Russische Großmütter auf Platz zwei
Euphorie in Schweden: Die Sängerin Loreen hat in der Nacht auf Sonntag mit 372 Punkten für ihren Beitrag „Euphoria“ den Eurovision Song Contest für sich entschieden. Zweite wurden die russischen Pop-Großmütter Buranovskiye Babuschki mit 259 Punkten, mit 214 Punkten auf dem dritten Platz landete Serbien vertreten durch Zeljko Joksimovic und dem Song „Nije Ljubav Stvar“.
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Loreen war bereits zu Beginn des Wettbewerbs als eine der großen Favoriten gehandelt worden - von Wettbüros ebenso wie von Kommentatoren. Mit ihrer eigenwilligen, über weite Strecken im Dunkeln gehaltenen Performance in Videoästhetik überzeugte sie schließlich auch die Zuschauer. Auch von Österreich erhielt Schweden die Höchstzahl von zwölf Punkte.

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Die Schwedin Loreen überzeugte mit „Euphoria“
Der österreichische Beitrag „Woki mit deim Popo“ ist bereits im ersten Halbfinale ausgeschieden, der Auftakt der Liveübertragung des Finales erinnerte jedoch zumindest optisch leicht an die Show der Trackshittaz. Mit einer Mischung aus kaukasischer Folklore und modernen Tänzen wurde der Song Contest eröffnet. Außerhalb der extra für den Wettbewerb errichteten Crystal Hall wurde die Bucht der Stadt mit spektakulären Feuerwerken minutenlang taghell erleuchtet.
Viel Bodennebel, Feuerwerke von oben und unten
Moderiert wurde die Show einmal mehr von den bereits aus den Vorausscheidungen bekannten Präsentatoren, dem Vorjahressieger Eldar Gassimow, flankiert von Nargiz Berk-Petersen und Leyla Aliyeva. Die Inszenierung der Shows war wie jedes Jahr beherrscht von fulminanten Lichtshows, viel Bodennebel, Projektionen und Feuerwerksfontänen von oben und unten.
Zwischen den Beiträgen versuchte sich das zurzeit wegen seines Umgangs mit den Menschenrechten heftig kritisierte Aserbaidschan in ein positives Licht zu rücken: mit Hochglanzvideos von gut gelaunten Menschen, spektakulären Naturaufnahmen und Hinweisen auf die kulturelle Vielfalt des autoritär regierten Landes.

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Die Vorjahressieger Ell und Niki präsentierten ihren Gewinnersong zum Beginn der Show
Überraschend schlechtes Abschneiden für Briten
Den sängerischen Auftakt machte der britische Sänger Engelbert Humperdinck, der mit seiner Ballade „Love Will Set You Free“ seine 76-jährige Lebenserfahrung zum Thema Küssen im Mondlicht, Liebe und Schmerz zum Besten gab. Obwohl im Vorfeld bei den Buchmachern hoch im Kurs und auf dem fünften Platz gereiht reichte das überraschend dann doch nur für den 25. und vorletzten Rang.
Für Ungarn folgte als Nummer zwei die Band Compact Disco, die mit ihrem Soft-Rock-Song „Sound Of Our Hearts“ eine Mischung aus leichten Rockanklägen, Elektrosound und Ballade mit lyrischem Text zum Besten gab. Für eine gute Platzierung reichte auch das nicht - Compact Disco landeten knapp vor Humperdinck auf Platz 24.
Stimmgewaltige Dreadlock-Cruella-de-Vil
Noch bevor danach die albanische Sängerin Rona Nishliu ihre gewaltige Stimme erhob, beeindruckte ihre Dreadlock-Turmfrisur und das Science-Fiction-Cruella-de-Vil-Outfit. Nicht weniger auffällig präsentierte sie ihren durchdringenden Song „Suus“, ein traditionell-südalbanisches Klagelied. Ihre Performance blieb anscheinend im Gedächtnis - die Albanerin durfte sich über den fünften Platz freuen.

