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Europaweit einheitliche Bankenaufsicht

Eine Bankenunion kann nach Ansicht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) der entscheidende Schritt zur Lösung der Vertrauenskrise in der europäischen Währungsunion sein. „Man könnte auch sagen, dass eine Währungsunion mit einem zentralen ‚Lender of last resort‘ auch ein gemeinschaftliches Bankensystem braucht.“

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„Die Banken Europas müssen also zu europäischen Banken werden“, schreibt die BIZ in ihrem am Sonntag am Hauptsitz in Basel veröffentlichten Jahresbericht. Angesichts der in der Euro-Zone mit einem gemeinsamen Finanzmarkt und einer gemeinsamen Zentralbank erreichten finanziellen Integration sei ein solcher Schritt folgerichtig.

Bestandteile einer Bankenunion sind unter anderem eine gemeinsame Aufsicht über die Finanzinstitute und eine gemeinsame Einlagensicherung. Während Letztere umstritten ist, geht es in der Frage einer gemeinsamen Aufsicht derzeit in Richtung der Europäischen Zentralbank (EZB). Die erst vor kurzem geschaffene Bankenaufsichtsbehörde EBA, die allerdings nie weitreichende Durchgriffsrechte auf die nationale Ebene hatte, wäre damit so gut wie tot.

„Vielversprechende Vorstöße“

Die BIZ beschreibt in ihrem Bericht die Vorstöße aus Politik und Zentralbanken in Richtung einer Bankenunion als „vielversprechend“; unter anderem deshalb, weil sie innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens der EU und der Euro-Zone umgesetzt werden könnten. Zudem brächte sie nach Einschätzung der Experten zwei gravierende Vorteile gegenüber dem Status quo mit sich: zum einen, dass die unterschiedlichen nationalen Regulierungsvorschriften für Banken harmonisiert würden, und zum anderen zentrale europäische Institutionen für Aufsicht, Einlagensicherung und Abwicklung von Banken.

„Diese Maßnahmen würden den negativen Rückkopplungseffekt zwischen Banken und Staaten unterbinden und auch andere zerstörerische Verbindungen kappen, welche die Krise derart tiefgreifend machen“, lobt die BIZ das von der EU-Kommission und der EZB vorangetriebene Projekt.

„Robuste Regulierung“

Eine Bankenunion würde aus Sicht der Baseler Experten nämlich nicht nur den stark gestörten Interbankenmarkt wiederbeleben und den Staaten wieder Zugang zu den Kapitalmärkten verschaffen. Sie würde es den europäischen Notenbanken auch ermöglichen, sich wieder von den Finanzmärkten zurückzuziehen und ihre unkonventionellen und riskanten geldpolitischen Maßnahmen der letzten Jahre zurückzufahren.

Der „Teufelskreis“ von Finanz- und Schuldenkrisen kann nach Überzeugung der führenden Zentralbanken nur durch „robuste Regulierung“ der großen internationalen Finanzinstitute durchbrochen werden. Überall müssten Regierungen Banken deshalb „zur Übernahme von Geschäftsmodellen bewegen, die risikoärmer und tragfähiger sind“, forderte die BIZ, die als „Zentralbank der Zentralbanken“ eine übergeordnete Rolle unter den Notenbanken spielt.

Schärfere Regeln durchsetzen

Dafür müssten Aufsichtsbehörden die schärferen Eigenkapitalregeln (Basel III) durchsetzen, heißt es im Jahresbericht der BIZ. „Weltweit muss die Aufsicht die konsequente und rasche Umsetzung der vereinbarten Basel-III-Standards abschließen“, mahnte die BIZ. „Die Banken werden das Vertrauen der Märkte nur zurückgewinnen, wenn sie ihre Eigenkapitalausstattung und ihre Liquiditätsposition weiter stärken.“

Auf die Basel-III-Vereinbarungen hatten sich die in der BIZ vertretenen Zentralbanken als Reaktion auf die Schockwellen nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 verständigt. Im Kern müssen Banken von 2013 an deutlich höhere Kapitalpolster für Krisenzeiten aufbauen. Unter dem Strich summieren sich die Eigenkapitalanforderungen auf 10,5 Prozent. Die EU-Staaten wollen zulassen, dass einzelne Länder noch höhere Quoten festlegen.

Vergleich mit Krise nach Lehman-Kollaps

Die BIZ malt einmal mehr ein düsteres Bild von der Lage der Bankenbranche. In diesem Jahr ähnle der Zustand des Sektors „wieder demjenigen nach dem Kollaps von Lehman Brothers“ 2008, heißt es in dem Bericht. Viele Banken hingen am Tropf der Zentralbanken. Auch die Märkte gingen nicht davon aus, dass die Krise überstanden sei.

In den Bilanzen der Banken steckten immer noch belastende Bestände an faulen Aktiva, vor allem riskante Staatsanleihen aus den Ländern am Rand der Euro-Zone schürten das Misstrauen. Bei vielen Instituten, die dort ihren Sitz haben, seien diese Bestände sogar höher als das Kernkapital. Auch an der Stichhaltigkeit der Methoden, mit denen viele Banken ihre Bilanzrisiken bewerten, hegen die Experten der BIZ Zweifel.

Mehr Härte mit Schuldnern gefordert

Einen Ausweg aus der Krise biete nur eine beschleunigte Sanierung der Bilanzen, schreibt die BIZ. Denn zurzeit seien die Geldhäuser oft zu nachsichtig mit säumigen Schuldnern, um sie über Wasser zu halten und eigene Abschreibungen zu vermeiden. Das gehe aber auf Kosten der soliden Kreditnehmer. „Sobald die Banken Verluste aus notleidenden Aktiva ausgewiesen und ihr Eigenkapital wieder aufgestockt haben, werden ihre Bilanzen solider und transparenter sein.“ Erst dann könnten sie sich auch unbesichert wieder Finanzmittel beschaffen.

Die Staaten müssten entsprechenden Druck auf die Banken ausüben und ihnen mit Eigenkapitalspritzen aus dem Steuersäckel helfen, fordert die BIZ. Langfristig müsse sich die öffentliche Hand aber wieder aus dem Sektor zurückziehen.

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