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Lehrer wirklich überfordert?

Die Ankündigung eines Maßnahmenkatalogs von Eltern-, Lehrer- und Schülervertretern hat eine kontroverse Debatte ausgelöst. Aus dem Unterrichtsministerium heißt es, es gebe ohnehin schon an vielen Schulen Verhaltensvereinbarungen. Aus dem Wiener Stadtschulrat wird hinterfragt, ob Lehrer wirklich überfordert sind.

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Auf Nachfrage von Ö1-Redakteurin Beate Tomassovits sagte die Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl: „Winkerlstehen, einen heißen Topf halten und so etwas ist natürlich purer Unsinn, und das wird auch von fortschrittlichen Lehrern nicht gemacht. Aber selbstverständlich gibt es gewisse Erziehungsmaßnahmen, die sinnvoll sind.“

Als sinnvolle Maßnahme erachtet sie das Nachholen von Versäumtem - „etwa wenn man zu spät kommt oder Schule geschwänzt hat. Das ist in jedem Fall eine intelligente Maßnahme. Und wenn das gemeinsam vereinbart ist, ist das auch gut und wird von allen mitgetragen.“

Bisher Vereinbarungen je nach Schule

Im Unterrichtsministerium wurde darauf verwiesen, dass es bereits in 80 Prozent der Schulen Verhaltensvereinbarungen gebe. Allerdings sind diese nicht verbindlich. Eltern-, Lehrer- und Schülervertreter wollen eine Vereinbarung treffen, die dann für alle Schulen gilt - und verbindlich ist. Sie soll Rechtssicherheit für Lehrer bringen und Schülern Fairness garantieren.

Der Leiter des schulpsychologischen Dienstes, Gerhard Krötzer, hob gegenüber Ö1 vor allem die Wichtigkeit des gemeinsamen Entstehens solcher Vereinbarungen hervor: „Wir sind natürlich bemüht, Unterstützung zu bieten, damit das auch gut funktioniert: dass es hier kein Diktat gibt, also der Schulleiter sich etwas ausdenkt, und alle unterschreiben dann, sondern dass das tatsächlich ein Vereinbarungsprozess ist. Denn dann ist das Commitment, das ‚Stehen zu dieser Vereinbarung‘, von allen Seiten wesentlich besser gesichert.“

Erziehung „immer schon Aufgabe der Schule“

Brandsteidl hat nicht den Eindruck, dass die Belastung für Lehrer steige, weil sie mehr Erziehungsarbeit leisten müssen: „Nein, das würde ich so allgemein nicht sagen. Auch das ist eine Frage der Wahrnehmung und des Vergleichs.“ Es gebe zwar gesellschaftliche Veränderungen. Aber die Erziehung sei immer schon eine Aufgabe der Schule gewesen: „Das ist nichts Neues, und da kann man nicht sagen, dass Lehrer jetzt mehr ‚erziehen‘ müssen als früher. Das glaube ich nicht.“ Im Stadtschulrat und im Unterrichtsministerium verwies man außerdem darauf, dass die psychologische und soziologische Betreuung laufend ausgebaut werde.

Monika Pinterits und Anton Schmid von der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft hielten in einer Aussendung fest, dass Strafen in keiner Form dazu beitragen, den Schulalltag zu verbessern. Lehrer sollten sich als Partner von Schülern verstehen und deren Selbstvertrauen stärken, ihre positiven Seiten in den Vordergrund stellen und nicht die Defizite. Lehrer sollten diesbezüglich ihre Kompetenzen durch Fortbildung erweitern.

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