Themenüberblick

Sperre soll nur für Handel gelten

Nach Übergriffen syrischer Oppositioneller auf türkische Lastwagen hat die Türkei am Mittwoch angekündigt, ihre Grenze zu Syrien für den Güterverkehr zu schließen. Lastwagen, die Syrien nur als Transitland nutzen wollten, dürften weiterhin passieren, sagte Wirtschaftsminister Zafer Caglayan. Ausnahmen gebe es auch für Lastwagen aus Syrien, die Güter zur Versorgung der Bevölkerung aus der Türkei holen wollten.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Eine Sprecherin des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR erklärte dazu, die Sperre gelte nur für den Handel, nicht aber für Flüchtlinge. Das habe die türkische Regierung zugesichert. Flüchtlinge aus Syrien gelangen auch über Schleuserrouten in die Türkei.

Lkws von Rebellen ausgeraubt

Zuvor hatte ein Behördenvertreter gesagt, die Maßnahme werde aus „Sicherheitsgründen“ und zum Schutz der türkischen Bevölkerung ergriffen. Die Wiedereröffnung hänge von der weiteren Entwicklung ab. Am Samstag hatten Angehörige der Freien Syrischen Armee (FSA) 30 aus der Türkei kommende Lastwagen ausgeraubt und beschädigt. Neun Lkws wurden zudem in Brand gesteckt.

Die Wagen hatten sich im Grenzstreifen zwischen dem syrischen Bab al-Hawa und dem türkischen Grenzübergang Cilvegözu befunden. Die Fahrer konnten sich mit Mühe auf die türkische Seite retten. An der 900 Kilometer langen Grenze der Türkei zu Syrien gibt es 13 Grenzübergänge.

Boden-Luft-Raketen an Grenze stationiert

Am Wochenende hatte die Türkei Medienberichten zufolge damit begonnen, Boden-Luft-Raketen an der Grenze zu stationieren. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind seit Beginn der Unruhen gegen Syriens Staatschef Baschar al-Assad und dessen blutigem Vorgehen gegen die Opposition gespannt. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan forderte Assad wiederholt zum Rücktritt auf. Nach dem Absturz eines türkischen Kampfjets, für den Ankara Syrien verantwortlich macht, verschlechterten sich die Beziehungen weiter.

In dem seit Mitte März 2011 andauernden Konflikt in Syrien wurden laut Oppositionsangaben bisher mehr als 19.000 Menschen getötet. Viele Syrer sind bereits in Nachbarländer geflohen, zu denen auch der Libanon und Jordanien gehören.

TV-Appell von desertiertem General

Unterdessen rief der ehemalige enge Assad-Vertraute, der desertierte syrische General Manaf Tlass, alle Syrier auf, gemeinsam auf eine neue Ära in Syrien nach Assad hinzuarbeiten. Es sei „die Pflicht aller Syrer, sich zusammenzuschließen, um ein freies und demokratisches Syrien aufzubauen“, forderte der abtrünnige General Dienstagabend in einer vom Blatt abgelesenen Erklärung im saudi-arabischen Fernsehsender al-Arabija. Das neue Syrien dürfe nicht „auf Rache, Ausgrenzung oder Monopole“ aufgebaut werden.

Es war der erste öffentliche Auftritt des langjährigen engen Assad-Vertrauten seit seiner Flucht aus Syrien. Tlass gehörte jahrelang zu einer Eliteeinheit, die für die Sicherheit der Staatsführung unmittelbar verantwortlich ist. Nach Angaben von Experten könnte er nach einem möglichen Ende der Assad-Regierung in der Übergangszeit eine führende Rolle übernehmen.

Opposition widerspricht sich selbst

Über die Pläne der uneinigen Opposition herrscht aber nach wie vor Unklarheit: Der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC) will entgegen einer früheren Äußerung eines Sprechers der Bildung einer Übergangsregierung unter Führung eines bisherigen Vertrauten von Assad nicht zustimmen. „Es bestand nie die Frage einer Regierung der nationalen Einheit unter Führung eines Mitglieds des Regimes“, sagte die SNC-Sprecherin Bassma Kodmani am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP in Paris. Eine Übergangsregierung müsse von der Opposition geführt werden.

Kodmani widersprach damit der Äußerung eines anderen SNC-Sprechers, Georges Sabra, der einige Stunden zuvor gesagt hatte, der SNC wäre bereit, eine Übergabe der Macht an ein Mitglied der derzeitigen Führung zu akzeptieren. „Wir sind mit einem Rückzug Assads und der Übertragung seiner Aufgaben an eine der Persönlichkeiten des Regimes einverstanden“, hatte Sabra gesagt und als mögliches Vorbild den Jemen genannt.

Dramatische Entwicklung nach Gefängnismeuterei

Unterdessen spitzt sich die Situation nach einer Häftlingsmeuterei im Zentralgefängnis in der Protesthochburg Homs zu. Bereits am Freitag übernahmen die Häftlinge die Kontrolle des Gefängnisses, nachdem mehrere Gefängniswärter desertiert waren. In dem Gefängnis sollen zwischen 3.000 und 5.000 Häftlinge eingesperrt sein, unter ihnen viele politische Gefangene.

Über das Wochenende wurde daraufhin die Wasser- und Stromzufuhr für das Gefängnis gekappt, am Dienstag wurde das Gebäude mit Tränengas beschossen, sagten Quellen aus Syrien gegenüber ORF.at. Verantwortlich für den Einsatz sei jetzt der berüchtigte Geheimdienst der Flugstreitkräfte, hieß es weiter. Den Insassen sei gedroht worden, entweder aufzugeben oder mit Massenhinrichtungen rechnen zu müssen.

Links: