Gratwanderung bei Nutzerfreundlichkeit
Ende September hat Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf der Entwicklerkonferenz f8 in San Francisco eine Reihe von Änderungen für das Soziale Netzwerk vorgestellt. Ein neues Layout und neue Anwendungen sollen die Bindung der Nutzer an Facebook intensivieren. Nicht alle Nutzer sind begeistert.
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Die augenscheinlichste Änderung: die neue, magazinartige Ansicht des Nutzerprofils. Die sogenannte Zeittafel („Timeline“) solle wichtige und auch länger zurückliegende Ereignisse im Leben eines Nutzers besser präsentieren, so Zuckerberg bei der f8-Eröffnungsrede. Statt sich wie bisher vor allem auf aktuelle Ereignisse zu konzentrieren, soll mit der „Zeittafel“ nun das gesamte Leben eines Facebook-Nutzers gezeigt werden.

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Zuckerberg präsentiert das neue Layout
Titelbild und Echtzeitinfos
Das beginnt mit einem großem Titelbild am Anfang der Seite und geht über besondere Lebensabschnitte und -ereignisse im Meldungsbereich bis zu Anwendungen, die den Freunden etwa in Echtzeit anzeigen, welche Musik der Nutzer gerade hört oder welches Buch er gelesen hat. Die Nutzer sollen dabei die Kontrolle darüber haben, welche ihrer Freunde welchen Teil von all diesen Informationen zu Gesicht bekommen.
Neue Anwendungen auf Basis von Facebooks Open Graph sollen die Nutzer zusätzlich länger bei Facebook halten. Nach Spielen wie Farmville sollen sie nun in Echtzeit Musik, Filme und TV-Shows miteinander teilen. Zuckerberg demonstrierte etwa, wie Nutzer gemeinsam Musik hören können. Auch Nachrichten und Zeitungen sollen in Zukunft stärker direkt in Facebook eingebunden und von dort aufgerufen werden können. Erste Kooperationen gibt es mit Yahoo, der „Washington Post“ und „The Daily“.

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Facebook-Chef Mark Zuckerberg vor der „Timeline“ von Facebook
Neue Impulse durch Google+
Die gezeigten Neuerungen bedeuten nicht nur eine große Änderung für Facebook, sondern vor allem für die Nutzer. Und nicht alle sind darüber so glücklich wie Zuckerberg bei der Präsentation. Lange Zeit galt Facebook als wahrer Fels in der Brandung der Sozialen Netzwerke und das nicht nur, weil der unangefochtene Marktführer mittlerweile 800 Millionen Nutzer hat. Immer wieder werfen Nutzer Facebook vor, zu wenig auf ihre Bedürfnisse zu achten und sie zu ignorieren.
Auch in Sachen Datenschutz steht Facebook seit langem in der Kritik, vor allem in Europa. Google, selbst als datenhungrig verschrien, sagte bei der Vorstellung seines Sozialen Netzwerks Google+ Ende Juni nicht ganz zufällig, dass das Netzwerk seinen Nutzern mehr Optionen beim Schutz der persönlichen Daten und Inhalte geben wolle. Mittlerweile hat Facebook eigene Datenschutzbeauftragte, und das ist nicht die einzige Änderung seit dem Start von Google+.
Änderungen im Wochentakt
Neue Freundeslisten, der kürzlich erfolgte Umbau des Newsstreams mit den Statusupdates und Neuigkeiten, der neue Newsticker und die Möglichkeit, über Abos auch Menschen zu folgen, mit denen man nicht befreundet ist - mit all dem mussten sich die Nutzer in letzter Zeit mehr oder weniger herumschlagen. Wie immer bei Neuerungen auf Facebook gab und gibt es zahlreiche Nutzer, die dagegen protestieren - so auch bei der jetzigen Vorstellung des neuen Layouts, an dem Facebook laut Zuckerberg ein ganzes Jahr gearbeitet hat.
Ständige Umgewöhnung
Auch wenn man all diese Änderungen gut findet, ist der Unmut vieler Nutzer verständlich, bringt er, abgesehen vom Umgewöhnen an die neuen Funktionen, doch eine Menge Arbeit mit sich. Mit den zusätzlichen Optionen etwa beim Datenschutz kann das Profil eines Nutzers zwar feiner justiert werden, allerdings muss man sich durch all die Optionen erst einmal durchklicken.
Wer viele Freunde hat, wird auch eine Weile brauchen, bis er sich durch alle durchgeklickt hat, um ihre Meldungen für seinen persönlichen Newsstream zu kategorisieren. Facebook scheint gezielt darauf hinzuarbeiten, dass man sich hauptsächlich mit Facebook beschäftigt.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Die Taktik kann auch nach hinten losgehen. Immer mehr Nutzer sind von den scheinbar endlosen Änderungen genervt und überlegen zum Konkurrenten Google+ zu wechseln. Google+ ist seit kurzem frei zugänglich und konnte in den ersten Monaten im Testbetrieb bereits stark an Nutzerzahlen zulegen.
Derzeit sind zahlreiche Nutzer sowohl auf Facebook als auch auf Google+ vertreten, immer mehr User überlegen aber, sich nur auf ein Netzwerk zu konzentrieren. Immer öfter fällt dabei der Name Google+. Damit steigt der Druck auf Facebook, seinen Nutzern mehr zuzuhören und auf ihre Wünsche zu reagieren. Google schläft allerdings auch nicht und bessert sein Angebot ebenfalls laufend nach. Der aktuelle Wettlauf um die Gunst der Nutzer wird damit wohl noch einige Änderungen mit sich bringen.
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