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USA im Unterstützungsdilemma

Die USA haben nach Beginn des Aufstandes in Syrien weit über ein Jahr gebraucht, um sich ein klares Bild der oppositionellen Kräfte zu verschaffen. Die „Washington Post“ berichtete im Sommer unter Berufung auf Beamte, dass die US-Geheimdienste erhebliche Wissenslücken aufwiesen - diese hätten auch verhindert, die Rebellen bei dem Sturz von Präsident Baschar al-Assad unterstützen zu können.

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Die US-Geheimdienste hätten demnach in den vergangenen Monaten ihre Anstrengungen intensiviert, um Informationen sowohl über die Aufständischen als auch über das Regime zu erhalten - aber offenbar mit magerem Erfolg. Die CIA habe es demnach - anders als bei den Aufständen in Libyen und Ägypten - nicht geschafft, im Land selbst präsent zu sein.

Keine Agenten im Land

Bereits im Februar ist die US-Botschaft in Damaskus geschlossen worden. Und anders als etwa in Libyen haben es die syrischen Rebellen nicht geschafft, Gebiete dauerhaft zu kontrollieren, die dann auch von den US-Agenten als sichere Zone hätten verwendet werden können, hieß es aus der CIA. Zudem habe Syrien wohl mit Hilfe des Iran eine effektivere Spionageabwehr als etwa Libyen damals.

So müsse sich der Geheimdienst mit abgefangener Kommunikation und der Beobachtung von außerhalb Syriens begnügen. Die CIA habe nur eine Handvoll Mitarbeiter an Grenzposten und sei auf die Hilfe der Geheimdienste von syrischen Nachbarländern wie Jordanien und der Türkei anhängig.

Für USA geostrategisch wichtig

Aufgrund der fehlenden Informationen ist es für die Regierung von US-Präsident Barack Obama auch schwierig, eine politische Strategie für die Krisenregionen finden und umsetzen zu können. Dabei gilt Syrien auch als geopolitisch wichtig - insbesondere für die USA. Syrien ist als Verbündeter des Iran ein langjähriger Widersacher der USA.

Eigentlich würden die USA gerne die Aufständischen unterstützen - angesichts des fehlenden Überblicks über die verschiedenen Gruppierungen wisse man aber nicht genau, wen. Dabei bestehe das Risiko, jemandem zu helfen, der sich im Nachhinein als islamistisch oder gar als jemand mit Verbindungen zu Al-Kaida herausstellt.

Heterogen und unorganisiert

Und dabei sei ja die Auseinandersetzung nicht neu, sondern dauere schon 16 Monate an, meinte im Juli ein Beamter. US-Außenministerin Hillary Clinton und andere Regierungsbeamte haben mit Oppositionsführern schon Gespräche geführt, doch die Freie Syrische Armee (FSA) und andere Gruppierungen seien eher unorganisiert und heterogen, heißt es aus US-Kreisen.

Die USA stehen mit dem Problem offenbar nicht alleine da: Auch arabische Geheimdienste, die die Rebellen unterstützen wollen, seien noch „in einer frühen Phase“ des Prüfens, so ein Geheimdienstbeamter eines Nahost-Staats zur „Washington Post“. Er äußerte die Gefahr, dass sich in der Opposition die Islamisten durchsetzen könnten und die Muslimbruderschaft eine Regierung nach dem Fall Assads bilden könnte.

Vorsicht bei Waffenlieferungen

Trotzdem habe Präsident Obama der CIA genehmigt, die Anti-Assad-Kämpfer mit einigen Maßnahmen zu unterstützen, berichtete die „Washington Post“. So seien ihnen Kommunikationsgeräte für verschlüsselte Nachrichten übergeben worden, die auch von den USA abgehört werden können. Ein kleines Team von etwa sechs CIA-Mitarbeitern würde an der syrisch-türkischen Grenze mit Oppositionsgruppen arbeiten und den Nachschub mit medizinischer Versorgung und sonstige Unterstützungen koordinieren.

Waffen wollen die USA keine liefern, obwohl man in Verbindung zu Ländern wie Katar und Saudi-Arabien stehe, die das sehr wohl tun. Andere Staaten wie Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate würden Geld, aber kein Kriegsmaterial an die Rebellen geben - vor allem aus Sorge, dieses könnte gegen ethnische und religiöse Minderheiten in Syrien oder gar gegen moderate arabische Nachbarländer oder Israel verwendet werden.

Das erklärt, wieso die Opposition trotz Unterstützung von außen eher unterdurchschnittlich gut bewaffnet ist. Gleichzeitig versuchen aber offenbar mehrere Geheimdienste, den Waffennachschub vom Iran an das Assad-Regime zu stören.

Negativbeispiel Afghanistan

„Die USA haben eine recht wechselvolle Geschichte bei der Bewaffnung von oppositionellen Gruppierungen, wir kämpfen gerade gegen eine davon“, sagte ein Regierungsbeamter mit dem Verweis auf Afghanistan. Dort hatten die USA in den 80er Jahren die Mudschaheddin für den Kampf gegen die Sowjets mit Waffen versorgt. Heute kämpfen die USA in Afghanistan gegen die Taliban, die den Mudschaheddin historisch nachfolgten.

Man müsse wirklich genau bedenken, welche Spätfolgen solche Entscheidungen haben können, sagte der Beamte weiter. Und in Syrien könnte es „eine Menge extremistischer Kräfte“ geben. Auch kurzfristig ist die Lage explosiv. In Libyen haben die USA binnen kürzester Zeit die Chemiewaffen des gestürzten Regimes sichern können. In Syrien könnte das zum Problem werden.

Rätselraten über spektakulären Anschlag

Auch nur spekulieren konnte der US-Geheimdienst darüber, wer den aufsehenerregenden Anschlag auf Assads innersten Zirkel im Juli begangen hat, bei dem vier Vertraute des Präsidenten ums Leben kamen. Es müsse wohl ein Insider mit Kontakten zu den obersten Sicherheitsstellen des Regimes gewesen sein, mutmaßte man. Und da gebe es wohl keinen Konnex zu Al-Kaida. Der Anschlag sei aber der Beweis, dass sich die Opposition auch ohne Hilfe von außen zunehmend durchsetzen könne, zitierte die Zeitung US-Beamte.

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