„Ein Volk der Sicherheitsdenker“
Es sind klingende Namen wie McDonald’s, Spar, OBI, Ikea und Palmers, die mit teils weit mehr als 100 Franchise-Filialen in ganz Österreich vertreten sind. Vor allem Handelsbetriebe, aber auch Gastronomiebetriebe haben diese Unternehmensstruktur für sich entdeckt - sie ermöglicht ihnen ein schnelles und kostengünstiges Wachstum.
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Als McDonald’s 1977 seine erste Filiale in Wien eröffnete, hatten nicht wenige daran gezweifelt, dass der amerikanische Burger-Laden im Land des Schnitzels erfolgreich Fuß fassen wird. Sie wurden eines Besseren belehrt: Nach und nach schossen neue Filialen aus dem Boden, 35 Jahre später ziert das gelbe M fast jedes größere Städtchen hierzulande. 180 McDonald’s-Filialen gibt es in Österreich - das rasante Wachstum ist wohl vor allem auf die Franchise-Unternehmensstruktur zurückzuführen.
„Sicherheit einer großen Marke“
„Der Franchisenehmer hat die Sicherheit einer großen Marke, und McDonald’s profitiert vom Innovationsgeist und dem Eigenengagement der Franchise-Nehmer sowie davon, dass diese in ihrer Umgebung verankert sind“, erklärt McDonald’s-Sprecherin Ursula Riegler gegenüber ORF.at. Die Fast-Food-Kette ist der größte Franchise-Geber des Landes, 8.500 Mitarbeiter sind in den Filialen tätig, der Umsatz belief sich im Vorjahr auf mehr als 500 Millionen Euro.
Franchise- vs. Konzernstruktur
Im Gegensatz zum klassischen Filialsystem ist ein Franchise-Betreiber ein eigenständiger Unternehmer, der unter dem Dach einer größeren Marke auftritt. Er gibt dafür in der Regel Teile seines Umsatzes an den Konzern ab und muss sich - zum Beispiel in Designfragen - oft an strenge Vorgaben halten.
Der Franchise-Sektor ist in den letzten zehn Jahren in Österreich sehr stark gewachsen, wie Susanne Seifert vom Franchise-Verband bestätigt. Ein Großteil der 420 Unternehmen befinden sich in der Wachstumsphase - selbst die schwierigen Jahre während der Wirtschaftskrise haben den Sektor nicht groß in Mitleidenschaft gezogen.
Profiteure von der Krise?
Im Gegenteil, gewissermaßen hat man davon sogar profitiert: „In den Jahren um 2008 haben wir gemerkt, dass viele gute Arbeitnehmer freigesetzt wurden - einige von ihnen haben das zum Anlass genommen, sich selbstständig zu machen und Franchising-Nehmer zu werden“, so Seifert. „Bis auf wenige Branchen hat Franchising wenig gelitten unter der Krise.“ Das beweist auch eine Statistik des Verbands aus dem Jahr 2008: Darin gaben 35 Prozent der befragten Franchise-Unternehmen an, dass sich die Finanzkrise positiv auf ihr Geschäft ausgewirkt hätte. 30 Prozent spürten gar keine Wirkung, der Rest eine negative.
Weniger Risiko, kostenschonendes Wachstum
Franchising sei gerade auf dem österreichischen Markt eine beliebte Unternehmensform, der Grund ist nach Ansicht von Seifert ein einfacher: „Die Österreicher sind ein Volk der Sicherheitsdenker.“ Der Franchising-Nehmer hat weniger Risiko, als wenn er eigenständig ein Unternehmen gründet, und profitiert von der Sicherheit einer bereits gut eingeführten Marke.
Mit 120.000 Euro zur eigenen Firma
120.000 Euro beträgt die Investitionssumme für den Franchise-Nehmer im Österreich-Schnitt. Bei kleineren Betrieben ist dies jedoch auch schon deutlich darunter möglich. Hinzu kommen monatliche Umsatzabgaben, und in der Regel Miete für das Geschäftslokal. Die Schließungsquote von Franchise-Nehmern liegt laut zuständigem Verband bei 4,1 Prozent und damit deutlich unter der der Gesamtwirtschaft (6,1 Prozent).
