Warten auf den „großen Wurf“
Die Zeit drängt, der Druck wächst: Erbarmungslos treiben die Märkte die Politik vor sich her. Mehr denn je wird auf den „großen Wurf“ der Politik gewartet: Er soll das Vertrauen wiederherstellen und klarstellen, dass die Euro-Länder die überbordenden Schuldenprobleme in den Griff bekommen können. Wichtige Weichenstellungen werden für diese Woche erwartet.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Am Dienstag mischen sich die USA wieder ein: US-Finanzminister Timothy Geithner trifft in Frankfurt am Main auf EZB-Präsident Mario Draghi und den deutschen Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann. Am Nachmittag steht anschließend in Berlin ein Gespräch mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf dem Programm. Im kriselnden Belgien steht die Vereidigung des neuen Kabinetts von Ministerpräsident Elio di Rupo an.
Rettungsfonds der Notenbanken?
Geithner kommt am Mittwoch in Paris mit Sarkozy und Finanzminister Francois Baroin zusammen. Danach reise der US-Finanzminister nach Marseille zu Beratungen mit dem designierten spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy.
Mit im Gepäck hat Geithner laut der deutschen Zeitung „Die Welt“ (Montag-Ausgabe) einen Plan: Die US-Notenbank Federal Reserve ist demnach bereit, zusammen mit den 17 Zentralbanken der Euro-Zone dem Internationalen Währungsfonds (IWF) Geld für krisengeschüttelte Euro-Länder zur Verfügung zu stellen. Die Zentralbanken der Euro-Zone sollten dem „Welt“-Bericht zufolge einen dreistelligen Milliardenbetrag in einen Spezialfonds einzahlen, aus dem dann Programme für Krisenländer finanziert würden. Auch die Fed erwäge, einen Teil der Kosten zu finanzieren.
Spannung vor EZB-Sitzung
Mit Spannung wird am Donnerstag auf die Sitzung des EZB-Rates in Frankfurt geblickt. Es wird erwartet, dass sich die Zentralbank für langfristige Refinanzierungsangebote an Banken entscheidet, um die Branche in der Krise über Wasser zu halten und einer Kreditklemme zuvorzukommen. Von Reuters befragte Volkswirte rechnen zudem zu 60 Prozent mit einer weiteren Zinssenkung auf 1,0 Prozent. 40 Prozent gehen davon aus, dass die EZB binnen sechs Monaten ihren bisherigen Widerstand aufgibt und verstärkt Anleihen angeschlagener Euro-Staaten aufkauft.
Großer EU-Gipfel mit Durchbruchspflicht
Am Donnerstagabend startet schließlich der EU-Gipfel mit einem Abendessen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Dieses Treffen soll nun bis Freitag bewirken, was bisher nicht gelang: ein durchgreifendes Paket gegen die Schuldenkrise zu schnüren. Im Mittelpunkt stehen strengere Regeln für eine engere finanzpolitische Kooperation. Zur Debatte stehen Vertragsänderungen, die von allen 27 Mitgliedsstaaten ratifiziert werden müssen, und ein Alleingang der 17 Euro-Partner.
Die Erwartungen an den Gipfel sind hoch. Aus Sicht der Finanzmärkte muss der Politik endlich ein Durchbruch in der Schuldenkrise gelingen, ansonsten sei mit einer Zuspitzung der Krise zur Jahreswende und weltweit mit weiteren dramatischen Kursverlusten zu rechnen.
Übrigens: Angesichts der laufenden Debatten kaum bemerkt, geht es im schuldengeplagten Irland mit kleinen Schritten voran. Der neue Premierminister Enda Kenny will diese Woche seinen Haushalt 2012 ins Parlament bringen.
Links: