Zahl der betroffenen Banken unklar
Die Europäische Zentralbank (EZB) refinanziert mehrere angeschlagene griechische Banken nicht mehr. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch in europäischen Notenbankkreisen. Da es bisher keine erfolgreiche Rekapitalisierung dieser Banken gebe, seien die entsprechenden Operationen eingestellt worden, sagte ein Insider - die EZB bestätigte Mittwochabend die Gerüchte.
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Man verweise angeschlagene griechische Banken an die Notfallkredite der griechischen Notenbank, hieß es von der Zentralbank. Den Instituten werde erlaubt, ihre Rekapitalisierung sicherzustellen, hieß es in einer EZB-Mitteilung von Mittwoch. Dieser Prozess dürfte bald abgeschlossen sein, so die Währungshüter weiter. Hinter der verklausulierten Notenbanksprache verbirgt sich jedoch die Bestätigung von Gerüchten, die den ganzen Nachmittag über schon auf dem Markt kursierten und die dem im Chaos zu versinken drohenden Krisenstaat gerade noch fehlt.
Kleinere Institute betroffen
Demnach sind seit dem griechischen Schuldenschnitt einige Banken des Landes de facto von den Refinanzierungsgeschäften abgeschnitten, die die EZB anbietet. Wie die Nachrichtenagentur Market News International (MNI) berichtete, handelt es sich dabei um kleinere Institute, die keine ausreichenden Sicherheiten mehr aufbringen können, um sie bei der EZB als Pfand für Zentralbankgeld zu hinterlegen. Damit kann die EZB sie nach ihren eigenen Statuten nicht mehr mit Liquidität versorgen.
Ihnen bleibt nur die ELA (Emergency Liquidity Assistance), ein absolutes Notfallinstrument, über das nationale Notenbanken der Euro-Zone ihren Finanzsektor mit Krediten versorgen können. Die Ansprüche an die Sicherheiten dafür sind noch wesentlich lockerer als bei der EZB.
73 Mrd. für Banken
Aus dem Umfeld der EZB hieß es, sollte die Rekapitalisierung der Banken erfolgreich verlaufen, könnten diese auch wieder an den Standardoperationen der EZB teilnehmen. Nach den aktuellsten verfügbaren Daten der Bank von Griechenland stellte die EZB allen griechischen Banken per Ende Jänner rund 73 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Nothilfe durch die nationale Zentralbank belief sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf 54 Milliarden Euro. Sie dürfte nun weiter steigen.
Auf dem Finanzmarkt schlug die Nachricht ein wie eine Bombe: Der Euro gab kurzfristig um bis zu einen halben Cent nach, erholte sich dann aber wieder. Nach zwei schwachen Tagen hat sich der DAX am Mittwoch etwas stabilisiert. Der Londoner Aktienmarkt ging mit Kursverlusten aus dem Handel. Der Aktienmarkt Wien schloss bei hohem Volumen knapp behauptet. Die New Yorker Aktienbörsen schlossen einheitlich schwächer und setzten damit ihre verlustreiche Woche fort. Der Dow Jones Industrial Index verlor leicht, er gab 33,45 Einheiten oder 0,26 Prozent auf 12.598,55 Zähler ab. Der 500 ausgewählte US-Unternehmen fassende S&P-500 Index ermäßigte sich um 5,86 Punkte (minus 0,44 Prozent) auf 1.324,80 Zähler.
Draghi hält an Euro-Verbleib fest
EZB-Präsident Mario Draghi äußerte sich am Mittwoch nicht zu den Vorgängen. Bei einer Veranstaltung zu Ehren des Ende Mai aus dem Amt scheidenden EZB-Direktors Jose Manuel Gonzalez-Paramo machte er aber deutlich, dass die Währungshüter die Griechen nicht einfach fallen lassen werden: „Ich will klarmachen, dass wir es sehr stark bevorzugen würden, wenn Griechenland weiterhin in der Euro-Zone bleibt. Da der Vertrag keinen Ausstieg (aus dem Euro) vorsieht, ist es aber nicht an der EZB, darüber zu entscheiden.“ Der Chef der belgischen Zentralbank, Luc Coene, hatte jüngst in einem Medienbericht einen Austritt Athens als „Scheidung in Freundschaft“ ins Spiel gebracht.
Mit Blick auf die Schuldenkrise in Europa lobte Draghi die „bedeutsamen und schwierigen Reformen“ der Regierungen in der Euro-Zone. Diese zeigten bereits Erfolge, sagte er. Zugleich appellierte Draghi an die Euro-Länder, ihre Anstrengungen im Kampf gegen die Schuldenkrise fortzusetzen.
Griechen schaffen Geld ins Ausland
Im Land selbst wächst offenbar die Angst vor einem Austritt aus der Euro-Zone. Immer mehr Bürger heben ihr Geld von den Banken ab, um ihre Ersparnisse zu retten. Pro Banktag werden derzeit zwischen 700 und 900 Millionen Euro behoben, Tendenz steigend. Präsident Karolos Papoulias äußerte die Sorge, dass es zu einem Ansturm auf die Bankschalter kommen könnte. Das ging am Mittwoch aus Protokollen der Verhandlungen hervor, die er zuletzt mit den Parteichefs über eine Regierungsbildung führte.
Sollte die künftige Regierung etwa die Drachme wieder einführen, würde ein rapider Wertverlust der Bankeinlagen drohen. Die Griechen ziehen seit Jahren zwar kontinuierlich Geld aus den Kreditinstituten ab. Schlangen vor den Bankschaltern in Athen waren bisher aber nicht zu sehen.
Droht Pleite noch vor Neuwahl?
Unterdessen tauchten Gerüchte auf, wonach Griechenland noch vor dem Neuwahltermin am 17. Juni das Geld ausgehen könnte: Die deutsche „Welt“ berichtete am Mittwoch unter Berufung auf Aussagen Papoulias’, dass das Land nur noch bis 10. Juni fähig sein werde, Gehälter und Pensionen zu bezahlen. Die Auszahlung von Sozialhilfe ist bereits seit Anfang April gestoppt. Schuld daran sei einerseits, dass die EU von der jüngsten Tranche der Notkredite eine Milliarde Euro zurückgehalten hatte, weil sie mit dem griechischen Wahlergebnis unzufrieden war. Zum anderen seien die Steuereinnahmen aufgrund der anhaltenden Rezession weiter abgestürzt.
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