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Kontroversielles Projekt in Österreich

2.888 Kilometer legt die Donau vom deutschen Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer zurück. Bis auf wenige Teilstücke ist vom früheren wilden Fluss wenig zu sehen. Der Großteil ist begradigt. In Deutschland und Österreich erfolgten die großen Regulierungen schon vor über 100 Jahren. Nun gibt es Pläne, die Donau in Kroatien und Serbien zu zähmen und in gerade Bahnen zu lenken.

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In Österreich und Deutschland gab es in den 50er Jahren mit dem Bau von Wasserkraftwerken die größten Eingriffe in den Donau-Verlauf. Bis auf das bayrische Teilstück zwischen Straubing und Vilshofen, die Wachau in Österreich und die Donau östlich von Wien gibt es überall Stauketten, erklärt Arno Mohl, Flussexperte des WWF Österreich, gegenüber ORF.at.

Seit mehreren Jahren gilt das Stück Straubing - Vilshofen als Engpass für die Schifffahrt. Pläne für den Ausbau blieben bisher unrealisiert. Ein geplantes Wasserkraftwerk in Hainburg verhinderten Umweltschützer. Das gerettete Augebiet wurde Mitte der 90er Jahre im Naturpark Donau-Auen geschützt.

Nationalpark Donau-Auen bei Hainburg

picturedesk.com/Caro

Blick auf den Nationalpark Donau-Auen bei Hainburg in Niederösterreich

Probleme für Grund- und Hochwasser

Hochwasserschutz war das Argument für die Regulierungen in den 60er und 70er Jahren. Bewirkt hat das wenig: „Der Ausbau hat die Hochwassersituation eher verschärft“, sagte Mohl. Derzeit werde daher wieder zurückgebaut und renaturiert.

Als zusätzliche Schwierigkeit durch die Regulierung bezeichnet der Experte die Auswirkungen auf das Grund- und Trinkwasser in der Region: „Mit sinkendem Wasserpegel des Flusses reduziert sich auch der Grundwasserspiegel in der Umgebung. Das wirkt sich auf die Wälder und die Landwirtschaft aus.“ Diese ökonomischen Folgen würden selten bei den Überlegungen berücksichtigt.

Wer profitiert vom Donau-Ausbau?

Kroatien und Serbien seien aber gerade dabei, diese Fehler zu wiederholen. Der Druck der in Kroatien traditionell mächtigen Wasserbaulobby, die Donau zu begradigen, sei enorm groß, erklärt Mohl. Offiziell wird eine Verbesserung für die Schifffahrt als Argument geführt. Doch der Flussexperte vermutet viel eher, dass die Investitionen und damit verbundenen Profite im Vordergrund stehen.

Für Aufregung unter Umweltschutzorganisationen sorgte eine vom kroatischen Umweltministerium in Auftrag gegebene Studie zu den ökologischen Auswirkungen. Die Untersuchung kam zu dem Schluss, dass die Kanalisierung der Donau in diesem Bereich „keine bedeutenden Konsequenzen auf die Umwelt habe“. Es sei daher als „akzeptabel“ zu bewerten. Für die NGOs ein Affront mit „niedriger Qualität“, führte doch dieselbe Firma die Studie durch, die auch das Ausbauprojekt der Donau entwickelte.

500 Quadratkilometer Augebiet

Von den Plänen betroffen ist ein 200 Kilometer langes Teilstück der Donau, das längste, zusammenhängende Gebiet in dem die Donau noch frei mäandern kann, Ufer abtragen und Inseln bilden kann. Das gesamte Augebiet mit riesigen Auwäldern umfasst 500 Quadratkilometer. Da ist auch der Naturpark „Kopacki rit“ integriert, der vom Umweltministerium eigentlich als schützenswert angesehen wird.

Er soll auch Teil des geplanten, grenzübergreifenden Biosphärenreservats Mur-Drau-Donau, an dem auch Serbien, Ungarn, Slowenien und Österreich beteiligt sind, werden. Ungarn stoppte erst vor kurzem Pläne, im ungarischen Gebiet dieses Reservats, Donau und Drau zu regulieren. Die Befürworter des Ausbaus fürchten durch das freie Mäandern der Donau, dass wichtige Teile für die Schifffahrt versanden.

Zwischen Wasserbaulobby und EU

Erst wenige Wochen im Amt steht der neue kroatische Umweltminister Mihael Zmajlovic nun vor einer Zwickmühle - eingeklemmt zwischen dem Druck der Wasserlobby und dem eigentlichen Bekenntnis, dieses Augebiet zu schützen. Mohl: „Es ist eine ziemlich offene Entscheidung. Rechtlich kann die EU ein Jahr vor dem Beitritt Kroatiens noch nichts machen. Der Druck der EU-Kommission ist aber da.“ Für sie widersprechen die Ausbaupläne EU-Recht, auch Förderungen gebe es in diesem Fall keine.

