„Keine Lust auf drittes Verfahren“
Der parlamentarische Korruptions-Untersuchungsausschuss hat am Dienstag die Befragungen zu einem seiner großen Kapitel - der Causa Blaulichtfunk - abgeschlossen. Die geladenen Zeugen zeigten sich zumeist wenig auskunftsfreudig: Einige plagten Gedächtnislücken, der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly verweigerte die Antwort auf die meisten der an ihn gerichteten Fragen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Insgesamt hieß es von Mensdorff-Pouilly über 30-mal „Dazu entschlage ich mich“, insbesondere wenn sich die Fragen der Abgeordneten um die ihm zugerechnete Firma Valurex drehten. Via Valurex sollen im Rahmen der Neuvergabe des Projekts Blaulichtfunk 2,6 Mio. Euro vom Konsortialpartner Motorola an den Lobbyisten geflossen sein. „Das ist Valurex, das machen wir vor dem Richter“, so Mensdorff-Pouilly. „Ich entschlage mich bei allem, was die Valurex betrifft.“
Mensdorff-Pouilly begründete auch, warum er sich so häufig auf sein Recht, die Auskunft zu verweigern, zurückzog. Alles, was er derzeit sage, werde „kriminalisiert“. Und er habe keine Lust, auf ein drittes Verfahren wegen falscher Zeugenaussage vor dem Ausschuss. Die Staatsanwaltschaft Wien hatte letzte Woche einen Strafantrag gegen den Lobbyisten wegen des Verdachts der Geldwäsche, der falschen Zeugenaussage in zwei U-Ausschüssen und der Vorlage eines angeblich verfälschten Beweismittels bestätigt. Für Mensdorff gilt die Unschuldsvermutung.
Befragung fiel kurz aus
Nicht kommentieren wollte der Lobbyist dementsprechend auch die Aussagen von Ex-Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer, dem ersten Zeugen im Ausschuss am Dienstagvormittag. Dieser hatte erklärt, dass Mensdorff von der Telekom Austria (TA) Geld im Zusammenhang mit dem Blaulichtfunk-Projekt Tetron bekommen habe. Mensdorff bestreitet das bisher.

dapd/Ronald Zak
Mensdorff-Pouillys Standardanwort am Dienstag: „Ich entschlage mich“
Vehement wies der Lobbyist auch Bestechungsvorwürfe seitens des Motorola-Anwalts Marcus Asner zurück. Er habe niemals jemanden gekauft. „Daher habe ich ihn angezeigt. Das lasse ich mir auch von einem amerikanischen Anwalt nicht gefallen.“ Wegen Mensdorffs geringer Auskunftsbereitschaft fiel seine Befragung deutlich kürzer aus als geplant. Anstatt der veranschlagten dreieinhalb Stunden dauerte sie nur knapp eine Stunde.
In den Ausschuss geladen war am Dienstag mit dem früheren Kabinettschef von Ex-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP), Christoph Ulmer, auch eine wesentliche Verbindungsperson zwischen dem Ministerium und dem letztlich beauftragten Blaulichtfunk-Konsortium, das nur nach Lobbying Mensdorff-Pouillys und einer Abschlagszahlung von fast 30 Mio. Steuergeld an die ursprünglichen Anbieter zum Zug kam. Ulmer konnte sich lediglich daran erinnern, mit Anbietern gesprochen zu haben - aber nicht, mit wem genau, wann oder worüber.
Sarkastische Kommentare bei so viel Vergesslichkeit
Ulmer konnte sich laut eigener Aussage auch nicht erinnern, ob er Strasser je über seine Verhandlungen Bericht erstattet habe. Er konnte auch keine Antwort auf die Frage des Grünen-Abgeordneten Peter Pilz geben, wozu er im Innenministerium in der Causa Blaulichtfunk gebraucht worden sei. Pilz meinte daraufhin resignierend, Ulmer solle ihm zumindest eine Person nennen, an die er sich erinnern könne. Der „Standard“ (Onlineausgabe) zitierte Pilz mit dem sarkastischen Stoßseufzer: „Um ihr Personengedächtnis beneide ich sie nicht.“ In Richtung Mensdorff fragte Pilz laut „Standard“, ob sich der eigentlich „der Antwort oder des Gedächtnisses“ entschlage.
