Themenüberblick

Tauschgeschäfte allerorten

Im mutmaßlichen Skandal um Zahlungen der Telekom Austria (TA) bringen nun im Magazin „News“ veröffentlichte Mails die ÖVP unter Druck. Das Magazin verfügt nach eigenen Angaben über 200.000 E-Mails, die weder dem parlamentarischen U-Ausschuss noch der zuständigen Staatsanwaltschaft vorliegen sollen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

In einer Mail ist die Rede von der Zusage der TA von 100.000 Euro über den Lobbyisten Peter Hochegger an die ÖVP-Bundespartei. Gemäß der Mail vom 14. November 2007, geschrieben von Michael Fischer, ehemals Organisationsreferent der ÖVP und ab 1. Juni 2007 „Head of Public Affairs“ der TA, an den damaligen TA-Manager Gernot Schieszler, heißt es laut „News“: „Lieber Gernot, Rudi Fischer hat 100.000 Euro via Peter Hochegger an die ÖVP-Bundespartei für 2007 zugesagt. Mit der Bitte um Berücksichtigung. Liebe Grüße, Michael“.

Rudolf Fischer war damals TA-Vorstand. Gegenüber „News“ meint Michael Fischer, das Geld sei nicht an die Bundespartei gegangen, sondern an die Junge ÖVP (JVP). Die JVP hatte bereits vor Monaten dementiert, dass sie Geld von der TA erhalten habe. ÖVP-Generalsekretär Rauch reagierte bereits in einer Aussendung: „Zum wiederholten Male halte ich fest, dass in den Büchern der ÖVP keine Zahlungen der Telekom zu finden sind.“

Junge Wirtschaft: Sponsoring der Telekom

Die Junge Wirtschaft (JW) betonte am Donnerstag, dass sie nie Geld von Hochegger bzw. dessen Firma bekommen habe. Im Jahr 2007 habe es Sponsoringverträge mit der TA und der Mobilkom über je 50.000 Euro gegeben, denen „klar definierte und dokumentierte Gegenleistungen“ gegenübergestanden seien. Beide Beträge seien von den Firmen direkt an die Junge Wirtschaft überwiesen und von dieser an keine Partei oder Vorfeldorganisation weitergegeben worden. Das Geld habe die „überparteiliche Jungunternehmer-Organisation der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ)“ bekommen, so JW-Bundesgeschäftsführerin Elisabeth Zehetner in einer Aussendung.

Über das Sponsoring hätten sich die TA und die Mobilkom bei der Zielgruppe „Gründer und Jungunternehmer“ positioniert. So enthielten die Kooperationsvereinbarungen unter anderem diverse Logopräsenzen auf der Homepage und im Newsletter, Inserate im Magazin „die junge wirtschaft“ sowie zahlreiche Präsentationsmöglichkeiten im Rahmen des Weiterbildungskongresses.

„Sponsonringbitte als ÖVP-Mitarbeiter“

In einer weiteren Mail von Michael Fischer an Rudolf Fischer wird demnach um ein TA-Sponsoring für den ÖVP-Bundesparteitag am 21. April 2007 in Salzburg ersucht. „Ich möchte noch als ÖVP-Mitarbeiter mit einer Sponsoringbitte an dich herantreten“, schreibt Michael Fischer während seiner Zeit in der ÖVP. Sachleistungen („Liveübertragung im Internet“) sollten als „Sponsorleistung mit der Telekom“ abgewickelt werden. Laut TA-Sprecher Alexander Kleedorfer wurde dieses Sponsoring im Gegenzug zu Werbung und Logopräsenz abgewickelt.

Dies treffe zu, so Rauch. Die Telekom habe Sachleistungen zur Verfügung gestellt, die ÖVP im Gegenzug Werbefläche für AON zur Verfügung gestellt: „Das ist weder ein Geheimnis noch etwas Unanständiges. AON war deutlich als Kooperationspartner zu sehen.“

Unterstützung für Kinder Schüssels und Moraks?

Weiters berichtet „News“ über eine von Michael Fischer an den TA-Vorstand weitergeleitete E-Mail vom 30. November 2007 des ÖVP-Abgeordneten Franz Morak. Ob man „den Franz“ unterstützen könne, da er einen Tourbus für seinen Sohn brauche, heißt es da laut Magazin. „Er (Morak, Anm.) hilft uns sehr (Serentschy, TKK).“ Georg Serentschy ist der Telekomregulator, die TKK ist die Telekom-Kontroll-Kommission. Ein derartiges Sponsoring habe nie stattgefunden, die TA habe keine Busse zu verborgen, so Michael Fischer zum Magazin.