Auch die Vorteile für den Unternehmer lägen gegenüber einer klassischen Konzernstruktur klar auf der Hand: Zum einen, so Seifert, böten Franchising-Systeme eine kapitalschonende Variante, zu wachsen, zum anderen profitiere der Geber sowohl vom regionalen Know-how des Nehmers (vor allem im ländlichen Bereich) als auch von dessen Einsatzbereitschaft und Motivation, die in der Regel höher sind als die eines Filialleiters. Nachteil allerdings: Weisungsgebunden ist der Franchising-Nehmer freilich nicht.
Handel vor Dienstleistung und Gastronomie
Rund acht Milliarden Euro wurden im Jahr 2010 durch Franchising-Betriebe in Österreich erwirtschaftet, schätzt der Franchising-Verband. Vor allem durch neue Standorte wächst der Umsatz jährlich kräftig an, zuletzt um sieben Prozent. Rund ein Drittel der Unternehmen befindet sich laut letzten Erhebungen in einer starken Expansionsphase.
Mit 180 Franchise-Systemen stellt der Handel den größten Anteil an Franchise-Systemen (besonders Einzelhandel, und da vor allem Bekleidung). Weitere rund 170 Systeme sind dem Dienstleistungssektor (vor allem freiberufliche Dienstleistung, z. B. Steuer- und Unternehmensberatung) zuzuordnen. Und obwohl McDonald’s führender Franchise-Geber hierzulande ist, stellen die Bereiche Gastronomie (rund 45 Systeme, besonders Systemgastronomie) und Herstellung (rund 25) eine geringere Rolle. Die großen Franchise-Geber hierzulande sind neben McDonald’s: OBI, Spar, Esprit, Ikea, Backwerk, Palmers, Lagerhaus, Mango, The Body Shop, Hertz und Burger King.
Kein automatisches Erfolgsrezept
Ein automatisches Erfolgsrezept verspricht aber auch das Franchise-System nicht. Auch McDonald’s enttäuschte etwa kürzlich mit schwachen Quartalszahlen. „Beides hat was für sich, es stecken einfach zwei verschiedene Geschäftsphilosophien dahinter“, so Roman Seeliger von der Wirtschaftskammer, Bundessparte Handel. Franchise-Systeme können ebenso schiefgehen wie Filialsysteme. Beispielsweise funktioniert ein und dasselbe Konzept nicht an jedem Standort.
Viele der Unternehmen setzen jedoch auch nicht auf ein reines Franchise-System, sondern auf Mischformen. McDonald’s hat in Österreich etwa 20 bis 25 konzerneigene Filialen, der Moderiese H&M, der grundsätzlich ein klassisches Filialsystem betreibt, expandierte in den Nahen Osten und Nordafrika via Franchise-Partnerschaften. Von weltweit rund 2.600 H&M-Filialen werden 76 als Franchises geführt, so das Unternehmen auf Anfrage. Und auch der Einzelhändler Spar besitzt etwa die Hälfte seiner 1.500 Filialen selbst.
Mischformen: Fuß fassen in allen Regionen
Die Gründe für diese Mischformen sind unterschiedlich: McDonald’s-Sprecherin Riegler erklärt, man wolle sich diese Filialen vor allem zu Ausbildungszwecken beibehalten, und um neue Innovationen zu testen. Bei H&M hingegen sind es laut eigenen Angaben rechtliche Vorgaben, die in Ländern wie Kuwait, Katar, Bahrain oder Israel dazu führten, dass ein Markteintritt mit hundertprozentigen Tochtergesellschaften „nicht möglich“ wäre. WKÖ-Experte Seeliger vermutet, dass ein weiterer Grund hinter dieser Strategie steckt: Im Nahen Osten und Nordafrika ist spezielles Know-how nötig (Sprache, kulturelle Unterschiede und örtliche Besonderheiten), das man sich über Franchise-Partner einfacher in den Konzern holen könne.
Petra Fleck, ORF.at
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