Vorwürfe gegen Banken
Der missglückte Börsengang von Facebook sorgt weiterhin für Aufregung. Obwohl der Gang an die Börse 16 Milliarden Dollar an Einnahmen brachte, mussten die neuen Aktionäre bisher große Kursverluste in Kauf nehmen. Zudem kamen immer mehr Informationen an die Öffentlichkeit, was sich im Hintergrund des Börsengangs abspielte.
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Institutionelle Investoren wie Fondsgesellschaften, die Kunden der Emissionsbanken, waren offenbar zuvor informiert worden, dass die bei der Aktienemission führenden Banken wie Morgan Stanley ihre Umsatzprognosen für Facebook nach unten schraubten.
„In vergangenen zehn Jahren nicht erlebt“
„Das passierte noch während der Werbetour - so etwas habe ich in den vergangenen zehn Jahren nicht erlebt“, sagte ein Insider einer Fondsgesellschaft, die von Morgan Stanley über die korrigierte Vorhersage informiert worden war. Auch JPMorgan und Goldman Sachs korrigierten ihre Prognosen nach unten. Experten sind überzeugt, dass das ausschlaggebend für das schwache Interesse von Anlegern beim Börsenstart war. Anpassungen kurz vor dem Börsengang gelten als ungewöhnlich.

Reuters/Eduardo Munoz
Facebook-Gründer Zuckerberg erwartet ein juristisches Nachspiel
Während also die ursprünglich stark an Facebook interessierten Großinvestoren aufgrund der neuen Informationen vorsichtiger wurden, stieg die Nachfrage in der „wirklichen Welt“ enorm. Denn die Öffentlichkeit wurde nicht über die geringeren Umsatzerwartungen informiert.
Ermittlungen gegen Morgan Stanley
Morgan Stanley steht deshalb im Zentrum der Ermittlungen der US-Börsenaufsicht SEC und der Regulierungsbehörde FINRA wegen der Senkung der Umsatzprognose unmittelbar vor dem Börsenstart. Morgan Stanley betonte, dass man bei Facebook die gleichen Abläufe eingehalten habe wie bei jedem anderen Börsengang auch. Facebook verweigerte jeglichen Kommentar.
Angesichts der schlechteren Umsatzerwartungen ist es umso verwunderlicher, warum noch kurz vor dem Börsengang die Menge der Aktien und die Preisspanne der Emission erhöht wurde. Den Banken wird nun vorgeworfen, sich bei der Nachfrage verschätzt und zu viele Papiere auf den Markt geworfen zu haben. Laut „Wall Street Journal“ soll Facebook-Finanzchef David Ebersman entschieden haben, die Zahl der angebotenen Aktien um ein Viertel zu erhöhen. Zuvor soll er aber von Morgan Stanley die Zusicherung bekommen haben, dass die Nachfrage sehr hoch sei.
Für Kritik sorgte auch, dass kurzfristig Investoren erlaubt wurde, bereits 90 Tage nach der Erstnotiz Aktien im Wert von geschätzt 9,5 Mrd. Dollar wieder zu verkaufen. Üblich ist eine Behaltefrist von 180 Tagen, wie das deutsche „Handelsblatt“ berichtete.
Informationen von Insider?
Unklar ist, was die Banken veranlasste, die Erwartungen für das zweite Quartal und die vorhergesagten Einnahmen für das Gesamtjahr zu reduzieren. Laut dem Blog Business Insider soll eine Führungskraft von Facebook aus dem Finanzbereich die Banken informiert haben, dass das Geschäft des Sozialen Netzwerks schwächer verlaufe. Auch ein aktualisierter Börsenprospekt von Facebook wies auf ein gebremstes Umsatzwachstum hin.
Als Ursache wurde angegeben, dass zwar die Nutzerzahlen steigen, nicht aber die Werbung, da immer mehr auf mobile Geräte zurückgreifen. Mit Internetwerbung auf Mobiltelefonen lässt sich aber weniger Geld verdienen als mit Werbebannern für Computerbenutzer.
Juristisches Nachspiel
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und die am Börsengang beteiligten Banken müssen sich jedenfalls auf ein juristisches Nachspiel einstellen. Die Kanzlei Glancy Binkow & Goldberg reichte bereits Klage ein. Ihr Mandant wirft Facebook und den Emissionsbanken vor, die Börsenunterlagen schlampig zusammengestellt und wichtige Informationen zum Geschäft und dessen Aussichten verschwiegen zu haben. Die Kanzlei fordert Wiedergutmachung im Namen aller Geschädigten.
Klagen gegen NASDAQ
Das „Handelsblatt“ spekulierte, dass die Verzögerungen beim Börsenstart auch mit den geänderten Analysen zusammenhängen könnten. Die Techbörse NASDAQ hatte von Softwareproblemen und vielen Bestellungen, die kurzfristig storniert worden waren, gesprochen. Die US-Börsenaufsicht SEC ermittelt bereits. „Es gibt viele Gründe für Vertrauen in unsere Märkte und in die Integrität, mit der sie agieren, aber es gibt Fälle, die wir uns genauer anschauen müssen, vor allem was Facebook angeht“, sagte SEC-Chefin Mary Schapiro.
Auch für die NASDAQ hat der Börsengang ein juristisches Nachspiel. Ein Investor aus dem US-Bundesstaat Maryland klagte den Börsenbetreiber wegen Nachlässigkeit. Er beantragte den Status einer Sammelklage aller Investoren, die wegen der technischen Schwierigkeiten Geld verloren hatten.
Die NASDAQ räumte ein, bei dem Börsengang Fehler gemacht zu haben. Investoren und Broker waren stundenlang im Unklaren über den Stand ihrer Kauf- und Verkaufsaufträge geblieben. Die Technologiebörse gestand auch ein, sie hätte den Börsengang abgeblasen, wenn ihr vorher das gesamte Ausmaß der technischen Probleme bewusst gewesen wäre.
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