Strickweste abgekupfert
Das weltbekannte Modehaus Chanel ist von einem Pariser Berufungsgericht zur Zahlung von 200.000 Euro verdonnert worden, weil es von einem kleinen Zulieferer eine Strickweste abgekupfert hat. Die Strickweste von Chanel sei eine „exakte Kopie“ der von der Firma World Tricot entworfenen Weste, erklärte das Gericht am Freitag.
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Das Urteil ist der vorläufige Schlusspunkt in einem seit sieben Jahren laufenden Rechtsstreit. Die Geschäftsführerin des auf elegante Strickwaren spezialisierten Kleinbetriebs World Tricot, Carmen Colle, hatte Chanel 2005 vorgeworfen, eine von World Tricot entworfene Strickweste für die eigene Produktion abgelehnt und später abgekupfert zu haben.
Urteil von 2009 revidiert
Colle sagte damals, sie habe die mit einem gehäkelten Blumenmuster verzierte Damenweste, die sie Chanel vergeblich angeboten hatte, später im Schaufenster einer Chanel-Boutique in Tokio gesehen.
Die Wirtschaftskammer eines Pariser Gerichts hatte 2009 den Vorwurf der Nachahmung zurückgewiesen und World Tricot zur Zahlung von 200.000 Euro wegen Verleumdung verurteilt. Zugleich wurde Chanel aber zur Zahlung von 400.000 Euro wegen Vertragsbruch mit World Tricot verurteilt. Das Berufungsgericht in Paris hob diese Entscheidung nun auf. Es verurteilte Chanel wegen Nachahmung, nicht aber wegen Vertragsbruchs.
Firma mit arbeitslosen Frauen gegründet
Carmen Colle brach nach dem Urteil vor Glück in Tränen aus. Chanel dagegen erklärte, es handle sich um ein „Missverständnis“. Im ersten Gerichtsurteil sei die „Rolle“ Chanels bei der Schaffung des Entwurfs anerkannt worden. Das Modehaus will „bald“ entscheiden, ob es Rechtsmittel einlegt. Zugleich begrüßte Chanel, dass die Verurteilung wegen Vertragsbruchs aufgehoben wurde. „Das ist wichtig für unser Ansehen bei den Zulieferern.“
Colle, die früher in einem Stadtteilzentrum arbeitete, hatte die Strickfirma Ende der 80er Jahre mit einigen arbeitslosen Frauen gegründet. Unterstützt wurde sie mit 20.000 Franc (rund 3.000 Euro) der Stiftung des französischen Armenpriesters Abbe Pierre. Im Laufe der Jahre erwarben sich die Strickerinnen dank origineller Kreationen einen guten Ruf in der Luxusbranche. Heute beschäftigt World Tricot mehrere Dutzend Mitarbeiterinnen und entwirft Modelle für führende Modehäuser wie Chanel, Christian Lacroix, Dior, Jean-Paul Gaultier, Givenchy und Kenzo.
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