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„Schneller neue Kunden gewinnen“

Der Sinkflug der Facebook-Aktie geht weiter. Am Mittwoch erreichte sie einen neuen Tiefpunkt und sackte auf bis zu 27,86 Dollar ab. Sie liegt nun um rund zehn Dollar unter dem Ausgabepreis von 38 Dollar. Den Börsengang von Facebook dürfte sich Gründer Mark Zuckerberg anders vorgestellt haben. Das Debakel dürfte aber nicht nur Konsequenzen für Facebook haben.

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„Ein Zusammenbruch von Facebook könnte das halbe Web mitreißen“ prognostiziert der Medienkritiker Michael Wolff in einer Analyse für das Onlineportal Technology Review. Er ist überzeugt: „Der Crash wird kommen.“ Die Zukunft von Facebook sieht er eher düster: „Facebooks Geschäft wächst nur unter der auf Dauer unhaltbaren Voraussetzung, dass die Firma schneller neue Kunden gewinnen kann, als der Wert der einzelnen Kunden abnimmt.“

Das große Problem mit Werbung im Internet sei, dass der Wert dieser digitalen Anzeigen stetig sinke. Facebook stecke dabei in der gleichen „Abwärtsspirale“ wie andere werbefinanzierte Internetmedien. Ein Geschäftsmodell wie bei Google sei bei Facebook derzeit nicht absehbar, so Wolff. Er geht sogar davon aus, dass sich die von ihm prognostizierten sinkenden Facebook-Werbepreise auch auf andere werbefinanzierte Internetangebote auswirken werden.

Wetten auf Verfall von Facebook

Wirklich lukrativ war Facebook schon bisher nicht. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Soziale Netzwerk eine Milliarde Dollar Gewinn, ging aber mit einem Gesamtwert von 104 Mrd. Dollar an die Börse. Geld verdient Facebook vor allem über Werbung. Der größte User-Zuwachs erfolgt aber über Smartphones. Dort ist die Werbestrategie noch unausgegoren.

Mittlerweile begannen Investoren bereits mit geringen Einsätzen auf die Zukunft von Facebook zu wetten. Laut „Wall Street Journal“ gehen die meisten Anleger davon aus, dass es bei Facebook noch weiter bergab geht. Die Aktie müsste Berechnungen des Finanzdienstleisters Bloomberg zufolge auf 23,07 Dollar fallen, um gleich wie andere Firmen im NASDAQ-Internetindex bewertet zu werden. Setzt man den erwarteten Gewinn in Verhältnis zum Kurs, sei Facebook noch immer hoch bewertet, so Bloomberg.

Börsengänge verzögert

Die Auswirkungen des Facebook-IPO machten sich schon am ersten Tag mit Verlusten bei anderen Webunternehmen wie Groupon und LinkedIn bemerkbar. Andere Internetunternehmen zögern nun beim Gang an die Börse. Laut „Wall Street Journal“ stoppte die US-Reisesuchmaschine Kayak ihre „Roadshow“, bei der die Aktie potenziellen Investoren vorgestellt werden sollte. Dabei wird Kayak wie schon zuvor Facebook vor allem von der Investmentbank Morgan Stanley unterstützt.

Die beim Facebook-IPO beteiligten Banken mussten sich Vorwürfe gefallen lassen, für den Misserfolg mitverantwortlich zu sein. Sie hätten sich mit der Nachfrage verschätzt und den Preis zu hoch angesetzt. Kayak will nun aus diesen Erfahrungen lernen und eine „konservative“ Bewertung anstreben. Der Zeitpunkt für den Börsengang der Reisesuchmaschine mit einem Gewinn von 9,7 Mio. Dollar im vergangenen Jahr ist noch offen: „Wir warten, bis die Marktbedingungen unseren Anforderungen entsprechen“, betonte eine Sprecherin. Gewartet wird allerdings schon länger. Angemeldet wurde der Börsengang bereits vor eineinhalb Jahren.

Zuckerberg verlor 4,7 Mrd. Dollar

Auch das russische Facebook-Pendant Vkontakte will nun vorerst auf einen Börsengang verzichten. Der Facebook-Flop habe Investoren abgeschreckt, sagte Gründer Pawel Durow. Anleger, die direkt beim Börsengang von Facebook Aktien kauften, verloren mittlerweile mehr als ein Viertel ihres Geldes. Das Vermögen Zuckerbergs schrumpfte um 4,7 Mrd. Dollar.

Jeff Weiner, Chef des Onlinenetzwerks LinkedIn, rief die Anleger wieder zu mehr Langfristigkeit auf: „Jeder weiß, wie das Wetter am Tag seiner Hochzeit war, aber das spielt keine Rolle für den Erfolg der Ehe“, sagte er dem IT-Blog All Things Digital. LinkedIn ist seit über einem Jahr an der Börse. Das Debüt galt als Generalprobe für Facebook, gelang aber besser. Der Ausgabepreis der Aktie von 45 Dollar verdoppelte sich bereits am ersten Tag. Der Anfang Mai erreichte Kurs von fast 120 Dollar wurde durch das Facebook-Debakel aber auch auf rund 100 Dollar gedrückt.

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