Themenüberblick

Hochegger will von Schmiergeldern nichts wissen

Der Lobbyist Peter Hochegger, der als zentrale Figur der Korruptionsaffäre um die Telekom Austria (TA) gilt, hat im U-Ausschuss des Parlaments seine bisherigen Angaben zu seinen Politkontakten bestätigt. Er nannte unter anderen die SPÖ-Politiker Alfred Gusenbauer, Karl Blecha und Peter Schieder, Ernst Strasser (früher ÖVP), die FPÖ-Politiker Walter Meischberger und Mattias Reichhold und die Grüne Monika Langthaler.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Er bestätigte weiters, dass er seit 1997 für die Telekom-Austria-Gruppe tätig ist. Hochegger betonte, dass er kein Schmiergeld von der TA erhalten habe und ihm auch keine Schmiergeldzahlungen der TA bekannt seien. Beide Fragen beantwortete er knapp mit Nein. Er sei „strafrechtlich nicht schuldig“, das Leben sei aber ein „Lernprozess“. Aus heutiger Sicht habe er einige Dinge „nicht richtig gemacht“. „Nach moralischem Maßstab war das nicht richtig“, sagte Hochegger.

„100.000 für Gusenbauer und Strasser“

Gusenbauer habe ein Jahressalär von 100.000 Euro erhalten, so Hochegger. Gusenbauer dementierte umgehend: Er habe nie für Hochegger gearbeitet, die 100.000 Euro seien frei erfunden. Er sei lediglich von Juli 2010 bis Februar 2011 als Berater bei der Firma Sicon Energy Projektentwicklung tätig gewesen und habe weit weniger Geld erhalten, so der Ex-Kanzler in einer Aussendung. 2010 wurde Gusenbauer allerdings in einem Interview zitiert, dass er wisse, dass Hochegger Anteile an dem Unternehmen habe.

Peter Hochegger im Untersuchungsausschuss

Reuters/Lisi Niesner

Hochegger im Blitzlichtgewitter

Im ZIB2-Interview widersprach Hochegger Gusenbauer. Es sei „undenkbar“, dass Gusenbauer nicht gewusst habe, dass er über die Firma Sicon indirekt für den Lobbyisten gearbeitet hat. „Wir haben uns mehrere Male getroffen, es gab mehrere Meetings mit ihm“, sagte Hochegger.

SPÖ-Kontaktpflege über Lederer

Die SPÖ-Politiker Blecha und Schieder hätten für „das wenige Geld“ viel geleistet, so Hochegger. Schieder sei einer der profiliertesten Außenpolitiker in diesem Land, und Blecha habe u. a. eine wesentliche Funktion in der österreichisch-bulgarischen Gesellschaft gehabt. Mit dem SPÖ-Abgeordneten Kurt Gartlehner sei auf dessen Wunsch vereinbart gewesen, dass alles, was die TA betrifft, nicht Inhalt der Zusammenarbeit sei. Er sei Berater im Bereich Windenergieprojekte gewesen

Zudem nannte der Lobbyist auch den Ex-SPÖ-Kommunikationschef Heinz Lederer, der etwa 90.000 Euro erhalten habe und mit dem die Beziehungen zur SPÖ weiter gepflegt und ausgebaut werden sollte. Hochegger sprach auch von Lederers aktuellem Nachfolger Oliver Wagner. Dieser verlautete per Twitter, er habe die Agentur nach einem Monat verlassen, als der Skandal bekanntwurde.

ÖVP-Politiker auf der Gehaltsliste

Strasser habe für einen Bulgarien-Auftrag 100.000 Euro erhalten. 140.000 Euro im Jahr 2008 habe der ÖVP-Gewerkschafter und Ex-TA-Mitarbeiter Franz Kusin erhalten. Als weitere Mitglieder der ÖVP auf seiner Gehaltsliste nannte er Stefan Krenn, Ex-Mitarbeiter im Kabinett von Sportstaatssekretär Reinhold Lopatka, Andreas Schneider, Ex-Mitarbeiter im ÖVP-Parlamentsklub, und die ehemalige Büroleiterin im Wirtschaftsministerium, Ingrid Krenn-Ditz.