Ulmer konnte sich indessen auch nicht erinnern, ob er mit seiner Ex-Frau - der PR-Beraterin Verena K. - darüber gesprochen habe, warum sie vom maßgeblich beteiligten US-Konzern Motorola beschäftigt worden war. Erst mit entsprechenden Belegen konfrontiert, wollte Ulmer darüber hinaus zugeben, dass die Firma CFU Consulting - deren Name in der Causa immer wieder auftaucht - ihm selbst gehört. Mensdorff gab auch zu diesem Unternehmen und möglichen Kontakten keine Auskunft.
Dass er selbst schon Beratertätigkeiten für die Blaulichtfunk-Firmen ausübte, als er noch im Innenministerium tätig war, verneinte Ulmer. Zwischen beiden Jobs sei ein Erholungsurlaub gelegen. Wie lange dieser Urlaub gewesen sei, war Ulmer nicht mehr erinnerlich.
„Zufällige“ Treffen mit Mensdorff
Als erster Zeuge war am Dienstag der frühere TA-Vorstand Fischer zum Thema Blaulichtfunk befragt worden. Der gestand überraschenderweise zumindest ein, dass hinter dem 1,1 Mio. Euro schweren „Projekt Alpha“ - über das keiner der Beteiligten bisher irgendwelche Angaben machen wollte oder konnte - tatsächlich Geldflüsse an Mensdorff-Pouilly standen. Den Lobbyisten habe er „durch Zufall“ getroffen, erklärte Fischer dabei.
Fischer wurde auch bereits zum nächsten U-Ausschuss-Thema befragt, den rätselhaften Geldflüssen rund um eine letztlich gescheiterte Glücksspielgesetznovelle, von der die TA und der niederösterreichische Automatenkonzern Novomatic profitiert hätten. In diesem Zusammenhang offenbarte er das offenbar übliche Verständnis von Lobbying: Solange die TA selbst nicht strafbar werde, habe ihn die Tätigkeit von Mensdorff „nicht interessiert“, sondern nur dessen Erfolg, wurde Fischer zitiert.
ÖVP nimmt eigenen Bundesrat nicht ins Gebet
Vor Ulmer war Harald Himmer befragt worden. Himmer soll als Chef der Firma Alcatel - sie war Teil des schließlich beauftragten Blaulichtfunk-Konsortiums - die Initialzündung für die Beschäftigung von Mensdorff-Pouilly und damit rätselhafte Geldflüsse im Ausmaß von insgesamt 4,4 Mio. Euro gegeben haben. Außerdem ist Himmer ÖVP-Bundesrat. Die Volkspartei stellte ihrem Klubkollegen im Ausschuss keine Frage. Die Abgeordneten der anderen Parteien hatten wiederum auch bei Himmer mit großen „Erinnerungslücken“ zu kämpfen.
Dass von ihm im Konsortium der Tipp gekommen sei, man solle sich des Lobbyisten Mensdorff bedienen, um positiv einwirken zu können, wies Himmer zurück: Daran habe er nicht die geringste Erinnerung. Die Firma Valurex sei ihm nicht bekannt gewesen. Dass laut Motorola-internen Unterlagen Valurex von der TA und Alcatel empfohlen wurde, konnte er sich denn auch nicht erklären.
Belastende Aussagen „Irrtum“
Himmers Erinnerung kehrte auch mit Unterstützung nicht wieder. Zu belastenden Aussagen des TA-Kronzeugen Gernot Schieszler über seine Verbindung zu Mensdorff meinte er: „Gernot Schieszler irrt sich.“ Gegen Himmer wird in der Causa ermittelt. Mit der U-Ausschuss-Aussage seines Ex-Kollegen Oliver Schmerold konfrontiert, wonach Himmer in seiner eigenen Firma Alcatel für Mensdorff Stimmung gemacht habe, konnte sich Himmer ebenfalls „nicht hundertprozentig erinnern“.
Die nachweisbaren Geldflüsse an Mensdorff-Pouilly begründete Himmer damit, dass der Lobbyist Alcatel in Ungarn zu Geschäften verholfen habe. Mensdorff habe damals eine „signifikant bessere Reputation als heute“ gehabt. Dass Mensdorff dabei zum Preis von rund 720.000 Euro Berichte ablieferte, in denen etwa berichtet wurde, wie der ungarische Premierminister heißt, fand Himmer nicht weiter bemerkenswert. Genaue Erinnerungen hatte er dafür an eine Jagd mit Mensdorff: Dort sei nichts Berufliches im Hinblick auf den Blaulichtfunk besprochen worden.
Links: