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Einführung immer unwahrscheinlicher

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) sieht die Entscheidung über eine Finanztransaktionssteuer angesichts der deutschen Skepsis nun bei den EU-Regierungschefs. Die Regierungsspitze plädierte am Dienstag weiter für eine gemeinsame Finanzsteuer und kann sich dafür auch ein EU-Bürgerbegehren vorstellen.

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Die Koalition hat sowohl die Finanztransaktionssteuer als auch das Steuerabkommen mit der Schweiz in ihrem Sparpaket für die Jahre 2012 bis 2016 bereits fix eingeplant. Ersteres soll ab 2014 500 Millionen Euro jährlich bringen, Zweiteres im Jahr 2013 eine Milliarde Euro und 50 Millionen Euro in den Folgejahren.

Absage auch von Euro-Gruppe-Chef

Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte am Montag eine Finanzsteuer in der gesamten Euro-Zone allerdings als undurchführbar bezeichnet und will nun nach möglichen Alternativen suchen. Auch der luxemburgische Regierungschef und Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, sprach sich am Dienstag in Brüssel für die Suche nach Alternativen aus. Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Finanztransaktionssteuer „wird von mehreren Regierungen nicht unterstützt“, das betreffe auch die Euro-Zone, sagte Juncker bei einer Konferenz.

Fekter sagte am Dienstag vor dem Ministerrat, dass die Finanztransaktionssteuer beim informellen Finanzministertreffen in Kopenhagen noch diese Woche beraten werde. Dort werde man alle Pros und Kontras darlegen. Die Entscheidung darüber, wie es mit der Transaktionssteuer weitergehe, welche Alternativen man anstreben könne und ob das Projekt überhaupt weiterverfolgt werde, hätten dann die Regierungschefs bei ihrem Gipfel im Juni zu treffen.

Einigkeit der Regierungsspitze

Auch in der Regierungsspitze ist man sich einig, weiter für die Finanzsteuer einzutreten: Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kann sich diesbezüglich auch ein EU-Bürgerbegehren vorstellen. Für Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) wäre nach den Aussagen Schäubles immerhin noch eine Finanzsteuer im Rahmen einer vertieften Zusammenarbeit mehrerer EU-Länder möglich.

Sowohl Faymann als auch Spindelegger sehen Schäubles Aussagen in der innenpolitischen Lage Deutschlands begründet. Faymann verwies darauf, dass der kleine Koalitionspartner FDP eine Finanztransaktionssteuer ablehnt, wenn sie nicht EU-weit kommt. Faymann hofft angesichts der Wahlniederlagen der FDP auf einen Politikwechsel. Spindelegger meinte mit Verweis auf die deutsche Innenpolitik, „nur weil andere kalte Füße bekommen“, müsse Österreich hier nicht nachgeben. „Da gibt es kein Zögern oder Zaudern, da müssen wir voll draufbleiben.“

Es gebe keinen Grund, die Flinte ins Korn zu werfen, zumal die Debatte über den nächsten EU-Finanzrahmen 2014 bis 2020, im Zuge dessen die EU-Kommission eine Finanztransaktionssteuer einführen möchte, erst gegen Jahresende ins Finale gehe, sagte Spindelegger.

Schieder optmistisch

Zuversichtlich zeigte sich auch SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder. „Ich sehe es noch nicht, dass die Finanztransaktionssteuer gestorben ist“, sagte Schieder vor der Regierungssitzung: „Jetzt schon die Flinte ins Korn zu werfen wäre falsch.“ Man solle weiterhin versuchen, die Finanzsteuer in einer Reihe von „willigen Staaten“ umzusetzen, wenn das in der gesamten Euro-Zone nicht möglich sei.

Allfällige Alternativen wie eine Börsenumsatzsteuer wären für Schieder nur akzeptabel, wenn sie den „Hochfrequenzhandel“ auf den Finanzmärkten in den Griff bekämen und die gleichen Einnahmen brächten wie eine echte Finanztransaktionssteuer.

BZÖ: „Jede Sandburg stabiler als Sparpaket“

Die Grünen fordern angesichts der schwindenden Chancen auf die Transaktionssteuer einen Vorratsbeschluss im Nationalrat, um die drohende Budgetlücke zu schließen. Konkret schweben Budgetsprecher Werner Kogler Steuern auf Stiftungen, Millionenerbschaften und für Banken vor. BZÖ-Chef Josef Bucher hält auch das - im Sparpaket ebenfalls mit einer Mrd. Euro im Jahr 2013 bereits fix eingeplante - Steuerabkommen mit der Schweiz für unrealistisch: „Jede Sandburg ist stabiler als dieses Sparpaket“, sagte Bucher.

Alleingang wäre „Todesstoß für Börse“

Die Wiener Börse warnte am Dienstag die österreichische Politik vor der Einführung einer nationalen Finanztransaktionssteuer: Das brächte nur eine weitere Verlagerung des Geschäfts hin zu außerbörslichen Handelsplätzen. Wiener-Börse-Vorstand Birgit Kuras sähe das als pure Katastrophe. Genauso schädlich wäre es, würden sich nur einzelne Länder in Europa für Börsenumsatzsteuern entscheiden. Solche Schritte wären in den Augen von Vorstand Michael Buhl der „Todesstoß für die Wiener Börse“. Der Anteil am österreichischen Aktienmarkt liegt derzeit bei etwa 20 bis 25 Prozent.

Das Beharren auf Alternativen kommt nicht von ungefähr. Denn neben der Finanztransaktionssteuer gibt es noch einen zweiten Wackelkandidaten: das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz. Es soll 2013 immerhin eine Milliarden Euro bringen. Aber auch hier schaut es schlecht aus, da die Schweiz weiter bremst. An ein Scheitern glaubt Schieder aber nicht. Er geht nach entsprechenden Vorgesprächen auf Beamtenebene davon aus, dass das Abkommen fixiert werden kann, sobald die Schweiz einen ähnlichen Vertrag mit Deutschland unterzeichnet hat. „Es ist ja nicht so, dass wir da inhaltlich Neuland betreten“, so Schieder. Bis zur Verabschiedung des Budgets 2013 im Herbst sei jedenfalls noch genug Zeit dafür.

Fekter drängt auf Abkommen mit der Schweiz

Fekter drängt jedoch auf eine schnellere Lösung: Sie kündigte am Dienstag an, die Gespräche mit der Schweiz intensivieren zu wollen. Vorbild für ein Abkommen sollen jene Verträge sein, die derzeit zwischen der Schweiz sowie Großbritannien und Deutschland verhandelt werden. Fekter sagte, sie habe am Montag in einem Telefonat mit ihrer schweizerischen Amtskollegin Eveline Widmer-Schlumpf vereinbart, die Verhandlungen mit Deutschland und der Schweiz nicht abzuwarten.

Zudem sei der für internationale Steuerfragen zuständige Sektionschef Wolfgang Nolz am Dienstag zu einem Gespräch bei seinem Gegenüber, dem zuständigen schweizerischen Staatssekretär. „Wir gehen davon aus, dass wir das binnen Jahresfrist unter Dach und Fach haben“, sagte Fekter.

Schweiz: Noch kein offizielles Verhandlungsmandat

Das schweizerische Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) bestätigte am Dienstag Gespräche mit Österreich über das geplante Steuerabkommen. Ein offizielles Verhandlungsmandat der schweizerischen Regierung gibt es laut SECO-Sprecher Mario Tuor allerdings noch nicht. Auch ob das Geld wie von Österreich geplant schon 2013 fließen wird, ist demnach noch offen.

Tuor geht davon aus, dass die Verhandlungen über ein ähnliches Steuerabkommen mit Deutschland noch im März abgeschlossen werden können. An diesem „Pilotabkommen“ sollen sich die Gespräche mit Österreich orientieren. Um Zeit zu gewinnen, habe man die Gespräche nun aber schon vor Fertigstellung des deutschen Vertrags gestartet. Von Verhandlungen könne man streng genommen erst sprechen, wenn es ein diesbezügliches Mandat der Regierung gibt.

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