Miss Piggy und die „Vogue“
Man hätte sich vom neuen Muppets-Film Erwachsenenunterhaltung der anarchistischen Sorte erwarten können - denkt man an Regisseur James Bobin, der zuvor maßgeblich für die „Ali G“-Show und „Bruno“ verantwortlich zeichnete. Geworden ist es hingegen ein Nostalgiemärchen, wenn auch mit einem Augenzwinkern.
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Disney hatte die jahrzehntelang glücklosen Muppets vor einigen Jahren gekauft, mit einem Filmstart aber zugewartet. Während der 70er Jahre war die TV-Serie von Jim Henson Kult, nach einem ersten erfolgreichen Kinofilm folgten aber zahlreiche Totalflops. Nun scheint der Abstand zu diesen Reinfällen groß genug zu sein. Die Frage, die sich jedoch stellt: Kann man ein Konzept wie das der Muppets in die heutige Zeit übersetzen - und wer soll dafür die Zielgruppe sein?
Genau diese Fragen werden zum zentralen Element der Handlung, die Bobin übrigens gemeinsam mit dem menschlichen Hauptdarsteller des Films, Jason Segel, erdacht hat. Längst haben sich die Muppets aufgelöst. Niemand interessiert sich für sie, außer Tex Richman, der ihr Studio kaufen will, weil es darunter Ölvorkommen gibt - und Walter, einer Muppet-artigen Handpuppe, die großer Kermit-Fan ist und die Truppe wieder für eine große Spendenshow zusammentrommeln will, um die heiligen Hallen zu retten.
Jack Black mit von der Partie
Zur Seite stehen dem schüchternen Walter sein treuer (menschlicher) Bruder Gary (Jason Segel) und dessen langjährige Freundin Mary. Es ist nicht leicht, alle zum Mitmachen zu überreden, besonders die von Kermit enttäuschte Miss Piggy - sie ist inzwischen Übergrößenredakteurin der Pariser „Vogue“ -, aber schließlich sind sie wieder vereint. Bloß: Was sind die Muppets ohne menschliche Promis? Keiner aus ihrer alten Adressdatei will mit an Bord - nicht einmal David Hasselhoff.
Aber schließlich gilt es zu signalisieren, dass das neue Muppet-Zeitalter begonnen hat, und so ist Jack Black in einer größeren Rolle zu sehen, Leslie Feist (die auch schon in der „Sesamstraße“ mit den Muppets auftrat) und Emily Blunt tauchen ebenso auf wie Selena Gomez. Auch die alte Garde darf nicht fehlen - allen voran Whoopie Goldberg und Bill Cosby.
Viele alte Bekannte
Nostalgie ist ausdrücklich erwünscht - alle wichtigen Elemente der alten „Muppet Show“ sind wieder da: Der Song „Mah Na Mah Na“, die Hühner des Swedish Chef, die schwierige Beziehung zwischen Miss Piggy und Kermit, verhaute Einlagen des Stuntmans Gonzo sowie selbstverständlich ätzende Kommentare der zwei Alten, Statler und Waldorf.
Hinzu kommen nette neue Ideen: Reisen finden in Form von Linienstrichen über die Landkarte statt, die überzeichneten gutmütigen Gary und Mary aus Smalltown, der böse, reiche Texaner Tex Richman und „Smells Like Teen Spirit“ gesungen vom Barbershop-Quartett. Immer wieder kommentieren die Figuren den Film auf Metaebene („Dass wir das Budget für so eine Explosion hatten“).
Die Alten sollen granteln
Es wird Disney-mäßig dick aufgetragen. Die heile alte Showbiz-Welt kämpft gegen böse Reality-Serien, die im TV Kinder verblöden lassen. Harmlose Handpuppen und harmlose Witze - Segel und Bobin konstruieren daraus eine Kampfansage gegen seelenlosen Kommerz. Die heile Welt wird hier aber mit einem Augenzwinkern überzeichnet: Die Musicaleinlagen sind so bunt und schrill und werden mit so viel Inbrunst aufgetragen, dass jedem auffallen sollte, dass hier nicht alles ganz ernst gemeint ist.
Man könnte freilich fragen, wozu dieser doppelte Boden notwendig ist. Rufen die beiden zum Kulturkampf auf, dann braucht es die Selbstironie nicht. So aber machen sie es allen Recht - jenen, die sich über die schrulligen Figuren lustig machen wollen und jenen, die das Zeitalter der Muppets gerne wieder aufleben lassen würden. Aber egal, auf welcher Seite man steht: Der Film ist Familienunterhaltung im besten Sinne, da können die beiden Alten so viel granteln, wie sie wollen.
Simon Hadler, ORF.at
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