Weiters bittet Michael Fischer in einer E-Mail vom 28. Mai 2007 den TA-Vorstand Rudolf Fischer um Sponsoring für ein Theaterprojekt der Tochter von Wolfgang Schüssel, Nina Blum. „Vielleicht kannst du das Projekt mit 2.000 bis 3.000 Euro unterstützen? Das würde schon sehr, sehr helfen“. Im ersten Anlauf war Blums Ansuchen abgelehnt worden, nach dem Nachhaken Michael Fischers floss dann Geld: „Es gab ein Sponsoring über einen geringen einstelligen Tausenderbetrag - mit entsprechender werblicher Gegenleistung“, so die TA zu „News“.

Laut Rauch hat dies nichts mit der ÖVP zu tun - es sei eine Entscheidung der TA, ob sie Veranstaltungen unterstütze. Schüssel will mit rechtlichen Schritten gegen „News“ vorgehen. „Herr Dr. Wolfgang Schüssel wird gegen den Versuch von ‚News‘, seine Tochter mit einer vermeintlichen Aufdeckergeschichte in die Telekom-Affäre hineinzuziehen, rechtliche Schritte ergreifen“, ließ er in einem Schreiben seines Anwalts Werner Suppan wissen.

Einladung zu Skiurlaub

Der frühere ÖVP-Abgeordnete Wendelin Ettmayer - damals bereits in Pension - war von der TA mit Begleitung zum Hahnenkamm-Rennen von 23. bis 25. Jänner 2009 nach Kitzbühel eingeladen worden, er reiste aber laut „News“ schon am 18. Jänner an. Laut TA habe es sich um eine ganz normale Einladung gehandelt.

Auch die Zahlungen der TA an den Fußballverein SV-Flexopack Sierning (25.000 Euro) und für die ÖVP-Arbeitnehmerorganisation ÖAAB (15.000 Euro) sind in einer Mail von Michael Fischer an Gernot Schieszler erwähnt. Ex-Vizekanzler und Ex-ÖVP-Chef Wilhelm Molterer hatte dem Fußballclub seiner oberösterreichischen Heimatgemeinde, dem SV Sierning, einen Sponsorvertrag mit der TA vermittelt, wie ein ehemaliger Mitarbeiter Molterers der APA im August 2011 bestätigt hatte. Der ÖAAB hatte damals betont, für das Geld der TA habe es werbliche Gegenwerte gegeben.

Wunschzettel allerorten

Auch zum Mailverkehr über Christgewerkschafter und TA-Betriebsrat Franz Kusin gibt es neue Details. So habe Kusin auf eine Beförderung gedrängt. Für die FCG-Zeitung seien 3.000 Euro geflossen, dafür erscheine eine „Lobhudelei“ über die TA in der Zeitung, zitiert „News“ aus den Mails. Dazu sagt Gottfried Zehetleitner, FCG-Fraktionsführer in der Telekom, gegenüber der APA, dass Kusin 2010 alle Funktionen zurückgelegt habe.

Nächster Vorwurf: Eine Kooperation mit dem „Forum Land“ über 150.000 Euro sei über Fritz Kaltenegger, im Jahr 2007 bei „Forum Land“ und von 2008 bis 2011 ÖVP-Generalsekretär, verhandelt worden. Und die ÖVP Linz sei mit einem Zettel mit Infrastrukturwünschen bis zum Flachbildschirm an den TA-Manager Michael Jungwirth herangetreten. Laut TA wurde bis auf einen verliehenen Fernseher alles „normal“ fakturiert.

FPÖ: Sittenbild

Walter Rosenkranz, FPÖ-Fraktionsführer im Korruptions-U-Ausschuss, kritisierte die ÖVP scharf: „Das Sittenbild der Telekom vervollständigt sich immer mehr und bestätigt unsere Erwartung, dass neben dem BZÖ auch die heutigen Regierungsparteien ÖVP und SPÖ im Zentrum der Gunst des staatsnahen Unternehmens standen. (...) Die ÖVP steckt mitten im Telekomsumpf“, der längst nicht trockengelegt sei, denn: „Ganz offensichtlich kooperiert auch das heutige Management nicht voll mit den Ermittlungsbehörden, nachdem weder Staatsanwaltschaft noch wir im U-Ausschuss in Besitz dieser Unterlagen sind.“

Links: