Themenüberblick

Zwischenbilanz bis zur Sommerpause

Der parlamentarische Korruptions-Untersuchungsausschuss ist Mitte Juli nach der letzten Sitzung zum Thema Glücksspiel in die Sommerpause gegangen. Die Zwischenbilanz in Zahlen: Vier Themen wurden in den acht Monaten seit dem Bestehen des U-Ausschusses bis zur Sommerpause abgearbeitet. 113 Zeugen wurden befragt und 1,3 Millionen Aktenseiten abgearbeitet.

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Einfach hatten es die Abgeordneten dabei nicht immer: stundenlange Befragungen, zahlreiche Zeugen mit auffälligen Erinnerungslücken, prominente Auskunftspersonen mit dem Hang, unentwegt ihr Entschlagungsrecht zu nutzen. Spitzenreiter dabei: Lobbyist Alfons Mensdorff Pouilly mit gezählten 43 Entschlagungen bei einer seiner Befragungen.

Herauskristallisiert hat sich in allen Ausschussthemen von Telekom Austria (TA) bis Glücksspiel ein dubioses System, bei etwa dem extrem hohe Summen für Beratungen gezahlt wurden, von denen keine Unterlagen mehr existieren - oder für nur wenige Seiten dicke Studien mit banalem Inhalt.

Moser voller Lob für Abgeordnete

Zufrieden zeigte sich die Ausschussvorsitzende Gabriele Moser (Grüne). Man arbeite gut zusammen, die Arbeitseinstellung der Abgeordneten sei positiv, und man habe bisher Unglaubliches geleistet. Der Erfolg aufgrund des Drucks, den der Ausschuss bewirke, und der Aufdeckerarbeit sei enorm. Auch sei das der billigste U-Ausschuss, der jemals stattgefunden habe - die Kosten runtergerechnet auf die Anzahl der Aktenseiten ergebe 77 Cent pro Seite, so Moser.

Verbesserungswunsch bei Spielregeln

Große Kritik übte Moser allerdings an den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Verfahrensordnung sei „sehr, sehr mangelhaft“. Die Spielregeln des Ausschusses müssten in jedem Fall verbessert werden: „Die Regeln, die in jedem Fußballspiel klar sind, die gibt es im U-Ausschuss nur in schlechter Form.“ Eine Reform sei zwar bereits ausverhandelt, liege aber auf Eis. Moser sieht vor allem die SPÖ als Blockierer.

Politische Nachwehen bereits spürbar

Ob strafrechtlich bei den bisherigen Themen was herauskommt, das muss letztlich die Staatsanwaltschaft entscheiden. Politisch hat es bereits etwas gebracht. Etwa durch die Verschärfung der Korruptions- und Parteienfinanzierungsgesetze, sagte etwa Korruptionsexperte Hubert Sickinger gegenüber Ö1. Durch den U-Ausschuss sei der nötige Druck auf Parteien und Gesetzgeber erzeugt worden, hier ordentliche Gesetze zu machen, auch in eigener Sache, sagte Sickinger - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Auch Parteien ziehen positives Resümee

Zufrieden über die bisherige Leistung des Ausschusses zeigten sich gegenüber Ö1 auch die einzelnen Parteien. So meinte etwa ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon, er könne sich nicht erinnern, dass ein U-Ausschuss jemals „so ernst, seriös und eigentlich auch erfolgreich gearbeitet“ hätte. Auch SPÖ-Fraktionsführer Otto Pendl, ebenfalls ein Veteran mehrerer U-Ausschüsse, sieht diesmal weniger Show als in vergangenen U-Ausschüssen, dafür mehr Inhalte und Sachlichkeit. Die Arbeit sei bisher jedenfalls „ausgezeichnet“ gewesen. Vor allem weil es bereits politische Konsequenzen gebe, sagte Pendl.

Für FPÖ-Fraktionsführer Walter Rosenkranz ist dieser U-Ausschuss mit Abstand der umfangreichste. Trotzdem sei es gelungen, in sehr konzentrierter Form bisher alles aufzuklären. Ein Verdienst aller Fraktionen, betonte Rosenkranz. Sein Resümee: „Politische Verantwortung wurde sehr klar gelöst. Wir haben die Geldflüsse, wir haben die Zusammenhänge, und es hat Parteienfinanzierung gegeben, es hat auch die Versuche des Gesetzeskaufs gegeben.“

Durchwachsene Bilanz für Pilz

Nicht völlig zufrieden zeigt sich hingegen der grüne Fraktionsführer Peter Pilz. Zwar sei es der „erfolgreichste U-Ausschuss der zumindest letzten 20 Jahre“. Man sei jetzt aber möglicherweise „zu erfolgreich“. Den Antrag auf den Auslieferungsstopp weiterer Akten wertet Pilz jedoch als ersten Schritt zum „Abdrehen“ des Ausschusses. Bei der ÖVP vermutet er Interesse, dass die „Akte Amon“ (gegen den ÖVP-Fraktionsführer ermittelt die Staatsanwaltschaft, es gilt die Unschuldsvermutung, Anm.) nicht im Herbst dem Ausschuss übermittelt wird, die SPÖ wolle die Inseratenaffäre „durchpeitschen“. Das BZÖ behindere aktiv die Aufklärung, dessen Mandatar Stefan Petzner sei in Bezug auf Korruption im Wesentlichen „Mitläufer und Mitwisser“.

Immerhin habe man aber die Menschen überzeugen können, „dass parlamentarische Aufklärung funktioniert, dass wir in der Lage sind, politische Sümpfe genau zu vermessen und die orangen, blauen, roten und schwarzen Sumpfbewohner auch mit Namen zu versehen. Was wir den Menschen aber noch nicht sicher sagen können: dass sich was ändern wird.“

Stefan Petzner vom BZÖ findet, dass der U-Ausschuss schon jetzt zur Halbzeit einer der erfolgreichsten aller Zeiten ist, weil er bereits zu politischen Konsequenzen geführt habe wie schärfere Korruptionsbestimmungen und Transparenzpaket.

Inserate und Mobiltel auf Herbstprogramm

Moser kündigte vor der Sommerpause an, bei der Arbeit aufs Tempo drücken zu wollen - die Themen TA und Glücksspiel sind aus ihrer Sicht noch nicht abgeschlossen. Vorausgesetzt, die Fraktionen einigen sich auf das weitere Vorgehen, wird der Ausschuss mit dem Thema Inseratenvergabe fortgesetzt. Damit wird es brisant für die SPÖ. Denn im Visier stehen unter andrem die Inseratevergabepraktiken von Kanzler Werner Faymann in seiner Zeit als Verkehrsminister.

Außerdem stehen die Auslandsbeteiligungen und Erwerbungen des TA-Konzerns rund um die Mobiltel Bulgarien an. Dabei ist die Kooperation mit einem entsprechenden U-Ausschuss in Bulgarien geplant. Auf dem Plan steht auch die Staatsbürgerschaftsvergabe.

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