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Donny Montell, nachdem er sich seine Augenbinde heruntergerissen hat
Für Litauen ging Donny Montell an den Start, der den Anfang seines Liedes „Love Is Blind“ mit verbundenen Augen und einer statischen Performance illustrierte. Später (ohne die schwarze Glitzeraugenbinde) lieferte er Tanzeinlagen a la „Flashdance“ und „Footloose“ (Platz 14). Maya Sar aus Bosnien-Herzegowina präsentierte hingegen mit viel weniger Bewegung die Ballade „Korake Ti Znam“ einen klassischen Song-Contest-Beitrag, ohne jedoch den für Chancen auf den Sieg notwendigen Ohrwurmfaktor. So reichte es gerade für den 18. Platz.
Heimatklischees aus Russland und Island
Für viele galten die Pop-Großmütter Buranowskije Babuschki aus Russland mit ihren Trachten und den Bastschuhen im Vorfeld als Favoriten. Das allerdings weniger wegen ihrer Sangeskünste und dem in teils unverständlichem Udmurtisch vorgetragenen Song „Party For Everybody“, sondern eher aufgrund des Kultstatus’ den die sechs alten Damen mittlerweile genießen. Damit landeten die Damen mit 259 Punkten auf Platz zwei.
Auf Heimatlandklischees (Gletscherbilder und Nordlichtillusionen) setzten auch die Isländer Greta Salome und Jonsi mit ihrem mystischen Popsong „Never Forget“ - vergeblich allerdings, konnten sie sich doch trotz guter Wettquoten nur den 20. Platz sichern.

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Die russischen Sängerinnen mit „Party For Everybody“
Lustiger ging es bei der zypriotischen Sängerin Ivi Adamou zu, die mit fünf Tänzerinnen in Nude-farbige kurze Kleidchen gewandet das Discolied „La La Love“ zum Besten gab (Platz 16). Statt von jungen Frauen ließ sich die französische Sängerin Anggun bei ihrer Rock-Retro-Pop-Nummer „Echo (You And I)“ von einer Gruppe akrobatischer Turner unterstützen. Genutzt hat das nicht viel - die gebürtige Indonesierin erreichte nur Rang 22.
Amy-Winehouse-Double für Italien
Mit der Startnummer zehn ging Nina Zilli für Italien ins Rennen. Bei ihrem Beitrag „L’Amore E Femmina (Out Of Love)“ erinnerte nicht nur das Aussehen der Künstlerin an die verstorbene Sängerin Amy Winehouse, sondern auch der im 60er-Jahre-Motown-Stil komponierte Song (Platz neun).
Nachwuchstenor Ott Lepland aus Estland klammerte sich während seiner schwermütigen aber eingängigen Ballade „Kuula“ die meiste Zeit ängstlich am Mikro fest. Dass die Unsicherheit völlig umsonst war, zeigte das Voting, das Lepland auf Platz sechs katapultierte. Verwegener, im Kapuzenpulli und mit Straßengang-Choreographie präsentierte sich der Norweger Tooji. Nicht nur optisch erinnerte er an den Schweden Eric Saade, der 2011 beim Song Contest antrat. Sein Song „Stay“, der ihn mit nur sieben Punkten zum klaren Verlierer machte, klang auch verdächtig nach Saades „Popular“, der in Düsseldorf immerhin auf dem dritten Platz landete.
Gastgeberbeitrag im vorderen Drittel
An den Siegerbeitrag vom letzten Jahr versuchte die Aserbaidschanerin Sabina Babajewa in ihrem Heimatland mit ihrer Soul-Ballade „When The Music Dies“ anzuschließen. Tatsächlich konnte die Sängerin mit 150 Punkten dem Gastgeber den vierten Rang sichern. Auf ihre bedeutungsschwangere langsame Nummer folgte wieder Schnelleres: Für Rumänien präsentierte die Band Mandiga auf Spanisch und Englisch gesungen und mit Dudelsackklängen untermalt den Latino-Popsong „Zaleihlah“ (Platz zwölf).
Für Dänemark trat Soluna Samay mit dem gitarrenlastigen Song „Should’ve Known Better“ an, einer Powermädels-Hymne, die gut zu den Cowboystiefeln passt, die Samay im offiziellen Eurovision-Video trägt, aber auch zum Sgt.-Pepper’s-Sakko auf der Bühne. Die Tochter eines deutschen Straßenmusikanten zählte zu den überraschenden Verlieren des Abends. Statt locker unter die Top Ten zu kommen wie ihr im Vorfeld prophezeit wurde, wurde es nur der 23. Platz.
