„Situation bei weitem nicht so negativ“
Geht es nach dem Vatikan, ist Erzbischof Carlo Maria Vigano seit seiner Beförderung zum Apostolischen Nuntius in den USA einer der höchsten diplomatischen Vertreter des Kirchenstaates. Laut einem TV-Bericht erfolgte Viganos Wechsel nach Washington allerdings alles andere als freiwillig. Der einstige Generalsekretär des Vatikan-Verwaltung habe sich vielmehr zu eifrig als Korruptionsjäger betätigt.
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Untermauert wurde der Vorwurf Ende Jänner in der Sendung „Gli intoccabili“ („Die Unberührbaren“) des italienischen Privatsenders La7 durch Briefe, die Vigano an Vorgesetzte, darunter auch Papst Benedikt XVI., geschrieben haben soll. Darin würden sich nicht nur eindeutige Hinweise auf umfangreiche Korruption, Vetternwirtschaft und Verschwendungssucht finden. Auch die Berufung Viganos nach Washington würde sich demnach als Intrige herausstellen.
Konkret soll der seit 2009 in der Verwaltung des Vatikans für Gärten, Gebäude, Straßen und Museen zuständige Vigano zu drastische Schritte bei der Sanierung der Finanzen des „Governatorats“ unternommen haben. Verschärft vorgehen wollte Vigano den Angaben zufolge nicht nur gegen Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe für Aufträge. Die Rede ist auch von „einigen großen Bankern“, denen die eigenen Interessen wichtiger gewesen seien als jene des Vatikans.
Radikaler Sanierungskurs
In Anlehnung an den mittlerweile als Politiker tätigen Staatsanwalt Antonio di Pietro, der als Aufdecker des großen Korruptionsskandal der 90er Jahre in Italien - Stichwort: „Mani pulite“ - gilt, genoss laut einem von La7 interviewten Banker auch Vigano im Vatikan den Ruf eines kompromisslosen Korruptionsjägers. Mit Blick auf seine Versetzung habe Vigano dann auch den Papst vor einer „Entmutigung“ all jener gewarnt, die an die Aufklärung von Korruption und Machtmissbrauch im Vatikan glaubten.
Fragwürdig ist die Versetzung laut La7 zudem mit Blick auf Viganos Sanierungserfolge. Demnach habe Vigano das bei seinem Amtsantritt übernommene Acht-Millionen-Euro-Loch in den Vatikan-Finanzen bis zu seiner Versetzung in einen Überschuss von 34 Mio. verwandelt.
Vatikan-Sprecher relativiert
Vom Vatikan selbst wurde der Vorwurf, dass hinter der Versetzung Viganos eine Verschleierungskampagne stehen könnte, strikt dementiert. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi verwies auf die wichtige Bedeutung des Botschafterpostens in Washington in der Diplomatie für den Kirchenstaat. Die Versetzung sei ein Beweis für die Wertschätzung und das Vertrauen des Papstes.
Auch die „Situation im Governatorat ist bei weitem nicht so negativ“, wie es nun dargestellt werde, so Lombardi laut einem Bericht der italienischen TV-Anstalt RAI. Die tägliche und ernsthafte Arbeit an immer größerer Transparenz in den Einrichtungen des Vatikans sei ungeachtet der erhobenen Vorwürfe für jeden offensichtlich, so Lombardi weiter.
„Unsere Pflicht getan“
Den „Gli intoccabili“-Machern warf der Vatikan „fragwürdige journalistische Methoden“ vor. Nach Auskunft Lombardis erwägt das Vatikanische Staatssekretariat nun auch rechtliche Schritte. Gianlugi Nuzzi, der Sendungsverantwortliche, verteidigte die Vorgangsweise unterdessen. Demnach habe man nach Erhalt der Briefe und der Prüfung von deren Authentizität mit der Veröffentlichung des Materials nur „unsere Pflicht getan“.
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