Themenüberblick

Sonderregeln für Briten

Die EU-Staaten wollen die Banken in Krisenzeiten zu einer höheren Absicherung gegen Verluste zwingen können. Die EU-Finanzminister einigten sich am Dienstag in Brüssel auf die Möglichkeit zusätzlicher Kapitalpuffer über die neuen weltweiten Eigenkapitalanforderungen hinaus.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die Zustimmung fiel einstimmig aus, die neuen Regeln sollen künftig für die 8.300 Banken und Kreditinstitute in der EU gelten. Das sagte die dänische Wirtschaftsministerin Margrethe Vestager, die derzeit die Treffen leitet, nach der Debatte. Die strengeren Kapitalregeln sollen Anfang 2013 in Kraft treten.

Monatelanges Tauziehen

Die EU-Staaten erreichten den Kompromiss erst nach einem monatelangen Tauziehen. Insbesondere Großbritannien mit dem Finanzplatz London hatte bis zuletzt Änderungswünsche angemeldet. Die britische Regierung verlangte mehr Spielraum für nationale Aufseher und will deutlich höhere Kapitalpuffer für seine Geldhäuser als in den Basel-III-Regeln festsetzen. Der britische Schatzkanzler George Osborne unterstützte den Kompromiss, nachdem er eine einmütige Haltung der Finanzminister bei der vorangegangenen Sitzung Anfang Mai noch verhindert hatte.

Großbritannien und Schweden hatten die Optionen zu nationalen Aufschlägen auf die globalen Standards durchgesetzt. Sie wollen aufziehende Krisen im Bankensektor damit besser verhindern. Deutschland, Frankreich und viele andere Staaten hatten sich zunächst gegen nationale Abweichungen gewehrt. Der Grund war die Sorge, dass auf dem stark verflochtenen europäischen Bankenmarkt Alleingänge eines Landes zu Nachteilen für Wirtschaft und Banken in anderen Staaten führen können. Das soll nun durch Kontrollen auf europäischer Ebene verhindert werden.

Kernkapital soll stark erhöht werden

Der weltweite Standard der Basel-III-Regeln verlangt von den Banken, bis 2019 die harte Kernkapitalquote von zwei auf sieben Prozent zu erhöhen. Das bedeutet, dass eigene Aktien oder Gewinne in Höhe von sieben Prozent der offenen Forderungen als Absicherung gegen Verluste vorzuhalten sind. Über diese Quote hinaus können die nationalen Bankenaufseher bei einem drohenden Crash im Bankensektor ihres Landes den Geldhäusern zeitlich unbefristet einen „systemischen Risikopuffer“ abverlangen.

Bis zu drei Prozentpunkte zusätzlich können die nationalen Aufseher weitgehend auf eigene Faust verhängen. Sie müssen die EU-Kommission, die Europäische Bankenaufsicht (EBA) und den Risikorat der Zentralbanken (ESRB) informieren. Wenn sich der Aufschlag nicht nur auf Forderungen der Banken im jeweiligen Inland, sondern auch auf solche im EU-Ausland bezieht, muss außerdem die Aufsicht anderer Länder informiert werden. Ein zunächst diskutiertes Schiedsverfahren für den Fall von Einwänden bei der EBA wurde gestrichen.

Katalog an Maßnahmen

Auf inländische Forderungen der Banken kann unbefristet ein Extrapuffer von bis zu fünf Prozent verhängt werden. Die nationale Aufsicht muss dann nicht nur informieren, sondern auch eine Stellungnahme der EU-Kommission und des ESRB abwarten. Sollten diese nicht einverstanden sein, kann der Mitgliedsstaat die höhere Quote verhängen, muss sich dafür aber rechtfertigen. Eine zusätzliche Quote von mehr als fünf Prozent auf Inlandsforderungen braucht die Zustimmung der EU-Kommission.

Als zweite Variante zusätzlicher Eingriffe der nationalen Bankenaufsicht legten die EU-Staaten einen Katalog von Maßnahmen fest, die für zwei Jahre befristet verhängt werden können. Das ist für Situationen wie eine Immobilienpreisblase gedacht. Das wäre eine vorübergehende schwere Störung, die über den Bankensektor hinaus auf die gesamte Wirtschaft ausstrahlen kann. In dem Fall kann die harte Kernkapitalquote für zwei Jahre angehoben werden - ein Limit gibt es dafür nicht. Sollten die EU-Kommission, die EBA oder der Risikorat ESRB Einwände haben, müsste der Finanzministerrat entscheiden.

Europaparlament will höheren Puffer

Die 27 Mitgliedsstaaten haben nun eine gemeinsame Position für die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über das Gesetzespaket. Nach der Einigung im Rat muss nämlich noch ein Kompromiss mit dem Europaparlament - das teilweise noch höhere Kapitalpuffer verlangt - ausgehandelt werden. Das soll in den nächsten Monaten erfolgen. Die EU-Abgeordneten fordern unter anderem, in die Gesetzgebung Regeln zu einer stärkeren Begrenzung von Bonuszahlungen aufzunehmen und Erleichterungen bei der Absicherung von Krediten an kleine Unternehmen.

Links: