Hilfe für Bauern und Handwerker
Zwar hat es schon im Mittelalter Verbindungen gegeben, die für ein gemeinsames Ziel wie etwa die gemeinschaftliche Nutzung von Weidefläche gegründet wurden. Doch die genossenschaftlichen Ideen, wie sie bis heute bekannt sind, setzten sich erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts durch.
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In Großbritannien wurde die Idee, Lebensmittel für eine bestimmte Gruppe in größeren Mengen zu kaufen, und damit die erste Konsumgenossenschaft, bereits Mitte des 18. Jahrhunderts umgesetzt - von einer Baumwollspinnerei. 1844 wurde die erste Einkaufsgenossenschaft von Textilarbeitern gegründet - mit dem Ziel, zu niedrigeren Preisen einkaufen zu können.
Erster Konsumverein in Teesdorf
Dänemark und Schweden gelten als Ausgangspunkt für landwirtschaftliche Genossenschaften. In Deutschland gelten Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch als entscheidend. Raiffeisen gründete bereits 1862 den ersten Darlehenskassenverein, um der ländlichen Bevölkerung zu helfen. Auf Schulze-Delitzsch, der die Handwerker unterstützte, gehen die erste Rohstoffzusammenschlüsse für Tischler und Schuhmacher und der erste Vorschuss- und Kreditverein, die Vorläufer der heutigen Volksbanken, zurück.
Von Deutschland kamen bald die ersten genossenschaftlich organisierten Verbindungen nach Österreich. Die erste Volksbank entstand 1851. Fünf Jahre später wurde ein Konsumverein im niederösterreichischen Teesdorf gegründet. Die erste Raiffeisenkasse folgte 1886 in Mühldorf bei Spitz in Niederösterreich.

ORF.at/Günther Rosenberger
Lagerhäuser gibt es in Österreich seit 1898
Ausbreitung der „Sonntagskassen“
Knapp 100 Bauern, Handwerker und Gewerbetreibende bezahlten ihren Geschäftsanteil ein. An den Sonntagen, nach dem Kirchgang, waren die Kassastunden. „Das genossenschaftliche Prinzip war damals sehr erfolgreich - vor allem bei Schichten, die vom Kapitalmarkt ausgeschlossen waren. Das war eine Überlebensfrage“, betonte Genossenschaftsexperte Johann Brazda von der Universität Wien. Die Gründung von Raiffeisendarlehenskassen sei auch von staatlicher Seite unterstützt worden. 1898 wurde bereits die erste Lagerhaus-Genossenschaft als Getreidelager gegründet.
Die „Sonntagskassen“ entstanden österreichweit. Diese starke Präsenz war für die Raiffeisenbanken später ein Wettbewerbsvorteil, ist Brazda überzeugt. Daraus konnten „problemlos normale Banken“ mit längeren Öffnungszeiten gemacht werden.
International organisiert
Die Genossenschaftsbewegung hat sich früh international vernetzt. Schon 1895 wurde der Internationale Genossenschaftsbund gegründet. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg wurde ein gemeinsamer Prinzipienkatalog erstellt, erklärt Brazda. Das geschah nicht zuletzt, um sich von den Entwicklungen in der Sowjetunion abzugrenzen, wo Genossenschaften dazu verwendet wurden, Enteignungen durchzuführen und Kleinbetriebe in die zentrale Verwaltung zu integrieren.
Heute ist weltweit knapp eine Milliarde Menschen Mitglied einer Genossenschaft - rund dreimal so viel wie Aktieninhaber. Laut dem aktuellen Bericht der Organisation Co-operatives UK „Global Business Ownership 2012“ halten rund 328 Mio. Menschen weltweit Aktien. Unter den Genossenschaftsmitgliedern leben allein in der EU 100 Millionen. Einen noch entscheidenderen Anteil an der Volkswirtschaft haben Genossenschaften in Asien. Nicht zuletzt deshalb kam die Anregung, 2012 zum Jahr der Genossenschaften zu erklären, aus der Mongolei.
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