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Freiheit als Lebensthema

Joachim Gauck war so etwas wie der „Sieger der Herzen“ bei der deutschen Präsidentenwahl 2010, die er erst im dritten Wahlgang gegen Christian Wulff (CDU) verlor. Er gilt als integer und redlich, ist bei den Bürgern beliebt, steht über den Parteien, hat aber stets den Respekt einer breiten politischen Mehrheit genossen. Nun hat es im zweiten Anlauf geklappt.

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Nach persönlichen Erfahrungen in zwei Diktaturen bezeichnet Gauck „Freiheit“ als sein großes Lebensthema. Jahrelang war sein Name vor allem mit der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit verknüpft. Gauc stufte sich einmal als „linker liberaler Konservativer“ und als „aufgeklärter Patriot“ ein.

Weg in die Politik lange abgelehnt

Am Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 übernahm er die nach ihm benannte Stasi-Unterlagen-Behörde. Bis 2000, als er die Leitung an Marianne Birthler abgab, avancierte Gauck zum bekanntesten Gesicht der DDR-Demokratiebewegung. Verschiedene Angebote zur Übernahme von politischen Ämtern lehnte er danach ab.

Joachim Gauck vor geschredderten Stasi-Dokumenten

Reuters/Fabrizio Bensch

Gauck (r.) mit Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse vor geschredderten Stasi-Dokumenten

Im Sommer 2010 wurde er von SPD und Grünen zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominiert. Dass er bei der durch Horst Köhlers überraschenden Rücktritt nötig gewordenen Wahl knapp an Wulff scheiterte, änderte nichts an seinem gewachsenen Stellenwert. Als brillanter Redner ist der 72-Jährige im In- und Ausland gefragt.

Pfarrer statt Journalist

Der im Kriegsjahr 1940 als Kapitänssohn in Rostock geborene Gauck wollte in der DDR eigentlich Journalist werden, erhielt aber keinen Studienplatz für Germanistik. Kein Wunder, hatte er sich doch der Pionierorganisation ebenso verweigert wie der Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend. So studierte er nach dem Schulabschluss evangelische Theologie und wurde Pfarrer.

Im Wendejahr 1989 engagierte sich Gauck im Neuen Forum. Dort kümmerte er sich um die Aufdeckung des Überwachungsapparates der DDR. Dieses Aufgabenfeld sollte Gauck in den folgenden elf Jahren nicht mehr loslassen. Das Amt des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR übte er überaus streitbar aus. Über das höchste Staatsamt hat der redegewandte Gauck präzise Vorstellungen: „Als Repräsentant des ganzen Volkes kann der Bundespräsident zwischen den Regierten und den Regierenden vermitteln und zu einer besseren Verständigung zwischen ihnen beitragen.“

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