„Löchriges Flickwerk“
Die Opposition kann in dem von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) vorgestellten Familienrechtspaket keinen wirklichen Durchbruch erkennen. Die Grünen sind gegen eine „gesetzlich verordnete gemeinsame Obsorge“. Nur wenige Verbesserungen erkennt das BZÖ, abwartend reagierte die FPÖ.
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FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller und FPÖ-Justizsprecher Peter Fichtenbauer äußerten sich vorsichtig zustimmend. „Im Bereich der gemeinsamen Obsorge ist die Bundesregierung hoffentlich nicht auf halbem Wege stehen geblieben“, so die beiden Mandatare. Die FPÖ werde das Familienrechtspaket mit kritischer Erwartungshaltung überprüfen. „Die schon längst europarechtlich vollzogene Erkenntnis des Rechtes des Kindes auf beide Elternteile muss der Primat des Zuganges zum Obsorgerecht sein“, betonte Fichtenbauer.
Grüne gegen gesetzliche Verordnung
„Zu denken, dass eine gesetzlich verordnete gemeinsame Obsorge, auch wenn sich die Eltern streiten, dem Kindeswohl dient, ist absurd und realitätsfremd“, sagte hingegen die grüne Familiensprecherin Daniela Musiol. Die Grünen befürworteten eine gemeinsame Obsorge nur dann, wenn sich beide Eltern darauf einigen können.
„Das Gemeinsame kann nicht per Gesetz verordnet werden“, ergänzte Justizsprecher Albert Steinhauser. Erfreut zeigten sich die Grünen dagegen über die Liberalisierung des Namensrechts.
Chance „verpasst“
„Nur wenige Verbesserungen für die Kinder“ in den ausgehandelten Obsorgeregelungen sieht BZÖ-Familiensprecherin Ursula Haubner. Die große Chance, dass die gemeinsame Obsorge zum Regelfall werde, sei „leider verpasst“ worden. „Es ist traurig, dass nach dem jahrelangen rot-schwarzen Streit ein löchriges Flickwerk herauskommt.“ Positiv an der Vorlage seien die beschleunigten Verfahren und die Verankerung des Kindeswohls im Gesetz.
Lob aus Regierungsparteien
Viel Lob kam naturgemäß in unzähligen Aussendungen der Regierungsparteien selbst. Das Familienrechtspaket bringe mehrere wichtige Fortschritte für Österreichs Familien, sagte beispielsweise Familienminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). ÖVP-Familiensprecherin Ridi Steibl und ÖVP-Frauensprecherin Dorothea Schittenhelm freuten sich übrigens, dass die gemeinsame Obsorge zum „Regelfall“ werde, SPÖ-Frauensprecherin Gisela Wurm und SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Mautz sagten dagegen, dass eine „Automatik“ verhindert worden sei.
„Aufblähung der Trennungsindustrie“
Vätervertreter stehen der Reform mit Zurückhaltung gegenüber. Als positiv wird die mögliche Vereinbarung der gemeinsamen Obsorge am Standesamt bewertet, so ein Vertreter des Vereins Väter ohne Rechte. Doch es fehle die gemeinsame Obsorge als „Recht des Kindes und im Sinne der Gleichberechtigung der Eltern“, denn sie bleibe der gerichtlichen Einzelfallentscheidung vorbehalten. Die geplanten „Besuchsmittler“ und die Familiengerichtshilfe würden kaum zu einer Beschleunigung der Verfahren beitragen. Vielmehr geht der Verein davon aus, dass es sich hier um eine „weitere Aufblähung der Trennungsindustrie“ handle.
Der Österreichische Frauenring ist unzufrieden mit der geplanten Abkühlphase von sechs Monaten. Das ist „eine Verlängerung des Rosenkriegs, der auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird“.
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