Bezahlung nur eines von vielen Themen
Vier Jahre nach dem entsprechenden Versprechen im Regierungsübereinkommen 2008 und 54 Jahre nach einem „provisorischen“ Lehrerdienstrecht, das bis heute gilt, will die Regierungskoalition ein neues Lehrerdienstrecht erarbeiten. Im Folgenden die Eckpunkte der geplanten Reform, über die sich die Regierung mit den Lehrervertretern einigen will:
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Aufgabenprofil: Lehrerarbeit soll neu definiert und um jene Einsatzbereiche erweitert werden, die neben Unterricht, Vor- und Nachbereitung zu den Aufgaben gehören (Elternarbeit, Schulentwicklung, Team-Teaching, Mentoring etc.). Gleichzeitig sollen Lehrer durch Unterstützungspersonal (Schulsozialarbeiter, Psychologen etc.) entlastet werden.
Derzeit werden unter Lehrerarbeit vor allem Unterricht, der laut einer Lehrerbefragung nur rund ein Drittel des Jobs ausmacht, sowie Vor- und Nachbereitung verstanden. Dazu kommen Zusatzaufgaben außerhalb des Unterrichts wie Teamarbeit, Schüleraufsicht und administrative Aufgaben. Darüber hinausgehende Tätigkeiten werden über rund 70 verschiedene Zulagen abgegolten.
Arbeitszeit: Die Regierung will, dass die Lehrer künftig mehr Zeit mit den Schülern verbringen, im Raum steht die Forderung von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP), dass neue Lehrer sechs Stunden länger arbeiten, aber nur vier davon bezahlt bekommen. Als „pädagogische FachexpertInnen“ sollen sie „überwiegend in ihrem Kernbereich eingesetzt“ werden. Außerdem soll für Bundeslehrer wie Pflichtschullehrer ein Jahresarbeitszeitmodell gelten.
Aktuell gibt es zwei Arbeitszeitmodelle: Landeslehrer haben eine Normarbeitszeit von 1.776 Stunden pro Jahr, die auf verschiedene „Töpfe“ (Unterricht, Vor- und Nachbereitung, sonstige Tätigkeiten) aufgeteilt ist. Bei Bundeslehrern ist nur die Wochenarbeitszeit definiert (je nach Fach 18 bis 22 Stunden). Dazu kommt die nicht in Stunden angegebene Vor- und Nachbereitung des Unterrichts.
Bezahlung: Die Einstiegsgehälter sollen deutlich angehoben werden, um den Beruf attraktiver zu machen, dafür die Gehaltskurve abgeflacht werden. Das Einkommen soll künftig außerdem an die Funktionen angepasst werden, die die Lehrer übernehmen. Derzeit verdienen Landeslehrer, die an den Pädagogischen Hochschulen (PH) ausgebildet werden, rund 15 Prozent weniger als die Bundeslehrer mit Universitätsabschluss.
Die Einstiegsgehälter liegen im OECD-Vergleich leicht über dem Durchschnitt (Landeslehrer rund 2.100, Bundeslehrer rund 2.200 Euro), alle zwei Jahre rücken die Pädagogen um eine Gehaltsstufe nach oben. Bis zum Ende der Laufbahn ist das Einkommen mehr als doppelt so hoch als beim Berufseinstieg und liegt damit deutlich über dem OECD-Schnitt.
Arbeitsplatz: Lehrer sollen künftig - nicht zuletzt wegen des geplanten Ausbaus ganztägiger Schulformen - mehr Zeit an den Schulen verbringen. Die Regierung hat gleichzeitig die Schaffung adäquater Arbeitsräume versprochen. Derzeit müssen Lehrer nur dann an der Schule sein, wenn sie unterrichten bzw. die Schüler beaufsichtigen. Wo und wann sie Vor-und Nachbereitung des Unterrichts erledigen, ist nicht genau geregelt. Regierung und Gewerkschaft sind sich einig, dass mehr Anwesenheit der Lehrer bessere Ausstattung der Schulen voraussetzt.
Schulpersonal: An großen Schulstandorten mit mehr als 100 Lehrern soll künftig ein mittleres Management eingerichtet werden. Außerdem soll vor dem Hintergrund, dass Lehrer immer mehr mit sozialen Problemen der Schüler konfrontiert sind, verstärkt Unterstützungspersonal eingesetzt werden. Auch in der Administration soll es mehr Hilfspersonal geben.
Laut der OECD-Lehrerstudie TALIS bekommen Pädagogen in Österreich nur sehr wenig Unterstützung. Für 29 Lehrer gibt es eine „pädagogisch-unterstützende Kraft“ (Beratungslehrer, Psychologe etc.), pro 25 Lehrer eine „administrative Kraft“ (Administrator, Sekretärin etc.). Im Schnitt der 23 untersuchten Ländern gibt es doppelt bzw. fast dreimal so viel Unterstützungspersonal.
Ein-, Um- und Ausstieg: Quereinsteigern soll der Lehrerberuf - auch angesichts des Personalmangels - schmackhafter gemacht werden. Außerdem soll es für Lehrer mehr Möglichkeiten zum Umstieg in andere Schultypen und in die Privatwirtschaft geben.
Derzeit werden Interessenten aus der Privatwirtschaft beim Wechsel in den Lehrberuf maximal 1,5 Jahre Berufserfahrung angerechnet. Der Mangel an Um- und Ausstiegsmöglichkeiten für Pädagogen, die nicht mehr in der Schule unterrichten können oder wollen, gilt als Erklärung für die vielen Burn-Out-Fälle im Schulbereich. Die neue Pädagogenausbildung soll einen unkomplizierten Wechsel in andere Schultypen ermöglichen.
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