Nicht erdbebensicher
Die schwedischen Atomkraftwerke haben den nach der Katastrophe in Fukushima von der EU verordneten „Stresstest“ nicht bestanden. Nach Angaben der schwedischen Strahlensicherheitsbehörde SSM von Anfang November würden die derzeit in Betrieb stehenden schwedischen Reaktoren ein schweres Erdbeben mit Werten über sechs auf der Richterskala vermutlich nicht unbeschadet überstehen.
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Bis 2013 wollen die Verantwortlichen in Schweden die AKWs durch Umbauten und Änderung von Sicherheitsroutinen erdbebensicherer gemacht haben. Grund für die relative Empfindlichkeit der schwedischen AKW-Bauten ist, dass starke Erdbeben in Skandinavien als „unwahrscheinlich“ gelten.
„Nur für einzelne Unfälle gerüstet“
Der mit der Durchführung der EU-„Stresstests“ beauftragte Atomsicherheitsexperte Jan Hanberg sagte laut der schwedischen Nachrichtenagentur TT, die Tests hätten außerdem ergeben, dass die schwedischen AKW-Betreiber auch nicht in der Lage wären, gleichzeitig entstandene Schäden an mehreren Reaktoren zu bewältigen. Derzeit sind die Kraftwerke nur für einen Unfall in einzelnen Reaktoren gerüstet, sagte Hanberg. Im japanischen AKW-Standort Fukushima hingegen hatten sich infolge eines Tsunamis in mehreren Reaktoren vollständige oder teilweise Kernschmelzen ereignet.
Der Strahlenexperte zeigte sich optimistisch, dass die schwedischen AKWs innerhalb von zwei Jahren sicherer gemacht werden könnten. Um ähnliche Situationen wie in Fukushima bewältigen zu können, seien „keine großen Umbauten“ erforderlich. „Es geht mehr um die Änderung gewisser Abläufe“, so Hanberg.
Greenpeace: Große blinde Flecken
Die im Juni gestarteten „Stresstests“ für die europäischen Atomkraftwerke werden nach Einschätzung von Greenpeace nicht so gründlich ausgeführt wie angekündigt. Es gebe „große blinde Flecken“, erklärte die Umweltschutzorganisation Ende Oktober in Brüssel. Demnach werde das Risiko durch Abstürze großer Flugzeuge weitgehend ignoriert, darüber hinaus sei das gleichzeitige Versagen mehrere Meiler in einer Anlage kaum berücksichtigt. Das gehe aus einer Sichtung der vorläufigen Berichte hervor, die Betreiber und nationale Aufsichtsbehörden im August und September fertigstellen mussten.
Wo Greenpeace Risiko-AKWs sieht
Deutschland liege „in der besseren Mittelschicht“, was die Qualität der Tests und Berichte angehe, sagte der Greenpeace-Experte Jan Haverkamp. Es werde beispielsweise nicht berücksichtigt, wohin bei einem Unfall radioaktiv verseuchtes Kühlwasser fließe. Besonders negativ steche Tschechien heraus, von wo zu sechs Atomkraftwerken nur insgesamt sieben Seiten Bericht vorlägen.
In Tschechien wie Großbritannien, Spanien, Ungarn und der Slowakei werde das Risiko ignoriert, dass bestimmte Reaktoren nur eine einzige Schutzhülle besäßen. Frankreich zähle dagegen zu den Ländern, in denen eine unabhängige Atomaufsicht vergleichsweise gründliche Tests gewährleiste.
Konsequenz auf Fukushima-Unglück
Die Tests waren im März von den Staats- und Regierungschefs der EU als Lehre aus der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima vereinbart worden. Entwickelt wurden sie von der EU-Kommission und der Gruppe der Europäischen Nuklear-Aufsichtsbehörden (ENSREG). Die Greenpeace-Analyse stützt sich auf vorläufige Prüfberichte und urteilt über die darin zutage tretende Qualität der Tests - nicht über die Sicherheit der Anlagen selbst. Der abschließende EU-Gesamtbericht soll im Juni 2012 veröffentlicht werden.
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