Schulmädchenpopstars als Männeridole
Was Britney Spears Anfang der 2000er Jahre alleine erledigt hat, macht ihr in Japan eine 92-köpfige Girlband nach - mit viel Erfolg: Sie singen und tanzen in Schuluniformen zu zuckersüßer Popmusik und stürmen damit die Charts. Fünf Nummer-eins-Hits waren es alleine 2011. Die Röcke sind kurz, die Texte manchmal zweideutig und die Zielgruppe der omnipräsenten Band AKB48 ist großteils männlich.
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Wie das „Wall Street Journal“ („WSJ“) berichtete, steckt hinter der Retortenband ein Mann: Yasushi Akimoto. Der 55-Jährige ist nicht nur Produzent und Erfinder von AKB48, sondern auch für die Texte der Songs verantwortlich. Er sieht sich selbst als eine Art Architekt. „Ich überlege, welche Farbe die Wände und welche Form die Fenster haben könnten.“ Natürlich würde er von verschiedenen Experten unterstützt, aber sämtliche wichtigen Entscheidungen lägen bei ihm, so Akimoto.
Es war auch seine Idee, eine derart große Gruppe von Mädchen zu casten, die in vier Teams aufgeteilt ein riesiges Pensum an Auftritten, Plattenaufnahmen, Werbeverträgen und Promotiontouren parallel abarbeiten können. Ein Konzept das aufgegangen ist: Die letzten drei Hits der Band verkauften alleine am ersten Tag über eine Million CDs, in Summe wurden mit dem Verkauf der Tonträger 2011 rund 215 Millionen Dollar eingenommen.
Werbeträger mit Erfolgsgarantie
Aber auch die Werbepartner der Band jubeln: Ein AKB48-BH der japanischen Unterwäschefirma Peach John sei innerhalb weniger Tage ausverkauft gewesen, erklärte ein Firmensprecher. Auch der Verkauf eines Kaffees aus der Dose, der von einigen Bandmitgliedern beworben wurde, sei innerhalb eines halben Jahres um sieben Prozent angestiegen.
Doch das Geheimnis des Erfolgs sei nicht Perfektion, so Akimoto gegenüber dem „WSJ“. Vielmehr das Gegenteil: „AKB48 ist unfertig. Andere Gruppen werden der Öffentlichkeit erst nach zahlreichen Proben und Vorsingen präsentiert, aber AKB48 sind ungeschliffen“, so der Texter, Produzent und Mastermind hinter der Band. „Fans können die Entwicklung beobachten.“
Erwachsene Männer finden die Sängerinnen „süß“
Auch die Zielgruppe für eine Girlband ist in Japan breiter als in Europa. „Buben mögen sie, weil sie die Sängerinnen süß finden. Erwachsene Männer finden sie niedlich und denken dabei an ihre kleinen Schwestern oder Töchter“, erklärte Akimoto. Tatsächlich waren es zu Beginn vornehmlich Männer, die dem Charme von AKB48 verfielen, ein Publikum, das von den Produzenten auch ziemlich auffällig bedient wird. Die Mädchen singen und tanzen in knappen Schuluniformen oder gleich nur mit Bikini bekleidet zu Liedern mit teilweise zweideutigen Texten.
AKB48 ist zudem eine Gruppe, der man leicht nahe kommen kann, ohne dafür lange auf Konzerttermine warten zu müssen. Denn fast täglich tritt eines der Teams in einem eigenem Theater in Tokio auf. Der Erfolg von AKB48 war von Beginn an so durchschlagend, dass Akimoto mittlerweile mit „Schwestergruppen“ in anderen japanischen Städten das Konzept ausgeweitet hat. Auch den Ablegerbands SKE48 und NMB48 aus Osaka und Nagoya gelang es mittlerweile, ihre Singles an die Chartspitze zu katapultieren.
Expansion quer durch Asien
Japan ist dem Musikmanager aber längst nicht mehr genug: AKB48-Themencafes und -geschäfte existieren bereits in Singapur, Hongkong und Schanghai. In Indonesien probt bereits JKT48, weitere Gruppen sind in Taiwan, Thailand, Vietnam und China geplant - und auch einen Transfer des Konzepts in die USA schließt Akimoto nicht aus.
Was in Asien jedoch einen wesentlichen Teil des Erfolgs ausmacht, könnte in den USA und auch Europa das größte Hindernis für das Durchstarten mit den Riesenbands sein: Die Größe der Bands macht ihre Mitglieder austauschbar, Gleichschaltung ist das Konzept - ein Modell, das außerhalb Asiens wohl kaum einen derartigen Hype erzeugen kann.
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