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Euro-Macher übernimmt Schuldenstaat

Eigentlich hätte der Nachfolger des zurückgetretenen griechischen Premiers Giorgos Papandreou bereits am Mittwoch präsentiert werden sollen. Doch bis zum Schluss rangen Konservative und Sozialisten um einen geeigneten Kandidaten. Nun hat sich doch der lange als Favorit gehandelte Ex-Vizepräsident der EZB, Lucas Papademos, durchgesetzt.

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Der 64-jährige Papademos wurde Donnerstagmittag von Staatpräsident Karolos Papoulias offiziell als neuer Chef der Übergangsregierung präsentiert. Die Regierung soll Freitagmittag angelobt werden. Mit dem Beschluss endete ein tagelanges Tauziehen um den Wunschkandidaten Papandreous. Denn der stille Wirtschaftsexperte stellte eine Reihe von Forderungen, die selbst Papandreou nicht erfüllen wollte.

Alle Parteien müssen Sparpaket zustimmen

So soll Papademos laut Kreisen gefordert haben, dass sowohl die Sozialisten (PASOK) als auch die konservative Nea Dimoktratia (ND) dem Sparpaket zustimmt. Er stellte die Bedingung, dass beide großen Parteien ein Dokument unterzeichnen, mit dem sie sich verpflichten, das Spar- und Hilfsprogramm für Griechenland einzuhalten und es in die Tat umzusetzen.

Amt für 15 Wochen

Die Übergangsregierung soll in den nächsten 15 Wochen bis zu Neuwahlen dafür sorgen, dass Griechenland die nächsten 130 Mrd. Euro aus dem Euro-Rettungspaket erhält.

Außerdem soll Papademos gefordert haben, auch über die Wahl am 19. Februar hinaus zu regieren, sagte ein Vertreter der Regierung der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Papademos forderte auch eine größere Beteiligung der ND an der neuen Regierung. Die ND wollte zunächst nur mit Experten an der Übergangsregierung teilnehmen. Wie viele Forderungen er letztlich tatsächlich durchsetzten konnte, wird sich wohl erst in den nächsten Tagen weisen.

Entscheidung fiel in der Nacht

Bereits am Montag hatte der Chef der ultrakonservativen Partei LAOS, Giorgos Karatzaferis, Gerüchte geschürt, wonach die Würfel für Papademos bereits gefallen seien: „Ich habe gehofft, heute sagen zu können: ‚Habemus Papademos‘ (Wir haben Papademos (als Regierungschef)).“ Letztlich dürfte sich Papandreou erst wenige Stunden vor dem Treffen mit dem Präsidenten einen Ruck gegeben und den Forderungen zugestimmt haben, auch weil sein Ersatzkandidat, Parlamentspräsident Filippos Petsalnikos, am Mittwoch von Karatzaferis vehement abgelehnt worden war.

Stiller Macher im Hintergrund

Papademos gilt als Experte, der gerne aus dem Hintergrund wirkt. Angebote, als Minister in die Politik zu wechseln, hatte er bisher immer abgelehnt, als Berater war er aber für den scheidenden Papandreou tätig. Der Elektrotechniker und Wirtschaftswissenschaftler war als Chef der Notenbank bis 2002 selbst maßgeblich daran beteiligt, Griechenland in die Euro-Zone zu führen. Als Nummer zwei der EZB nach dem bisherigen Präsidenten Jean-Claude Trichet galt er als Hüter der Stabilität.

Jean-Claude Trichet (ECB-Chef) mit seinem Vize Lucas Papademos

APA/EPA/Marius Becker

Papademos arbeitete viele Jahre im Schatten des ehemaligen EZB-Chefs Trichet

Leicht ist Papademos’ Aufgabe nicht. Denn schon bei den laufenden Verhandlungen in der vergangenen Woche zeigte sich, dass nicht alle Parteien hinter der Übergangsregierung stehen. So sagte Karatzaferis, seine Partei wolle nur unter drei Bedingungen an einer Übergangsregierung mitwirken: Die Löhne und Pensionen dürften nicht sinken, Griechenland dürfe seine Souveränität nicht verlieren, und die Privatisierungen müssten beendet werden.

Euro „Faktor für Stabilität“

„Griechenland steht am Scheideweg“, skizzierte Papademos dann auch unmittelbar nach seiner Bestellung die schwierige Aufgabe, die auf ihn wartet. Gleichzeitig stellte er sich voll hinter den Euro. Die Teilnahme an der Gemeinschaftswährung sei „eine Garantie der Geldwertstabilität und ein Faktor wirtschaftlicher Stabilität“ für Griechenland, sagte Papademos am Donnerstag vor Journalisten

Der Entscheidung für Papademos war eine Einigung - nicht zuletzt aufgrund des Drucks vonseiten der EU - auf eine historische Koalitionsregierung bis zu Neuwahlen im Februar vorausgegangen. Demnach sollte die bisherige Regierungspartei PASOK mit der ND regieren. Auch Finanzminister Evangelos Venizelos dürfte im Amt bleiben. Von Oppositionsführer Antonis Samaras (ND) war das zur Voraussetzung für eine Kooperation gemacht worden.

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