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Tunnel teils ohne Stahlträger

Zahlreiche chinesische Hochgeschwindigkeitsbahnlinien weisen einem Bericht zufolge eklatante Sicherheitsmängel auf. Zahlreiche Tunnel etwa wiesen Risse auf, einige davon seien ohne die eigentlich notwendigen Stahlträger gebaut worden, berichtete die für ihre kritische Berichterstattung bekannte staatliche Zeitung „Southern Metropolis Daily“ Anfang August.

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Die Zeitung beruft sich dabei auf eine ihr vorliegende Untersuchung des Eisenbahn-Ministeriums. Außerdem sei beispielsweise die Qualität der Verkabelung der Station Wenzhou Süd unterdurchschnittlich. Das Eisenbahn-Ministerium hat laut „Southern Metropolis Daily“ die Beseitigung der Qualitäts- und Sicherheitsmängel angeordnet. Das Ministeriums setzte dafür demnach Fristen und forderte, es sollten „keine potenziellen Risiken mehr bleiben“.

Von Brücke gestürtzter Zug

Reuters/Aly Song

Die Zugskatastrophe im Juli 2011 mit zahlreichen Toten warf viele Fragen auf

Rascher Ausbau auf Kosten der Sicherheit?

Das Hochgeschwindigkeitseisenbahnnetz in China, seit 2007 in Betrieb, umfasste Ende 2010 knapp 8.400 Kilometer. China hat mit 8.300 Kilometern das längste Hochgeschwindigkeitsnetz der Welt. Nach den bisherigen Plänen sollte es bis 2020 sogar auf 16.000 Kilometer erweitert werden. Die Investitionen erreichten im vergangenen Jahr einen Rekord von 749 Milliarden Yuan, heute umgerechnet 82 Milliarden Euro.

Die Weltbank lobte China in einem Bericht für den raschen Ausbau der Schienenstrecken. Diese sollen von 6.000 Kilometer im vergangenen Jahr auf 16.000 Kilometer 2020 anwachsen. Trotz finanzieller Probleme und Sorgen darüber, dass der forcierte Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes zulasten der Sicherheit gehen könnte, hält die Regierung in Peking an den Ausbauplänen fest.

Fast 500 km/h Spitzengeschwindigkeit bei Test

China hat zwölf verschiedene Hochgeschwindigkeitszüge entwickelt. Dabei stützten sich seine Hersteller auf ausländische Technologie, etwa jener von Siemens aus Deutschland, von Kawasaki in Japan, Bombardier aus Kanada und Alstom aus Frankreich. Die Züge fahren auch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, die je nach Typ von 160 bis 350 km/h reichen. Das zurückgerufene Modell CRH380BL hatte bei einem Test sogar einmal die Rekordgeschwindigkeit von 487 km/h erreicht.

Die Zugtickets für besonders schnelle Züge sind auf einem Preisniveau, das sich meist nur Chinesen aus der Mittel- und Oberklasse leisten können. Einfache Arbeiter würden auf billigere und langsamere Züge ausweichen.

Rückschläge durch Zugskatastrophe

In China waren im Juli 2011 beim Zusammenstoß zweier Hochgeschwindigkeitszüge mindestens 40 Menschen ums Leben gekommen. Der Unfall war nach Erkenntnissen der Regierung auf „schwere Konzeptionsfehler“ zurückzuführen. Wegen Sicherheitsmängeln wurden nur wenige Wochen später 54 chinesische Hochgeschwindigkeitszüge von der neuen Strecke zwischen Peking und Schanghai zurückgerufen. Die Rückrufaktion war ein weiterer schwerer Schlag für die ehrgeizigen Pläne Chinas zum Ausbau seines heute schon weltgrößten Hochgeschwindigkeitsnetzes.

Ministerpräsident Wen Jiabao hatte im Dezember Sanktionen gegen 54 Verantwortliche des Zusammenstoßes angekündigt. Im Februar 2011 hatte bereits Eisenbahn-Minister Liu Zhijun wegen mutmaßlicher Korruption zurücktreten müssen. Er soll während seiner Amtszeit mehr als 800 Millionen Yuan (100 Mio. Euro) Schmiergeld genommen haben.

Weiterer Korruptionsskandal aufgedeckt

Der chinesische Rechnungshof deckte im März dieses Jahres einen weiteren riesigen Korruptionsfall im Zusammenhang mit der Bahn auf. Wie die Behörde in Peking mitteilte, wurden 490 Millionen Yuan (59 Mio. Euro) hinterzogen, die zur Entschädigung von enteigneten Landbesitzern auf der Schnellbahnstrecke Schanghai - Peking bestimmt waren. Der Großteil der Summe sei von Beamten in der Stadt Tianjin veruntreut worden. In China ist die illegale Enteignung von Land und die mangelnde Zahlung von Entschädigungen eine der größten Quellen sozialer Unruhen.

Die 1.318 Kilometer lange Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen der Hauptstadt Peking und der Küstenmetropole Schanghai war mit Verspätung am 30. Juni des Vorjahres eröffnet worden. Die Kosten für das Projekt beliefen sich auf insgesamt 217,6 Milliarden Yuan (26 Milliarden Euro). Wie der Rechnungshof nun mitteilte, warteten 656 Lieferanten und 1.471 Baumannschaften Ende Mai 2011 noch auf Geld. Die Außenstände summierten sich auf insgesamt 8,25 Milliarden Yuan.

Bei einer Rechnungsprüfung der Bahnstrecke Peking - Schanghai waren bereits im vergangenen Jahr Fehlbeträge von 187 Millionen Yuan entdeckt worden. Seit der Eröffnung der ersten Strecke des Hochgeschwindigkeitsnetzes in China gab es zahlreiche Korruptionsfälle.

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