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Auch Fragen an den Bruder

Die Ermittlungen rund um den Mord an einer britischen Familie irakischer Herkunft in Frankreich laufen auf Hochtouren. Am Samstag wurde das Haus der Mordopfer im Örtchen Claygate bei London durchsucht. Für die Ermittlungen seien auch insgesamt vier Polizisten aus Frankreich nach Großbritannien gereist, teilte die französische Staatsanwaltschaft mit.

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Die Behörden erhoffen sich, im Haus Hinweise auf den Hintergrund der brutalen Tat zu finden. Britische Medien berichteten, dass es einen Erbschaftsstreit zwischen dem ermordeten Familienvater Saad al-Hilli und seinem Bruder gegeben hätte. Die französischen Polizisten hatten schon vor ihrer Abreise erklärt, sie wollten auch mit dem Bruder reden.

Der Staatsanwalt warnte aber vor voreiligen Schlüssen und hob hervor, dass der Bruder am Donnerstag selbst bei der Polizei erschienen sei, um nachzufragen, ob tatsächlich Saad al-Hilli getötet worden sei. Danach sei er am Freitag erneut zur Polizei gegangen und habe versichert: „Ich habe keinen Konflikt mit meinem Bruder.“

Den vier getöteten Menschen wurde jedenfalls jeweils zweimal in den Kopf geschossen. Das habe eine Obduktion der Leichen ergeben, sagte Staatsanwalt Eric Maillaud. Zunächst war von jeweils einem Kopfschuss berichtet worden. Insgesamt seien die drei Familienmitglieder aus England und ein französischer Radfahrer von mehreren Schüssen getroffen worden.

Verwandte bei Kindern angekommen

Unterdessen sind in Frankreich zwei Mitglieder der Familie eingetroffen, um sich um die beiden überlebenden Mädchen des Mordfalles zu kümmern. Eine Frau und ein Mann aus dem näheren Umfeld der Kinder seien im Krankenhaus eingetroffen, wie der zuständige Staatsanwalt von Annecy, Eric Maillaud, bestätigte.

Wann sie die Vierjährige sehen könnten, sei noch nicht entschieden. Bei einem möglichen Treffen mit dem Kind soll ein Vertreter der französischen Staatsanwaltschaft anwesend sein. Es blieb aber unklar, warum es fast drei Tage dauerte, bis jemand aus der Familie sich für die vier- und siebenjährigen Mädchen verantwortlich fühlte.

Dass es sich tatsächlich um die Eltern der Mädchen handelte, wurde von der vierjährigen Zeena bestätigt. Sie bekam von den Polizisten Passbilder der im Auto getöteten Personen vorgelegt. Sie hätte auf kindliche Art die Identitäten bestätigt, indem sie „das ist meine Mummy, das ist mein Daddy“ sagte, bestätigten die französischen Behörden. Auch ihre Schwester Zainab wurde von ihr identifiziert.

Suche auf Italien und Schweiz ausgedehnt

Bei der Suche nach dem oder den Tätern des kaltblütigen Mordes sollen nun auch die Nachbarländer Frankreichs helfen. „Alle Nachbarländer wurden mobilisiert“, sagte Maillaud, wobei er insbesondere Italien und die Schweiz hervorhob. Dabei gehe es vor allem um Wachsamkeit hinsichtlich einer möglichen Flucht der Täter.

Auto mit Kugeln durchsiebt

Der aus dem Irak stammende Hilli, seine Frau und vermutlich deren Mutter waren am Mittwoch in ihrem Auto auf einem Waldparkplatz in der Nähe von Annecy in Ostfrankreich erschossen worden. Auch ein Fahrradfahrer, der offenbar zufällig vorbeikam, wurde getötet.

Nur die beiden kleinen Töchter der britischen Familie überlebten das Blutbad: Die Vierjährige blieb körperlich unverletzt, weil sie sich in dem von Kugeln durchsiebten Auto hinter den Beinen ihrer Mutter auf der Rückbank versteckt hatte, ihre siebenjährige Schwester erlitt Schädelfrakturen und liegt in einem künstlichen Koma.

Verbindungen in den Irak?

Die Opferfamilie lebte schon seit Jahren in Großbritannien. Hilli war Ingenieur und hatte eine eigene Informatikberatungsfirma, er arbeitete vor allem im Bereich Luft- und Raumfahrt. Die Familie, die am Rande von London in einem großzügigen Haus lebte, hatte bei Annecy Urlaub auf einem Campingplatz gemacht.

Falls der Bruder als Täter ausgeschlossen werden kann, wären politische Hintergründe eine Möglichkeit, die zum Regime des irakischen Diktators Saddam Hussein zurückreichen. Der Getötete kam zwar schon in den 70er Jahren nach Großbritannien, stand aber beispielsweise im Jahr 2003 während des Irak-Kriegs unter Überwachung des britischen Geheimdienstes, wie bekanntwurde. Beruflich hatte er mit der Entwicklung von Satelliten und anderer Hightech-Nachrichtentechnik zu tun, was entsprechenden Gerüchten Auftrieb verlieh.

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