Wie stark ist Assad wirklich?
Seit Tagen werden die syrischen Truppen am Rand der Wirtschaftsmetropole Aleppo zusammengezogen. Vor wenigen Tagen begannen auch hier die Kämpfe - am Samstag schließlich folgte die Großoffensive der syrischen Armee. Allerdings werden Zweifel an der Stärke des Militärs laut.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Auch wenn es im Interesse der Opposition liegt, das syrische Regime schwachzureden, mehren sich dennoch die Stimmen von innen und außen, dass sich das Regime nicht mehr lange halten kann. Einen Einblick in die Schlagkraft des syrischen Regimes gibt der vor zwei Monaten desertierte General Mohammad al-Sobi gegenüber dem „Guardian“.
„Bezin aufgebraucht, Raketen gehen aus“
Seiner Meinung nach kann sich das Regime „maximal noch zwei Monate halten“. Assads Militärmaschinerie stehe „an der Schwelle zu einem logistischen Kollaps“. Es fehle an Öl und Nahrung. Von der angeblichen Übermacht des Militärs sei nichts zu merken, so Zobi, der zuvor für die Luftwaffe des Regimes tätig war: „Das Benzin ist nahezu aufgebraucht. Die Raketen gehen ihnen aus. Es gibt kaum Brot und Wasser für die Soldaten.“ Nach seiner Flucht schloss er sich der Opposition an, um gegen Assad zu kämpfen. Rund 100 führende Militärkommandanten sollen bereits auf der Seite der Rebellen stehen.

dapd/Alberto Prieto
Auch am Freitag fanden Anti-Regime-Proteste in Aleppo statt
„Nur eine Frage der Zeit“
Mit seinem Einblick bekräftigt Zobi den ehemaligen Leiter der UNO-Beobachtermission in Syrien, Robert Mood: „Meiner Meinung nach ist es nur eine Frage von Zeit, bevor das Regime, das so heftige Militärkraft und unverhältnismäßige Gewalt gegen die Zivilbevölkerung anwendet, fallen wird“, sagte Mood am Freitag gegenüber Reuters. „Jedes Mal wenn in einem Dorf 15 Menschen getötet werden, werden 500 zusätzliche Sympathisanten für die Opposition mobilisiert, rund 100 von ihnen sind Kämpfer“, analysierte Mood.
Seinen Angaben zufolge könnte sich Assad aber noch länger als wenige Monate halten. Er geht davon aus, dass das Regime militärisch noch überlegen ist. Eine Fortsetzung des Regimes unter der alten Führung hält Mood zwar für langfristig „unmöglich“. Er glaubt aber nicht daran, dass Syriens Probleme ohne Assad gelöst seien: „Die Situation kann sich dann sogar noch verschlechtern.“
Erdogan fordert Reaktion
Noch ist allerdings der volle Kampf in Gange. International wird besorgt die beginnende Großoffensive des Regimes in der Wirtschaftsmetropole Aleppo kritisiert. Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan forderte eine gemeinsame internationale Reaktion: „Wir haben es hier mit einem Regime zu tun, das sein eigenes Volk tötet und massakriert.“ Angesichts der offenbar geplanten Großoffensive der Armee „können wir keine Zuschauer oder Beobachter“ in Syrien bleiben.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich über die Gewalt besorgt und forderte die Regierung erneut auf, unter keinen Umständen chemische oder andere Massenvernichtungswaffen einzusetzen.
Nachschubkette geschwächt
Rund 4.000 Rebellen sollen sich in Aleppo gruppiert haben. Die Freie Syrische Armee kontrolliert mittlerweile weite Gebiete im Norden und Osten des Landes. Die städtischen Gebiete sind aber weitgehend in der Hand des Regimes. Bisher haben in Aleppo aber weder Assads Truppen noch seine Gegner militärisch die Oberhand.
Jedenfalls sei es der Opposition durch die Dominanz im Norden und Osten möglich, die Nachschubkette des Regimes zu schwächen, berichtete der „Guardian“. Nach Angaben von ehemaligen Militärkommandanten sei das Regime nun gezwungen, Nachschub für die Versorgung einzufliegen. In der Luftwaffe lägen auch noch die militärischen Vorteile des Regimes, so die Ex-Generäle. Die Soldaten selbst seien nervös, müde und hungrig, so Zobi. Viele seien in Militärgefängnissen, Telefonate mit der Familie würden überwacht. Etwa 30 Prozent der Soldaten, vor allem Sunniten, seien bereits desertiert.
Links: