Zukunftshoffnung der Republikaner
Er ist heiter, charmant und sportlich - vor allem aber ist er ein knallhart konservativer Republikaner. Paul Ryan könnte als einer der jüngsten US-Vizepräsidenten ins Weiße Haus einziehen. Doch ist er dafür schon bereit?
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Vor allem Frauen bemerken an Paul Ryan zunächst die strahlend blauen Augen. Sie verschaffen dem 42 Jahre alten Politiker einen wachen, freundlichen Blick. Ryan, der im November an der Seite von Mitt Romney zu einem der jüngsten Vizepräsidenten in der US-Geschichte werden könnte, wirkt bubenhaft und verschmitzt. Kein Wunder, dass er in der Schule zum König des Abschlussballs gewählt wurde. Doch hinter dieser sympathischen Fassade verbirgt sich ein knallharter konservativer US-Kongressabgeordneter, der dem Amtsinhaber Barack Obama im Wahlkampf einige Probleme bereiten könnte.
Die größte Ehre erteilte ihm wenige Tage vor seiner Ernennung zum Vizepräsidentschaftskandidaten durch Mitt Romney das konservative „Wall Street Journal“. Es sprach sich uneingeschränkt für den neuen Politstar aus: „Der Typ glaubt wirklich an etwas“, schrieb das Blatt. „Er vertritt die neue Generation der Reformer in der Partei“, lautete das Urteil, das in einem Vergleich mit dem Ex-Präsidenten Ronald Reagan mündete: „Wie Reagan hat er eine einfache Heiterkeit und die Gelassenheit von jemandem aus dem Mittelwesten.“ Das ist das größte Charakterlob, das sich ein Konservativer wohl vorstellen kann.
Abgeordneter mit 28
Ryan war gerade 28 Jahre alt, als er für den US-Staat Wisconsin ins Repräsentantenhaus gewählt wurde. Seinen Sitz konnte er seitdem sechsmal spielend verteidigen, dabei kletterte er die Karriereleiter in Washington im Eiltempo nach oben. Vor allem sein Kampf für radikale Einsparungen im Staatsbudget und für umfassende Sozialreformen beeindrucken die republikanische Basis. Romney bezeichnete ihn am Samstag als einen „intellektuellen Führer“ der Partei.
Der derzeitige Vorsitzende des mächtigen Haushaltsausschusses im Kongress will in den kommenden Jahren mehr als sechs Billionen Dollar (4.8 Billionen Euro) aus dem Haushalt schneiden, große Steuerreformen angehen und das Sozialsystem auf neue Füße stellen, es dafür zum Teil auch privatisieren. Die Demokraten verstehen das als Frontalangriff auf ihre Werte und Überzeugungen. Obama nannte es unverantwortlich. Die Parteien befinden sich ohnehin in einem Lagerwahlkampf - sozial gegen marktliberal. Der dürfte sich nun verschärfen.
Gefahr für Romney?
Viele Kommentatoren bezeichnen Romneys Entscheidung daher als riskant, da er seine Angriffsfläche mit dem polarisierenden Ryan an der Seite deutlich vergrößert habe. Der als langweilig und farblos geltende Präsidentschaftsbewerber Romney müsse auch befürchten, von dem energiegeladenen, jungen Mann in den Schatten gestellt zu werden. Ryan ist sportlich, zieht mit Kongresskollegen jeden Morgen ein hartes Ausdauerprogramm durch.
Er gilt als zupackend, auch im Privatleben, in dem Jagen und Fischen zu seinen größten Hobbys zählen. Kritiker meinen aber auch, dass er für so ein wichtiges Amt wie das des Vizepräsidenten noch zu jung ist. Ein weiterer Kritikpunkt: Ihm fehle es an der notwendigen Erfahrung in der Außen- und Sicherheitspolitik.
Led-Zeppelin-Fan mit Pick-up
Schon jetzt zeigen Umfragen, dass die Amerikaner sich gut mit Ryan identifizieren. Er stammt im Gegensatz zu dem Multimillionär und Ex-Unternehmensberater Romney aus einer Arbeiterfamilie, hört gleichermaßen Beethoven wie Led Zeppelin und fährt mit einem Pick-up-Truck durch die Gegend.
Nicht zuletzt ist er Katholik und wirkt für viele Amerikaner damit deutlich vertrauenserweckender als der Mormone Romney. Gleichzeitig erscheint Ryan wie ein treu sorgender Familienmensch. Er ist seit rund zwölf Jahren mit seiner Frau Janna Christine Little verheiratet, gemeinsam haben sie zwei Söhne und eine Tochter.
Marco Mierke, dpa
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