätte die Situation der ÖVAG „zwar erschwert, ihre Existenz selbst“ aber „nicht gefährdet.“ Im Übrigen hätte aufgrund der Übernahme durch den Bund (um einen Euro für jeden der zwei Aktionäre ÖVAG und Dexia) ohnedies der ganze Buchwert abgeschrieben werden müssen. Im Zweifel hätte der Staat die ÖVAG selbst unterstützen sollen, so die Prüfer.

Das Finanzministerium rechtfertigt das damalige Handeln mit den „Auswirkungen auf Ebene der Kommunalkredit alt selbst, die Aspekte der Finanzmarktstabilität, die Auswirkungen auf andere österreichische Kreditinstitute und die Kredit- und Einlagenbeziehungen der Kommunalkredit zu anderen Banken“. Der Rechnungshof wiederum bemerkt dazu, dass auch diese Argumente „im Nachhinein verfasst“ worden seien.

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