Die alte Halle als „zweite Wahl“
Wie viele Millionen Menschen die alte Halle des Wiener Westbahnhofes seit ihrer Eröffnung im Jahr 1951 durchquert haben, ist nicht bekannt. Während der letzten vier Jahre hielten sich dort jedenfalls vornehmlich Bauarbeiter und Architekten auf. Nun wird das Architekturjuwel mit Geschichte runderneuert wiedereröffnet.
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Der 100 Meter lange, 40 Meter breite und zwölf Meter hohe Bau aus den 1950er Jahren blieb erhalten. Nur spätere Einbauten - etwa der Glaskubus aus den 1990er Jahren - sind verschwunden. Immerhin war der Wiener Westbahnhof einer der wichtigsten offiziellen Bauten der österreichischen Nachkriegszeit. Jahrzehntelang war er für viele Österreicher der Inbegriff von Urbanität. Der Westbahnhof war das Erste, was man bei der Ankunft in Wien sah und das Letzte, wenn man wieder zurück in die Bundesländer fuhr.
Die charakteristische kastenartige Decke, die dicken Säulen und nicht zuletzt die hohen Fenster zu beiden Seiten prägten sich ein wie sonst nur noch der Donauturm, die Wiener Stadthalle und die UNO-City.
Entwürfe überzeugten nicht
Dabei ging die Beauftragung der Architekten Robert Hartinger, Sepp Wöhnhart und Xaver Schlarbaum Ende der 40er Jahre keineswegs glatt über die Bühne. Die ÖBB hatten zusammen mit dem Wiener Stadtbauamt und der Post- und Telegraphenverwaltung einen öffentlichen Wettbewerb ausgeschrieben.
55 Entwürfe wurden damals eingereicht, 13 kamen in die engere Wahl. In der Rathauskorrespondenz von 2. Juni 1949 heißt es, die Beurteilung der Entwürfe „erfolgte vom Standpunkt des Gesamteindruckes, des funktionellen Charakters, der städtebaulichen Lösung, der architektonischen Gestaltung und der Konstruktionen. Die Teilnehmer an diesem Wettbewerb hatten sich unter anderem auch mit der Verbindung zur Stadtbahn und zum Westbahnhofbunker zu beschäftigen.“
Aber offenbar überzeugte keiner der Entwürfe wirklich. Die Jury konnte sich auch nach wiederholten Überprüfungen nicht zur Verleihung des ersten Preises entschließen. Der zweite Preis von 12.000 Schilling ging schließlich an das Architektentrio, dessen Pläne umgesetzt wurden.
Immer wieder Um- und Zubauten
Der Kopfbahnhof mit zweigeschoßiger Empfangshalle und Glasfront in Richtung Gürtel wurde in den Jahren 1949 bis 1954 errichtet. In Betrieb genommen wurde der Bau bereits 1951. Immer wieder kam es zu Um- und Zubauten: So wurden nachträglich Rolltreppen errichtet, und in den 1990er Jahren setzte man im Zuge des Anschlusses an die U-Bahn-Linie U3 einen mehrgeschoßigen Stahl-Glas-Kubus mit Aufzügen und Stiegen diagonal in die Halle.
Der „neue“ Westbahnhof ersetzte den 1857 bis 1859 erbauten Kaiserin-Elisabeth-Bahnhof. Dieser war nicht nach Osten, also in Richtung Stadtzentrum, sondern parallel zu den Gleisen nach Süden ausgerichtet. Der alte Bahnhof wurde während des Zweiten Weltkriegs durch Bomben so schwer beschädigt, so dass er abgerissen werden musste. An die Historie des Gebäudes erinnert eine Kaiserin-Elisabeth-Statue aus dem 19. Jahrhundert, die seit 1985 wieder im Bahnhof aufgestellt ist.
Zum Regionalbahnhof degradiert
Von Anfang an war der Westbahnhof ein Fernverkehrsbahnhof. Durch den neuen Wiener Hauptbahnhof, der 2013 eröffnet werden soll, wird sich das ändern: Für den Westbahnhof ist nur noch die Rolle als bedeutender Regionalbahnhof vorgesehen. In ihm soll der aus St. Pölten und Linz kommende Pendlerverkehr der in Ausbau befindlichen Westbahnstrecke gebündelt werden. Gerechnet wird mit 43.000 Fahrgästen täglich (mit steigender Tendenz), davor waren es rund 60.000.
Simon Hadler, ORF.at
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