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„Was sich reimt, ist gut“

Wie alt der Pumuckl wirklich ist, weiß niemand ganz genau. Eigentlich haben Klabautermänner, zu denen sich der kleine Kobold stolz zählt, nämlich nicht Geburtstag. Und doch krächzte der Pumuckl in einer 1970 produzierten Radiofolge einmal, er wäre „genau vor siebzigdreizehn Jahren“ geboren.

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Siebzigdreizehn, also 83 Jahre alt, wäre Pumuckl demnach vor 42 Jahren gewesen - und heute folglich 125 Jahre. Doch das Alter ist ein Quälgeist, den Kobolde gnädigerweise nicht fürchten müssen. Und so hangelt sich die Pumuckl-Biografie an Veröffentlichungsterminen entlang. Das Licht der Welt, schreibt seine Erfinderin Ellis Kaut auf ihrer Website, erblickte der Kobold im Jahr 1961.

Wie es zu Pumuckl kam

Sieben Jahre lang hatte Kaut zu diesem Zeitpunkt bereits für den Bayerischen Rundfunk Hörspiele über den sprechenden Kater Musch und sein Herrl Tonerl geschrieben. Als der Tonerl-Sprecher plötzlich einen besseren Job angeboten bekam (als Intendant in Freiburg), musste rasch Ersatz für die Musch-Geschichten gefunden werden. Zu dieser Zeit befand sich Kaut auf Skiurlaub - wo sie ihren Mann mit Schneebällen bewarf. Der nannte sie daraufhin einen „rechten Pumuckl“, was auch immer er damit meinte.

Hans Clarin mit dem Kobold "Pumuckl"

AP/Bayerischer Rundfunk

Hans Clarin, die Stimme von Pumuckl, gemeinsam mit dem Kobold

Die Figur war damit jedenfalls erfunden. Als Kaut dann noch bei einem alten Tischler ein Regal in Auftrag gab, war auch das Umfeld für den Kobold klar. Der erste Sendetermin der neuen Hörspielreihe war schließlich der 21. Februar 1962. Damals lief im Bayerischen Rundfunk das Hörspiel „Spuk in der Werkstatt“, das im Nu die Kinder begeisterte. Die ersten Worte: „Pumuckl neckt, Pumuckl versteckt, niemand entdeckt“ sprach damals schon Hans Clarin mit seiner charakteristischen Krächzstimme. Ganz nach dem Pumuckl-Motto „Ui, das reimt sich - und was sich reimt, ist gut“.

Norddeutschland neckt Bayern

Clarin stammte von der Küste aus Wilhelmshaven. Pumuckls Meister Eder dagegen sprach urbayerischen Dialekt. Beim Bayerischen Rundfunk sahen sie auch in diesem Gegensatz zwischen dem frechen Norddeutsch des Kobolds und dem Bayerisch des Handwerkermeisters den Grund für den Erfolg.

Insgesamt 90 Hörspielfolgen schrieb Ellis Kaut. Doch ihre Bekanntheit weit über die deutschen Grenzen hinaus verdankt die Figur dem 1982 ausgestrahlten ersten Kinofilm und der direkt darauf folgenden Fernsehserie mit einem gezeichneten Pumuckl. Da spielte Gustl Bayrhammer den in einer Münchner Hinterhoftischlerei werkelnden Meister Eder.

Filmszene mit Gustl Bayrhammer als Meister Eder mit dem Kobold "Pumuckl" in der gleichnamigen Fernsehserie

AP/Bayerischer Rundfunk

Gustl Bayrhammer als Meister Eder mit seinem Pumuckl

Krokodilstränen und ein gutes Herz

Pumuckl-Regisseur Ulrich König nahm sich für die insgesamt 52 Folgen der Serie die Freiheit, die Vorlage von Kaut zur Not auch eigenmächtig zu ändern. „Dinge, über die ich mit Frau Kaut nicht diskutieren wollte, hab ich beim Dreh geändert. So sind wohl fünfzig Prozent anders geworden“, sagte König einmal in einem Interview.

Ein meist gutgelaunter und nur manchmal todtrauriger (oder zumindest dicke Krokodilstränen weinender) Anarchist ist Pumuckl jedenfalls hier wie dort. Er macht seinem Meister Eder mit seinen Streichen das Leben schwer - aber der ist erstens einsam und hat zweitens (wie der Kobold) ein gutes Herz, und deshalb beschützt und versteckt er Pumuckl. Denn der wird nicht nur sichtbar, wenn er selbst das so will. Auch wenn er wo kleben bleibt, kann man ihn sehen. Pumuckl gehört demjenigen, der ihn zuletzt gesehen hat.

Frechsein als Prinzip

Bei Meister Eder in der Werkstatt fühlt er sich wohl. Sogar ein kleines Bettchen hat der Tischler ihm gezimmert. Fortan lebt Pumuckl sich aus. Er versteckt Dinge, er liebt die Unordnung, und frech zu sein dürfte ebenfalls zu seinen wichtigsten Aufgaben als Klabautermann zählen. Charakteristisch für Pumuckl sind seine manchmal bösen, aber stets lustigen Reime.

Vergleichbar war Pumuckl wohl am ehesten mit Pippi Langstrumpf - wie sie hatte er seinen eigenen Kopf und setzte ihn mit allen möglichen und vor allem unmöglichen Mitteln durch. Seine Geschichten machen Kindern Mut, aufmüpfig zu sein - und sie dürfen über seinen Schabernack ungestraft lachen, wenn auch nicht ungestraft nachmachen.

Fluch und Segen für Bayrhammer und Clarin

Für Regisseur König war die Kobold-Geschichte mit den 52 Fernsehfolgen jedenfalls zu Ende erzählt, einen später entstandenen Spielfilm betreute er deshalb schon nicht mehr. Und außerdem starb Bayrhammer plötzlich 1993. Für Bayrhammer war der Pumuckl halb Fluch, halb Segen: Er war zwar bekannt, litt aber darunter, auf die Kinderserie reduziert zu werden. Auch Clarin war nicht nur glücklich mit seinem größten Erfolg als Sprecher: Er litt vor allem unter der Anstrengung für seine Stimmbänder. Clarin starb 2005.

Der Tod von Pumuckls Stimme machte weitere Folgen schwer vorstellbar. Und außerdem lastete in den vergangenen Jahren ein Rechtsstreit seiner beiden „Mütter“ auf dem Kobold. Die Grafikerin Barbara von Johnson hatte den Pumuckl 1965 gezeichnet und stritt mit Kaut über verschiedene Fragen vor Gericht.

„Eine eigene Art von Vernunft“

Auch wenn es um Pumuckl etwas ruhiger geworden ist - in den Kinderzimmern ist er dennoch präsent. Die Hörbücher erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit bei den Kleinen. Alt und grau wird der Klabautermann ohnehin nie werden. Ihr Pumuckl werde immer rothaarig bleiben, und an die Pension denke er auch nicht, sagt Kaut in einem aktuellen Interview der deutschen Nachrichtenagentur (dpa).

„Ich glaube, dass er sich keine großen Gedanken über die Rente macht - weil er gar nicht weiß, was eine Rente ist.“ Auch die Frage, ob Pumuckl irgendwann einmal vernünftig und erwachsen wird, stellt sich für Kaut nicht. „Er ist ja schon vernünftig - er ist ja viel vernünftiger als die meisten Menschen“, findet Kaut, räumt aber ein: „Es ist allerdings ein eigene Art der Vernunft.“

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