Wenig subtile Poperotik aus Griechenland
Die Griechen schickten die hübsche Eleftheria Eleftheriou mit sexy Tänzerinnen ins Rennen und ließen sie den eingängigen Party-Popsong mit dem leicht erotisierenden Titel „Aphrodisiac“ performen (Platz 17).
Nach der schwedischen Gewinnerin Loreen und ihrem düsteren Auftritt zum Disco-Kracher „Euphoria“ folgten die türkischen Teilnehmer Can Bonomo, die die Performance zu ihrem Pop-Jazz-Ethno-Song „Love Me Back“ ebenfalls leicht finster mit Feldermausumhängen unterstrichen (Platz sieben).
Treuherzige Augen und biedere Performance
Pastora Soler ist in ihrem Heimatland ein Superstar - mit „Quedate Conmigo (Stay With Me)“ versuchte die Spanierin nach 43 Jahren mit einem Mix aus spanischer Volksmusik und Pop den Sieg nach Hause zu tragen (geworden ist es immerhin der zehnte Platz). Selbiges versuchte Lena-Nachfolger Roman Lob für das 2010-Gewinnerland Deutschland. Mit biederer Performance, treuherzigen Augen und der Ballade „Standing Still“ konnte er sich auf den achten Rang singen.
Schneller wurde es danach wieder mit dem Beitrag aus Malta. Gesungen vom ehemaligen Chorknaben Kurt Calleja, der bereits vor Papst Johannes Paul II. aufgetreten ist. Sein Dance-Titel brachte zwar Energie und Bewegung auf die Bühne, gehört aber zur Kategorie „schnell vergessen“ - dementsprechend war der 21. Platz keine große Überraschung. In ihrem Heimatland ebenfalls ein Star ist die Sängerin Kaliopi aus Mazedonien, die mit der Startnummer 22 ihre rockige Ballade „Crno I Belo“ präsentierte (Platz 13).
Jedward mit nach vorne gebügelten Frisuren
Für Irland traten alte Bekannte in Baku an: Die Jedward-Zwillinge waren auch 2011 in Düsseldorf am Start und präsentierten sich heuer mit niedergebügelten Iro-Frisuren. Sie sprangen zu ihrem betont fröhlichen Song „Waterline“ wie aufgezogen über die Bühne und durch Wasserfontänen aus einer Art vergrößertem Zimmerbrunnen. Dennoch war den stimmlich bescheidenen Iren nach Platz acht im Vorjahr in Düsseldorf nur Rang 19 beschieden.
Ebenfalls zum zweiten Mal auf einer Song-Contest-Bühne stand der Serbe Zeljko Joksimovic. Er wurde 2004 Zweiter und präsentierte heuer den Beitrag „Nije Ljubav“ was ihm mit dem dritten Platz erneut eine Topreihung einbrachte.
Als Fußball-EM-Song ginge der ukrainische Beitrag „Be My Guest“ problemlos durch, beim Song Contest konnte die Sängerin Gaitana mit dem Partysong nicht unbedingt überzeugen - trotz zahlreicher Hintergrundtänzer, die per Videowall in die Crystal Hall projiziert wurden (Platz 15). Als Letzter versuchte schließlich der Moldawier Pasha Parfeny mit einer fetzigen Nummer - irgendwo zwischen Balkan-Pop, Straßen-Swing und Partyhit -, eingängig und groovend die Stimmen der Zuschauer zu erobern. Zum Teil schien ihm das auch gelungen zu sein (Platz elf).
Österreicher im Halbfinale auf dem letzten Platz
Nach dem großen Finale veröffentlichte der Veranstalter EBU (European Broadcasting Union) die detaillierten Ergebnisse der Semifinali. Österreich belegte demnach den 18. und letzten Platz. Die Trackshittaz mussten sich mit mageren acht Punkten geschlagen geben.
Ganze fünf sind dem Nachbarland Schweiz zu verdanken, zwei Belgien und ein Punkt dem fernen Island. Der vorletzte Platz, den Belgiens Vertreterin Iris mit „Would You?“ belegte, erhielt mit 16 Punkten immerhin schon doppelt so viele wie die Mühlviertler Rapper. Platz eins im ersten Halbfinale ging an Russland. Die Seniorentruppe Buranovskiye Babuschki kam mit „Party For Everybody“ auf 152 Punkte.
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