Gefragt nach der Bedeutung von Ex-Bauernbund-Chef Fritz Grillitsch (ÖVP) in Zusammenhang mit der TKG-Novelle 2009 sagte Hochegger, dieser sei eine wesentliche Person gewesen, weil es um ein Vorantreiben des Breitbandausbaus in ländlichen Gebieten gegangen sei. Das Forum Land, eine Organisation in ÖVP-Bauernbund-Nähe, habe 20.000 Euro bekommen, um die Argumentation in Veranstaltungen darzulegen.

Von FPÖ und BZÖ nannte Hochegger zudem Ex-Parlamentarier Reinhart Gaugg und Christine Lackner, Ex-Pressesprecherin von Hubert Gorbach. Die FPÖ stellte in einer Aussendung fest, dass alle Genannten heute keine Parteimitglieder mehr seien. Bei den Grünen seien noch Christian Nohel und Lukas Schrattenthaler, beides Ex-Mitarbeiter im Parlament, und die ehemalige Wiener Lokalpolitikerin Brigitte Reiter auf der Gehaltsliste gewesen. An weitere Namen könne er sich nicht erinnern, so Hochegger. Eines von seinen Konzepten hieß „Die Grünen einkochen“. Dabei sei es um Überzeugungsarbeit beim kleinen Glücksspiel gegangen, um ein Monopol aufzubrechen.

Gorbachs Leistung

Die vom BZÖ-Abgeordneten Stefan Petzner gestellte Frage, ob er jemals in Zusammenhang mit Ex-Minister Hubert Gorbach (damals BZÖ) und der Universaldienstverordnung eine Wahrnehmung über Schmiergeld seitens der TA gemacht habe, verneinte Hochegger. Gorbach habe die Abwicklung der Zusammenarbeit über seine Assistentin und den Werkvertrag vorgeschlagen.

Er habe die beiden als Team wahrgenommen und nichts Bedenkliches daran gesehen. Leistungsbringer ihm gegenüber sei Gorbach gewesen. Konkret ging es demnach um 10.000 Euro pro Monat und insgesamt 240.000 Euro. Zur Frage nach Gorbachs Leistung meinte Hochegger, man sei Firmen durchgegangen, die mögliche Kunden sein könnten. Auch habe Gorbach beste Kontakte zu Regierungsmitgliedern in CEE-Staaten gehabt.

Von Vorwurf des Gesetzeskaufs „überrascht“

In seinen Ausführungen blieb Hochegger zu Beginn allgemein und bestätigte lediglich, was er bereits den Ermittlungsbehörden gesagt hatte und was ihm im U-Ausschuss vorgelesen wurde. So bejahte er, für die Ablöse des seinerzeitigen Telekomregulators Heinrich Otruba lobbyiert zu haben. Ein Konzept für den Nachfolger von Otruba, Georg Serentschy, sei nicht umgesetzt worden, so Hochegger. Dass er ein Konzept für Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach (früher BZÖ) erstellte, könne sein. Seines Wissens nach sei es aber nicht in Auftrag gegeben worden.

Zu den zitierten Aussagen des ehemaligen TA-Managers Gernot Schieszler, wonach für eine Universaldienstverordnung im Sinne der TA eine Million Euro an Schmiergeld notwendig gewesen sei, meinte Hochegger, die Aussage „entspricht nicht der Wahrheit“. Das Verhältnis zu Schieszler beschrieb er als „sehr gut“. Dass er in einen Gesetzeskauf involviert gewesen sein soll, habe er erst bei seinen Einvernahmen erfahren. „Ich war sehr überrascht über die Unterstellung“, so Hochegger.

Scheinrechnung über 1,1 Millionen Euro

Hochegger präsentierte auch seine eigene Version der mutmaßlichen Börsenkursmanipulation des TA-Aktienkurses. Er habe über eine Scheinrechnung 1,1 Mio. Euro von der TA erhalten, versteuert und der TA 500.000 Euro zurückgegeben. Von einer Kursmanipulation durch den Broker Johann Wanovits im Jahr 2004, um damit ein Bonusprogramm für die Vorstände auszulösen, will Hochegger nichts gewusst haben. „Die Telekom hat mich in die Kursmanipulation nicht eingeweiht“, sagte er.

Zypern-Studie angeboten

Er habe Wanovits überhaupt erst 2008 kennengelernt. Damals habe ihm der Broker erzählt, dass er der TA im Jahr 2004 einen „großen Gefallen“ getan habe. Auch der Broker habe dabei einen kleinen Gewinn gemacht, Wanovits habe das Ganze aber als „sportliche Herausforderung“ geschildert, sagte Hochegger.

