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Annan: Nötige Unterstützung fehlte

Nach seinen erfolglosen Bemühungen um eine Waffenruhe legt der internationale Syrien-Sondergesandte Kofi Annan sein Amt nieder. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte am Donnerstag in New York, dass Annan seinen Rücktritt zum 31. August eingereicht habe. Annan verzichte auf eine Verlängerung seines Mandats, das an diesem Tag ausläuft.

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Annan begründete seinen Rückzug bei einer Pressekonferenz in Genf mit dem Hinweis, er habe „nicht alle Unterstützung bekommen, die der Fall verdient“. „Es gibt Unstimmigkeiten innerhalb der internationalen Gemeinschaft“, was seine Aufgabe erschwert habe, sagte Annan bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Genf.

Schuldzuweisungen statt konstruktiver Lösung

Während die syrische Bevölkerung dringend Hilfe benötige, gingen die gegenseitigen Beschimpfungen und Schuldzuweisungen im Sicherheitsrat weiter. „Es ist unmöglich für mich oder jemand anderen, die syrische Regierung und auch die Opposition dazu zu bringen, die nötigen Schritte für einen politischen Fortschritt zu ergreifen.“ Sein Nachfolger werde möglicherweise neue Ansätze finden müssen, so Annan, der aber die Hoffnung äußerte, dass sein Sechspunkteplan zur Befriedung Syriens weiterhin relevant bleiben werde.

„Welt voll von verrückten Typen wie mir“

Und auch um einen markigen Spruch war Annan in Bezug auf einen Nachfolger nicht verlegen: „Die Welt ist voll von verrückten Typen wie mir. Ich wäre also nicht überrascht, wenn UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon jemanden findet, der den Job besser macht als ich“, meinte Annan auf die Frage eines Journalisten.

Syrien-Vermittler Kofi Annan mit dem syrischen Machthaber Bashar al-Assad

dapd/AP/SANA

Annan bei einem Treffen mit Assad im März

Ban sagte, er nehme die Entscheidung Annans „mit tiefem Bedauern“ zur Kenntnis. Er sei Annan zu höchstem Dank für den selbstlosen Einsatz, für sein diplomatisches Geschick und das Ansehen verpflichtet, das er in das Amt mitgebracht habe, schrieb Ban. Vorausgegangen waren mehrere vergebliche Vermittlungsversuche Annans in dem Konflikt. Mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, sei er in Gesprächen über einen Nachfolger, sagte Ban.

Beide Seiten ignorierten ausverhandelte Waffenruhe

Der Friedensnobelpreisträger war am 23. Februar von den Vereinten Nationen und der Arabischen Liga damit beauftragt worden, im Syrien-Konflikt zu vermitteln. Im April hatte der frühere UNO-Generalsekretär einen Waffenstillstand zwischen der Regierung von Baschar al-Assad und der Oppositionsbewegung ausgehandelt, an den sich beide Seiten in der Folge aber nicht hielten. In den vergangenen Wochen hatte sich der Konflikt in Syrien immer weiter verschärft.

Ban beklagt anhaltende Spaltung des UNO-Rats

Mit Blick auf die Haltung Russlands und Chinas beklagte der UNO-Generalsekretär die „anhaltende Spaltung“ des Sicherheitsrats in der Syrien-Frage, die ein „Hindernis für die Diplomatie“ geworden sei. Moskau und Peking verhindern mit ihrem Veto eine schärfere Resolution des Sicherheitsrats gegen Assad.

Der russische UNO-Botschafter Wladimir Tschurkin bedauerte den Rückzug Annans. „Wir bedauern, dass er sich dazu entschieden hat“, sagte Tschurkin. Russland habe Annan in seiner Funktion als Sondergesandter „sehr stark“ unterstützt.

USA: China und Russland schuld

Unterdessen machten die USA Russland und China für den Rücktritt Annans verantwortlich. Die beiden Vetomächte im UNO-Sicherheitsrat hätten mit ihrem Nein zu einer Resolution gegen Staatschef Assad für den Rückzug Annans gesorgt, sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Jay Carney, am Donnerstag an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One. Der Abgang Annans zeige auch, dass Assad nicht bereit sei, das Blutvergießen in seinem Land zu beenden. Der russische Präsident Wladimir Putin bedauerte die Entscheidung Annans. Es sei eine „wahre Schande“, dass ein so brillanter und respektierter Diplomat gehe, erklärte Putin russischen Agenturberichten zufolge in London.

CIA unterstützt nun offiziell syrische Rebellen

Unterdessen berichteten die US-Fernsehsender NBC und CNN, US-Präsident Barack Obama habe dem Auslandsgeheimdienst CIA die verdeckte Unterstützung der syrischen Rebellen erlaubt. Das Weiße Haus wollte die Berichte nicht kommentieren. Die US-Regierung erhöhte die Mittel zur Unterstützung von Flüchtlingen um zwölf Millionen Dollar.

Die syrische Regierung reagierte mit „Bedauern“ auf Annans Entscheidung. Das syrische Außenministerium beschuldigte die „Staaten, die Syrien zu destabilisieren versuchen“, die Annan-Mission „untergraben“ zu haben. Das Ministerium spielte in seiner Erklärung auf westliche Staaten, die Türkei und die Assad-Gegner auf der arabischen Halbinsel an.

Cameron: „Ansatz funktioniert nicht“

Großbritanniens Premierminister David Cameron forderte den UNO-Sicherheitsrat auf, den Druck auf Syrien zu erhöhen. Der Rücktritt Annans als Syrien-Beauftragter habe gezeigt, dass das nötig sei. „Ehrlicherweise zeigt das, dass der gegenwärtige Ansatz nicht funktioniert“, sagte Cameron.

„Der Annan-Plan - er hat wirklich hart daran gearbeitet, und es hat nicht funktioniert, weil wir dieses Blutvergießen, dieses Gemetzel haben“, sagte Cameron dem TV-Sender Sky News. „Jetzt müssen wir aufstocken. Wir müssen in den Vereinten Nationen Resolutionen verabschieden, um mehr Druck auf Syrien auszuüben“, sagte Cameron.

Putin und Cameron wollen „stabileres System“

Zuvor war Cameron mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin zusammengetroffen. Sie vereinbarten eine engere Zusammenarbeit in der Syrien-Politik. „Wir wollen beide, dass der Konflikt beendet wird, und möchten ein stabiles Syrien sehen“, sagte Cameron nach dem Treffen in der Downing Street. Die direkten Kontakte führender Vertreter Russlands und Großbritanniens waren 2006 auf Eis gelegt worden, nachdem der russische Regierungskritiker Alexander Litwinenko in London ermordet worden war.

Erneut Dutzende Tote

Das Blutvergießen geht unterdessen unaufhörlich weiter: Bei den Kämpfen zwischen Armee und Aufständischen kamen Bewohnern zufolge am Donnerstag wieder zahlreiche Menschen ums Leben. Allein in Hama in Zentralsyrien töteten Soldaten mindestens 50 Menschen, wie Oppositionelle und Einwohner berichteten. Die Regierungstruppen hätten bei der Durchsuchung eines Stadtteils Mitglieder dreier Familien umgebracht.

In Damaskus kamen beim Einschlag mehrerer Granaten mindestens 20 Bewohner eines Palästinenserlagers ums Leben, wie Ärzte berichteten. Sicherheitskräfte hätten das Feuer kurz vor dem abendlichen Fastenbrechen eröffnet, bei dem Muslime während des Fastenmonats Ramadan wieder Nahrung zu sich nehmen können.

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