Wortreiche Verteidigung
Am Mittwoch ist der parlamentarische Korruptions-U-Ausschuss mit einem neuen Kapitel, dem Polizeifunksystem Tetron, gestartet. Davor beschäftigte sich der Ausschuss rund eineinhalb Monate intensiv mit der Privatisierung der Bundeswohnungen in der Amtszeit des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser.
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Bei der 9,6-Millionen-Euro-Provision an Grassers Freunde und spätere Geschäftspartner Peter Hochegger und Walter Meischberger besteht Korruptionsverdacht, da die Provision für einen entscheidenden Tipp an den siegreichen Bieter über das Finanzierungslimit des Mitbewerbers geflossen ist. Bei den Befragungen zahlreicher Auskunftspersonen im U-Ausschuss durch die Abgeordneten wurden belastende Aussagen und Ermittlungsergebnisse gegen Grasser bekannt. Dieser weist weiterhin alle Vorwürfe zurück.
Die Justiz ermittelt seit Jahren gegen Grasser, Meischberger, Hochegger und den Immobilienmakler Ernst Karl Plech, damals BUWOG-Aufsichtsratspräsident. Alle weisen den Vorwurf von Amtsmissbrauch bzw. Beteiligung daran entschieden zurück. Die zentrale Person in der Affäre, Grasser, wurde dreimal im U-Ausschuss befragt. Dabei verteidigte sich Grasser jedes Mal wortreich, mit der Millionenprovision an seine Freunde Hochegger und Meischberger habe er nichts zu tun.
Mehr Infos als bekannt
Bei den Befragungen wurden jedoch belastende Fakten gegen Grasser bekannt: So wusste er offenbar viel mehr über Details aus dem geheimen Vergabeverfahren, als er bisher in der Öffentlichkeit eingestanden hatte. Schon bei der Öffnung der Angebote durch einen Notar war der Spitzenbeamte aus dem Finanzministerium, Heinrich Traumüller, anwesend, der anschließend Grasser informiert haben soll.
Grasser kannte also in der entscheidenden Phase des Bieterverfahrens das Finanzierungslimit des Mitbewerbers CA Immo, nämlich 960 Mio. Euro. Die Information, man solle über 960 Mio. Euro bieten, gab Meischberger an Hochegger, dieser gab den Tipp der Immofinanz - die mit ihrem knapp darüber liegenden Anbot von 961 Mio. Euro die Vergabe gewann. Meischberger bestreitet, den entscheidenden Tipp von Grasser bekommen zu haben - woher er ihn hatte, gab er auch den Abgeordneten nicht preis.
Wunsch nach Internationalität
Dass schon die Auswahl der begleitenden Investmentbank manipuliert worden sei, wie der Belastungszeuge Michael Ramprecht behauptet, wurde im U-Ausschuss von Zeugen untermauert. Der von Ramprecht angegebene plötzliche Schwenk von der CA-IB zu Lehman Brothers zwischen der vorletzten und der letzten Sitzung hat demnach stattgefunden. Auch dass Ramprecht damals in der letzten Sitzung den Wunsch Grassers nach „Internationalität“, also Lehman, kundtat, wurde belegt.
Die Rolle von Grassers Freund Karlheinz Muhr, der eine „Erfolgsprovision“ von Lehman in Höhe von 430.000 Euro erhalten hatte, wurde ebenfalls klarer: Muhr soll noch im Vergabeverfahren der konkurrierenden CA-IB mitgeteilt haben, dass das Ministerium Lehman auswählen werde, und Muhr soll der CA-IB eine Beteiligung am Lehman-Auftrag angeboten haben, wenn sie die Vergabe nicht anfechte und stillhalte.
Erlös halb so hoch wie geplant
Während Grasser immer wieder davon spricht, für die Republik und das Budget einen sehr guten Preis beim Verkauf der Bundeswohnungen erzielt zu haben, wurde laut Aussagen von Rechnungshof-Prüfern im U-Ausschuss das Erlöspotenzial bei der Privatisierung nicht genutzt. Ein Verkauf der einzelnen Teilgesellschaften hätte mehr Geld bringen können als das Gesamtpaket, hieß es, auch der Verzicht auf das Einweisungsrecht des Bundes wurde kritisiert. Laut einem mit der Vergabe befassten Anwalt wurden ursprünglich 1,8 Mrd. Euro Erlös erwartet - verkauft wurden die Wohnungen um die Hälfte.
Klareres Bild
Auch das Verhalten Grassers nach Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe im Herbst 2009 wurde klarer. So führte Grasser nicht nur - von der Justiz abgehörte - Telefonate mit Meischberger und gab diesem Tipps für seine Aussagen zu Provisionsgeschäften, sondern hatte offenbar auch zahlreiche Kontakte mit Meischbergers damaligem Anwalt Gerald Toifl und nahm an Besprechungen bei diesem teil.
Grasser und Toifl sollen gemeinsam zum Vermögensverwalter Norbert Wicki nach Zürich geflogen sein. Im U-Ausschuss zu diesen Kontakten befragt, entschlug sich Grasser der Aussage, da er sich selbst belasten könnte. Die Befragungen zur BUWOG-Affäre begannen am 17. April und sind nun vorerst abgeschlossen. Der U-Ausschuss möchte aber noch den Investmentbanker und Grasser-Freund Muhr als Auskunftsperson befragen. Der im Ausland lebende Muhr kam einer Ladung bisher nicht nach.
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