Alarm bei Routinekontrolle
Seit Jahren verdächtigt der Westen den Iran, an einer Atombombe zu bauen. Die iranische Regierung dementiert das stets. Ein Fund mit radioaktivem Material auf dem Moskauer Flughafen, das für den Iran bestimmt war, trägt nicht dazu bei, Zweifel im Westen zu zerstreuen.
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Erst vor kurzem sprach die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in einem Bericht von „glaubwürdigen Hinweisen“ auf eine militärische Dimension des iranischen Atomprogramms. Die iranische Regierung betont immer wieder, sie wolle die Kernkraft nur für zivile Zwecke nützen.
Radioaktivität 20-fach erhöht
Rätselhaft bleibt aber der Fund von radioaktivem Material auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo, das für den Iran bestimmt war. Bei einer Routinekontrolle schlug das Kontrollsystem Alarm. Es wurde eine um das 20-Fache erhöhte Radioaktivität gemessen, gaben die Behörden am Freitag bekannt. Zöllner fanden im Koffer eines iranischen Staatsbürgers 18 Metallzylinder mit strahlendem Material.
Ermittlungen wurden bereits eingeleitet, das Material an die Staatsanwaltschaft übergeben. Offen blieb aber, wann der Fund gemacht wurde und wer hinter dem Passagier steckt, dem der verdächtige Koffer gehört. Der Mann wollte von Moskau nach Teheran fliegen. Keine eindeutigen Angaben gibt es dazu, ob der Passagier verhaftet wurde. Der Iraner sei nicht festgenommen worden, sagte die Sprecherin des Flughafens, Ksenija Grebenkina, gegenüber der Agentur AP. Er sei an Bord des Flugzeugs Richtung Teheran gegangen und habe Russland verlassen. Später hieß es aber vonseiten der Behörden, dass der Besitzer des Koffers festgenommen worden sei.
Iranische Botschaft: Keine Kenntnisse
Die iranische Botschaft in Moskau hat nach eigenen Angaben keine Kenntnisse über den aktuellen Fund von radioaktivem Natrium-22. Allerdings habe es im vergangenen Monat ein Missverständnis mit dem russischen Zoll gegeben, sagte ein namentlich nicht genannter Diplomat der iranischen Agentur ISNA am Freitag. Dabei habe ein iranischer Student zahntechnisches Material mit sich geführt, sagte er ohne nähere Angaben.
Der Diplomat warf den „westlichen Medien“ vor, mit ihren „falschen Berichten“ die Beziehungen zwischen Russland und dem Iran belasten zu wollen. Über den Fund hatten aber auch russische Agenturen ausführlich berichtet.
Nicht tauglich für Atomwaffenbau
Ob das gefundene radioaktive Material im umstrittenen Atomprogramm des Iran eine Rolle spielt, ist noch unklar. Laut Experten ist das Material nicht für den Bau von Atomwaffen tauglich. Grebenkina betonte, dass das beschlagnahmte Material nicht hochradioaktiv sei.
Das gefundende Isotop Natrium-22 wird in der Medizin genutzt und kommt laut Experten auch bei der Kalibrierung von Nukleardetektoren zum Einsatz. Nach Angaben der Behörden falle das Material beim Betrieb von Atomreaktoren ab. In der Natur ist es so nicht zu finden. Das Isotop entsteht durch die Bestrahlung des Isotops Neon-22 mit Protonen in einem Beschleuniger. Solche Anlagen gibt es an mehreren russischen Universitäten und Forschungszentren und in Anlagen des Staatskonzerns Rosatom.
Von Rosatom wurde aber dementiert, dass das Material aus dem Unternehmen stamme. Das sei sehr unwahrscheinlich, sagte Rosatom-Sprecher Sergej Nowikow. Zudem gab er an, dass diese Isotope in Zyklotronen, eine Art Teilchenbeschleuniger, entstanden sein müssen, sagte er gegenüber AP. In Russland gebe es viele Zyklotrone für medizinische und wissenschaftliche Einrichtungen. Die Sicherheitsmaßnahmen seien dort nicht ganz so streng wie in Atomkraftwerken.
Russland unterstützte AKW-Bau
Zwischen Russland und dem Iran besteht ein Abkommen über die Lieferung der Isotope Molybdän-99 und Jod-131 zu medizinischen Zwecken. Mit der Rosatom-Tochter Atomstroiexport war Russland auch an der Fertigstellung des ersten iranischen Atomkraftwerks in Buschehr beteiligt. Es hatte sich auch bereiterklärt, beim Bau weiterer Anlagen zu helfen.
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