Einzigartige Landschaft vernichtet
In Sibirien stehen riesige Waldflächen in Flammen. Russische Forstexperten der Umweltschutzorganisation Greenpeace sprechen von einer „Katastrophe“. Die seit drei Monaten von extremer Hitze und Trockenheit geplagte Region sei durch die Brände teils bis ins Wurzelsystem vernichtet. Die Regeneration des einzigartigen Waldgürtels der Taiga könne 100 Jahre dauern.
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Schuld hätten die Behörden, die aus den schlimmsten Wald- und Torfbränden der russischen Geschichte vor zwei Jahren nichts gelernt hätten, sagt Greenpeace-Experte Alexej Jaroschenko. Er meint, dass derzeit rund eine Million Hektar Waldfläche in Flammen stehe - das entspricht in etwa der halben Fläche Niederösterreichs. Und das sei noch vorsichtig geschätzt, betonte Jaroschenko.
Neben sibirischen Regionen wie Krasnojarsk und Tomsk, wo Menschen mittlerweile unter einer großen Smogbelastung leiden, kam es auch im Ural und im äußersten Osten Russlands zu Bränden.
Medwedew: Lage bleibt schwierig
Der russische Regierungschef Dimitri Medwedew musste unlängst eine Krisensituation eingestehen. Der Kampf gegen die Brände werde seiner Einschätzung zufolge noch mindestens zwei Wochen dauern. Die Lage bleibe schwierig, sagte Medwedew am Sonntag bei einem Besuch nahe der Krisenregion in Sibirien. Russland müsse dringend mehr in Technik und Aufklärung investieren, betonte der Ex-Präsident nach Angaben der Agentur Interfax in Omsk.
Vorwürfe an Regierung
Angesichts der düsteren Smogbilder aus Städten wie Omsk und Tomsk fühlen sich viele Russen an den Sommer 2010 erinnert. Damals versank auch die Hauptstadt Moskau wochenlang wegen der schweren Torfbrände im Umland in einer riesigen Rauchwolke. Jaroschenko widerspricht den Behörden, die die brennende Fläche mit einigen zehntausend Hektar angeben. Nach Auswertung von US-Satellitenbildern geht er davon aus, dass seit Jahresbeginn zehn Millionen Hektar Wald verbrannt seien.
Die Forstbehörde nennt als Ursache vor allem auch „unsachgemäßen Umgang“ mit Feuern. Ohne Rücksicht auf die höchste Waldbrandstufe in vielen Gebieten würden viele Menschen landauf, landab an Lagerfeuern grillen und feiern. Eine echte Kontrolle gebe es nicht.
„Warten, bis sich Problem selbst löst“
„Viele örtliche Verwaltungschefs setzen lieber nicht die ohnehin sehr begrenzten Kräfte und Mittel ein. Sie warten, bis sich das Problem etwa durch Regen von selbst löst“, so der Greenpeace-Experte. Allein in Sibirien kämpften in den letzten Tagen rund 12.000 Einsatzkräfte gegen die Brände, landesweit außerdem noch gut 70 Löschflugzeuge, darunter auch von den Luftstreitkräften, hieß es.
Russland steht damit vor dem alten Dilemma. Seit einer von Präsident Wladimir Putin trotz Warnungen von Experten durchgesetzten Reform des Waldgesetzes beschäftigt Russland kaum noch Forstarbeiter. Die Lage habe sich in diesem Jahr weiter verschlimmert, schreibt die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“. Das Land versinke in einem „Grauen aus Flammen“.
Sparen bei der Forstverwaltung
Früher seien in Russland rund 200.000 Beschäftigte der Forstverwaltung im Einsatz gewesen, heute nur noch einige zehntausend. Dabei habe Russland mit 1,2 Mrd. Hektar Forstfläche so viel Wald wie kein anderes Land, schreibt das Blatt. Zwar betonen Forstexperten wie Erik Walendik von der russischen Akademie der Wissenschaften, dass Naturbrände auch nötig seien, damit sich der Wald erneuern könne. Die kremlkritische Zeitung „Nowaja Gaseta“ bemängelt aber, dass es anders als in den USA keine professionelle Überwachung der Brände und des Waldes gebe.
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