Seine eigene Rolle bei der mutmaßlichen Kursmanipulation schilderte Hochegger so: Der damalige Einkaufschef der Telekom Austria sei an ihn herangetreten, die TA brauche „Unterstützung für ein Projekt in Osteuropa, das sie nicht selber in der Buchhaltung abwickeln kann“. Konkret habe die TA 500.000 Euro gebraucht. Daraufhin habe er, Hochegger, der TA den Vorschlag gemacht, ihm für eine Studie zu einem Fonds auf Zypern, mit dem der Preisverfall im Festnetz gestoppt werden sollte, 1,1 Mio. Euro zu zahlen.

Als Schmiergeld verwendet?

Endversteuert habe er dann der TA die 500.000 Euro gegeben. Der Einkaufschef habe ihm versichert, dass nicht nur Rudolf Fischer, sondern der gesamte damalige TA-Vorstand, also auch Heinz Sundt, hinter dem Projekt stehe. Das sei der erste Auftrag der TA für seine Firma Valora gewesen.

Laut Aussage des Ex-TA-Managers Gernot Schieszler dienten die 500.000 Euro als Schmiergeld für Wanovits, um mit Aktienkäufen den TA-Kurs zu manipulieren. Die TA habe Hochegger das Geld überwiesen, dieser habe es versteuert und seine Marge abgezogen. Durch den Kurssprung wurde ein Bonusprogramm für führende TA-Manager ausgelöst.

Meischberger als „Türenöffner“

Auch die Rolle Meischbergers und des mit ihm befreundeten Ex-Finanzministers Karl-Heinz Grasser in Zusammenhang mit Hocheggers Lobbyingaktivitäten wurde beleuchtet. „Meischberger hat Türen geöffnet bei Ministerien, die im Einflussbereich der FPÖ standen“, sagte Hochegger über den früheren FPÖ-Politiker Meischberger. Der habe 2003 die Raiffeisen Centrobank (RCB) als Kunden zu ihm gebracht. „Ziel war es, beim Finanzminister (damals Grasser, Anm.) und der ÖIAG bessere Stimmung zu machen“, so Hochegger. Die RCB habe vermutlich Meischberger angesprochen, da die Stimmung zwischen Raiffeisen und dem damaligen Finanzminister Grasser nicht gut gewesen sei.

„Meischberger wurde von der Wirtschaft durchaus hofiert“, so Hochegger. Die Raiffeisen Centrobank sei mit Meischberger zu Hochegger gekommen. Er habe den Kunden dann gemeinsam mit Meischberger bei mehreren Aufträgen betreut. Ein Drittel sei an die Valora, zwei Drittel an Meischberger gegangen.

„Kontaktnetzwerk sichern“

FPÖ-Fraktionsführer Walter Rosenkranz ortete einen möglichen Zusammenhang mit dem Börsengang der Post. Die RCB hatte den Börsengang 2006 gemeinsam mit anderen Finanzinstituten gemanagt. Im Jahr 2006 habe Meischberger ihm dann angekündigt, dass Grasser die Regierung verlassen werde und wahrscheinlich zu einer internationalen Investmentbank gehen werde, so Hochegger. „Wir müssen sein Kontaktnetzwerk sichern, da kann man gemeinsam viel erreichen“, habe Meischberger ihm damals gesagt. Grasser sei nach seiner Amtszeit als Finanzminister in die gemeinsame Gesellschaft Valora Solutions gekommen, an der Meischberger und Hochegger und Grasser jeweils ein Drittel der Anteile hielten.

Rosenkranz fragte auch zu einer Zahlung an SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas. Da sei es um 20.000 Euro für ein Integrationsprojekt gegangen, die TA habe aber nicht mit Logo aufscheinen wollen, daher habe er es über seine Agentur abgewickelt, schilderte Hochegger. Das Projekt sei auch von anderen großen Firmen und auch von Raiffeisen unterstützt worden.

Enormes Medieninteresse

Unter enormem Medieninteresse war Hochegger im Untersuchungsausschuss erschienen. Beim seinem Eintreffen kam es zu tumultartigen Szenen: Unzählige Kameras drängten sich um den Lobbyisten, der im dunklen Mantel mit weißem Hemd erschienen war. Mehrere Minuten lang war Hochegger dem Blitzlichtgewitter ausgesetzt. Er erschien ohne Vertrauensanwalt wie bisher in etwa die Hälfte der Zeugen.

Links: