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Jahrelanges Ringen um Einführung

Über eine Steuer auf Finanzmarktgeschäfte wird seit Jahrzehnten diskutiert. Die Idee geht auf den US-Ökonomen James Tobin zurück, der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler brachte 1972 eine Steuer auf alle grenzüberschreitenden Devisenspekulationen ins Spiel. Er schlug damals eine Abgabe von einem Prozent vor.

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Vor allem Globalisierungskritiker fordern seit Jahren eine Spekulationssteuer. Die Idee dieser „Tobin-Tax“ oder „Robin-Hood-Steuer“ war auch einer der zentralen Gedanken bei der Gründung des Netzwerks ATTAC: Die französische Abkürzung steht für „Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der Bürger“. Im Zuge der schweren Wirtschaftskrise, die auf die Pleite der US-Großbank Lehman Brothers im September 2008 folgte, flammte die Debatte über eine Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der Krise wieder auf.

Waffe gegen Spekulationen

Vorgeschlagen wurde die heutige Form einer Transaktionssteuer erstmals 1936 vom US-Ökonomen John Keynes, als an der Wall Street die Spekulationen wilde Blüten trieben. Tobin griff die Idee 1972 wieder auf und avancierte dadurch zum Helden der Globalisierungskritiker. Er wollte mit der Abgabe die Spekulationen nach dem Zusammenbruch der festen Wechselkurse eindämmen.

Die Idee einer Steuer auf Finanzgeschäfte ist also nicht neu. Zuletzt stand sie auch im Herbst 2009 beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer G20 auf dem Tagesplan, beschlossen wurde sie damals aber - wieder einmal - nicht.

Steuermilliarden für EU-Topf

Die EU-Kommission, lange ein Gegner der Finanztransaktionssteuer, hat mittlerweile ihre Meinung geändert und will nun Steuern in der Höhe von 57 Mrd. Euro für den EU-Haushalt lukrieren. Ein Vorschlag sieht vor, dass alle 27 EU-Länder bis 2014 eine Steuer von 0,1 Prozent auf den Kauf von Aktien und Wertpapieren einheben. Doch bisher scheiterte der Plan am Widerstand von acht Ländern - darunter auch Großbritannien. London pocht auf eine weltweite Umsetzung, um den europäischen Aufschwung nach der Krise nicht wieder abzuwürgen.

Massenabwanderungen von Börsenplätzen

Die Weigerung Großbritanniens ist gerade deshalb bemerkenswert, weil die Idee ursprünglich aus London kommt. An der Londoner Börse wurde die erste Transaktionssteuer im Jahre 1694 eingeführt und wird als Stempelsteuer bis heute noch abgeführt. Dabei würde Großbritannien einer Finanztransaktionssteuer zustimmen - wenn sie weltweit eingeführt wird. Denn das Beispiel Schweden zeigt, wie rasch Aktienmärkte auf Teuerungen reagieren.

Als in Stockholm in den 80er Jahren eine Börsenumsatzsteuer eingeführte, wanderte ein Teil der Aktionäre ins Ausland ab. Auch die Schweiz versuchte sich 1994 an einer Stempelsteuer und schaffte sie nach einer Massenabwanderung vom Züricher Marktplatz in Richtung Luxemburg wieder ab. Befürworter der Steuern argumentieren, dass man das Problem damit in den Griff kriegen könnte, dass die Steuern am Sitz der Bank anfallen - und nicht am jeweiligen Börsenplatz, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) schreibt.

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