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Opposition skeptisch

Der Unmut in der russischen Bevölkerung und die beispiellosen Antiregierungsproteste haben den russischen Staatschef Dimitri Medwedew nun zu ersten Zugeständnissen veranlasst. Noch am Donnerstag hatte er in einer Rede vor dem Parlament politische Reformen angekündigt. Am Freitag brachte er bereits ein erstes Gesetz zur Belebung des politischen Wettbewerbs in die Duma ein.

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Demnach sollen Parteien, die in der Duma vertreten sind, für die Teilnahme an Wahlen künftig keine Unterschriften von Unterstützern mehr sammeln müssen. Außerparlamentarische Parteien sollen für einen Kandidaten 100.000 Unterschriften einreichen.

Auch für Bewerber bei Präsidentenwahlen sollen einen leichteren Zugang bekommen. So sollen nun für die Teilnahme an der Präsidentenwahl 300.000 Unterschriften ausreichen - statt der bisher geforderten zwei Millionen.

Medwedew gibt sich verständnisvoll

Vor dem Parlament legte Medwedew bereits am Donnerstag erste Details zu Reformen dar. Es sollte die Gründung von Parteien erleichtert werden. Dafür sollen nun mindestens 500 Menschen aus mehr als der Hälfte der russischen Regionen zustimmen. Die vom derzeitigen Ministerpräsidenten Wladimir Putin abgeschaffte Direktwahl der Gouverneure will Medwedew wieder einführen.

„Ich höre diejenigen, die für politische Reformen plädieren, und ich verstehe sie“, zeigte der Staatschef Verständnis vor der Duma. Als Beweis dafür kündigte er auch an, dass ein landesweiter Fernsehsender geschaffen werden solle, der inhaltlich weder von der Regierung noch von seinem Privateigentümer abhänge. Nach Medwedews Angaben, sind diese Pläne mit dem Ministerpräsidenten Wladimir Putin abgesprochen. Einen Zeitpunkt der Umsetzung nannte er aber nicht.

„Keine Antwort auf zentrale Fragen“

Die Opposition ist gespalten, wie sie zu den Reformschritten Medwedews steht. Der liberale Politiker Boris Nemzow fordert die angekündigten Reformen bis Ende Jänner und damit eine Umsetzung vor der Präsidentschaftswahl ein. Für den Oppositionspolitiker Sergej Mitrochin von der liberalen Partei Jabloko hingegen gäben die genannten Vorschläge „keine Antwort auf die zentrale Frage“, ob die Wahlen gefälscht worden seien.

Die Politologen Nikolaj Petrow und Juri Korguniuk sagten, die Ankündigungen dienten nur dazu, Medwedew und Putin die Macht zu sichern.

Vertraute Putins befördert

Während Medwedew Reformen verspricht, wird Personalpolitik im Sinne Putins betrieben. Der bisherige Regierungschef Sergej Iwanow etwa, ein Vertrauter Putins, wurde vom Kreml zum neuen Verwaltungschef ernannt. Iwanow hatte wie Putin Karriere beim sowjetischen Geheimdienst KGB gemacht. Der bisherige Spitzenbeamte Sergej Narischkin, auch ein ehemaliger KGB-Agent, war schon am Mittwoch zum Parlamentsvorsitzenden gewählt worden.

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