Nicht zuletzt deshalb versucht Kroatien offenbar noch in nahezu letzter Minute, umstrittene Projekte durchzusetzen. Ähnliche Pläne wie für die Donau gibt es auch für die Flüsse Save und Drau - diese Begradigungsvorhaben wurden bereits bewilligt.

Ausbau auch in Österreich

Auch in Österreich gibt es konkrete Pläne, das noch frei fließende Donau-Stück östlich von Wien für die Schifffahrt besser auszubauen. Im Nationalen Aktionsplan Donauschifffahrt (NAP) wird dem „Flussbaulichen Gesamtprojekt östlich von Wien“ große Bedeutung zugemessen. Dabei sollen „sanfte Methoden“ zur Regulierung der Donau angewandt werden, betonte der stellvertretende Projektleiter Robert Tögel von der Österreichischen Wasserstraßen-Gesellschaft via donau gegenüber ORF.at. Vergleichbar mit den Projekten in Kroatien sei das aber nicht, heißt es vonseiten der via donau: „Das was derzeit in Kroatien passiert, ist vergleichbar mit dem, was Österreich vor über 100 Jahren bei der Regulierung gemacht hat.“

Luftbild des Donauverlaufs östlich von Wien

Google Earth; ORF.at (Montage)

Derzeit würden in einem Pilotprojekt bei Bad-Deutsch-Altenburg auf einer Strecke von drei Kilometern alle Maßnahmen getestet - von der Veränderung der Buhnen (Bauwerke zur Flussregulierung), dem Rückbau der historischen Uferverbauungen bis zur Aufschüttung von grobkörnigen Steinen. Das sei notwendig, da sich die Donau im Bereich nach den Kraftwerken immer tiefer ins Flussbett eingräbt, indem sie sich Kiesmaterial aus dem Stromgrund hole. Tögel: „In 50 Jahren ist die Donau dadurch um einen Meter tiefer geworden. Das wirkt sich auf Wasserspiegel und Grundwasser aus.“

Mit der geplanten Aufschüttung von vier bis sieben Zentimeter großen Steinen soll die Kiesabtragung reduziert werden. Größere Steine werden weniger leicht mitgerissen. Dennoch müssten sie aber klein genug sein, um nicht zuletzt aus ökologischen Gründen weiter in Bewegung zu bleiben, betonte Tögel.

Warten auf Pilotprojekt

Die via donau, ein Unternehmen des Verkehrsministeriums, richtete ein Akteursforum ein - mit Vertretern von Umweltschutzorganisationen wie dem WWF und der Schifffahrtsbranche. „Die Ergebnisse des Pilotprojekts müssen evaluiert und das Gesamtprojekt daran angepasst werden“, sagte Irene Lucius vom WWF. Dann erst könne das Projekt gesamt beurteilt werden.

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sei für das Pilotprojekt noch nicht notwendig gewesen, erklärte Tögel. Für das gesamte Projekt sei sie aber bereits im Laufen. Kritiker könnten sich jederzeit in den Prozess involvieren.

Umweltdachverband plant Beschwerde vor VfGH

Für Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes, kommt eine Beteiligung am Akteursforum allerdings nicht infrage. Für ihn liegt das gesamte Projekt „zurzeit völlig auf Eis“. Der Verband plant in den kommenden Tagen auch eine Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, da weder eine UVP noch eine Naturverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde. Das wäre eigentlich auch für das Pilotprojekt notwendig gewesen: „Offenbar wird befürchtet, dass NGOs eine echte Parteistellung nehmen könnten.“ Der WWF untergrabe mit der Beteiligung an dem Akteursforum ohne verpflichtende UVP seine Glaubwürdigkeit.

Nicht alles an dem Projekt sei schlecht, sagte der Umweltexperte, wie etwa der Uferrückbau und die Anbindung von Altarmen. Kritisiert wird aber der Umbau der Buhnen und die Grobkornschotterung: „Es bildet sich eine wasserundurchlässige Decke. Das führt zu einer Ausbetonierung der Donau.“ Für die Schifffahrt sei das sicher nicht notwendig, ist Heilingbrunner überzeugt. Er vermutet einen anderen Hintergrund für die Grobkornschottung.

Schon bisher müssen die Kraftwerksbetreiber Schotter beigeben, um die Sohle der Donau zu stabilisieren. Allein zwischen dem Kraftwerk Freudenau und Fischamend seien dafür 220.000 Tonnen pro Jahr notwendig. Heilingbrunner: „Mit der Grobkornbeigabe soll offenbar die Zufuhr von Schotter ersetzt werden.“ Auch Tögel erklärte, dass mit den größeren Steinen von Jahr zu Jahr weniger zugegeben werden müsse. Irgendwann könnten diese Auflagen für die Kraftwerksbetreiber ganz fallen, vermutet Heilingbrunner.

Simone Leonhartsberger, ORF.at

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