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„Desaster selbstverschuldet“

Die größte US-Großbank JPMorgan Chase hat sich mit einer fehlgeschlagenen Handelsstrategie verzockt und zwei Milliarden Dollar in den Sand gesetzt. Seit Ende März habe es „signifikante Buchverluste“ im synthetischen Kreditportfolio in Bereich Chief Investments gegeben, erklärte das Institut am Donnerstagabend in einer überraschenden Mitteilung an die Börsenaufsicht.

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Bankenchef Jamie Dimon sah sich gezwungen, sich persönlich an Anleger und Analysten zu wenden. In einer eilends einberufenen Telefonkonferenz mit Aktienspezialisten erklärte Dimon, das Desaster sei selbstverschuldet. Der Bankenchef sprach von „ungeheuerlichen Fehlern“, die begangen worden seien. Die Prinzipien seines Hauses seien verletzt worden. Die Sparte Corporate und Private Equity werde im zweiten Quartal daher wohl einen Verlust von 800 Millionen Dollar ausweisen.

„Wir werden das lösen“, versicherte Dimon. Er lehnte es mehrmals ab, die Details der problematischen Finanzwetten offenzulegen. Der Bankchef musste aber einräumen: „Es kann noch schlimmer werden.“ Denn die Finanzwetten laufen weiter. Die Bank will nicht überhastet aus den Geschäften aussteigen und damit noch größere Verluste riskieren.

Langfristige Auswirkungen erwartet

Das Desaster werde aber auch noch in den folgenden Quartalen Spuren hinterlassen. „Dieser Handel hat nicht die ‚Volcker Rule‘ verletzt, aber das Dimon-Prinzip“, sagte der Bankchef. Der Bankchef ist einer der lautesten Kritiker einer starken Bankenregulierung. Das konnte er sich leisten, weil er sein Haus beinahe ohne Blessuren durch die Finanzkrise gesteuert hatte.

Für Bankenkritiker wie den demokratischen US-Senator Carl Levin war der Milliardenverlust eine Steilvorlage: Das sei eine „starke Erinnerung“ daran, dass eine strenge Bankenregulierung nötig sei, erklärte Levin noch am Abend. Er hatte eine wichtige Rolle bei der Aufarbeitung der Finanzkrise im US-Kongress gespielt. Es müsse sichergestellt werden, dass der Steuerzahler nicht mehr „für derart risikoreiche Wetten geradestehen muss“, forderte Levin.

Bereits vor ein paar Wochen war Kritik an den Spekulationen von JPMorgan Chase hochgekocht. Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg und das „Wall Street Journal“ hatten berichtet, dass ein Londoner Händler der Bank derart große Geschäfte tätige, dass der ganze Markt davon bewegt würde. Der Händler bekam den Spitznamen „Wal von London“ verpasst. Bankchef Dimon hatte damals von einem „Sturm im Wasserglas“ gesprochen.

Belastung für den ganzen Markt

Die milliardenschweren Fehlspekulationen bei der US-Bank JPMorgan Chase haben die Finanzmärkte in Aufruhr versetzt. Nachdem die Bank den Verlust einräumen musste, gingen die Bankaktien auf der ganzen Welt am Freitag nur noch in eine Richtung: nach unten.

Für die amerikanischen Häuser Goldman Sachs und Citigroup ging es nach Börseneröffnung in New York um 4,4 Prozent nach unten, die Bank of America verlor 2,9 Prozent. Am schlimmsten traf es JPMorgan selbst - der Kurs brach um acht Prozent ein.

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